Altkanzler Helmut Kohl (CDU) bekannte, dass er nie begriffen habe, «was ein Herausgeber macht». Einer von ihnen wird jetzt 75 Jahre alt: Josef Joffe von der Hamburger Wochenzeitung «Die Zeit». Und der ist ein vielbeschäftigter Mann.
Josef Joffe wird 75. Foto: Markus Scholz
Josef Joffe wird 75. Foto: Markus Scholz - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Er ist Mitherausgeber der Wochenzeitung «Die Zeit», Buchautor und Moderator: Wenn Josef Joffe am 24.
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März in Hamburg bei der «Zeit»-Matinée wie geplant den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer aus Tübingen befragt, dürfte dieser streitbare Gast ganz nach seinem Geschmack sein.

Ihn treibe die Lust am intellektuellen Diskurs an, schrieb ein Medienjournalist über Joffe, der am 15. März seinen 75. Geburtstag feiert. «Gegenhalten ist immer eine gute intellektuelle Sitte. Man will doch schon aus reiner Eitelkeit, mit der wir Journalisten reichlich gesegnet sind, nicht mit den Wölfen heulen», wird der umtriebige und selbst streitbare Joffe zitiert.

Der Publizist, 1944 in Lodz geboren und in Berlin aufgewachsen, war schon als Schüler journalistisch aktiv. Vor seiner Medienkarriere schloss Joffe in den USA ein Studium der Wirtschaft, Politik und Philosophie ab und promovierte an der Harvard University. Renommierte US-Universitäten wurden im Wechsel mit Aufgaben bei «Der Zeit» in Hamburg sowie der «Süddeutschen Zeitung» (1995-2000) sein zweites Zuhause. Seit der Jahrtausendwende gehört Joffe zum Herausgeber-Gremium der Wochenzeitung - mit einer Zwischenetappe in der Chefredaktion.

Weil die Wochenzeitung in den 90er Jahren Auflage einbüsste, sollte Joffe mit Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann - beide von 2001 an vorübergehend Chefredakteure - die Zeitung auf Kurs bringen. Was mit wieder schwarzen Zahlen gelang. Heute hat die Wochenzeitung mit Giovanni di Lorenzo als Chefredakteur eine Auflage von gut 505.000 Exemplaren.

Joffe sei «reich an Bildung, urbanen Kenntnissen und funkelndem Witz» und brilliere als «Geschichts- und Geschichtenschreiber mit kämpferischer Toleranz», urteilte 1998 der Literaturkritiker Hellmut Karasek (1934-2015), als Joffe den Ludwig-Börne-Preis bekam. Auch der Theodor-Wolff-Preis und der Scopus Award der Hebräischen Universität Jerusalem für das Engagement Joffes für den transatlantischen Dialog zwischen Amerika und Deutschland schmücken seine Vita.

Weniger Erfolg hatte der Herausgeber 2017 vor Gericht: Kabarettisten der ZDF-Sendung «Die Anstalt» hatten Medienvertreter für deren Verbindungen zu bestimmten Organisationen kritisiert, die sich mit Sicherheitspolitik beschäftigen. Joffe sah sich durch eine - aus seiner Sicht - im Detail falsche Darstellung getroffen. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass Kabarettisten sich für den Inhalt ihrer Beiträge nicht bis ins kleinste Detail zu rechtfertigen hätten.

«Josef Joffes Kommentare und Bücher sind immer scharfzüngig, oft humorvoll, von Ironie unterfüttert und von einem gewissen Hang zum Sarkasmus geprägt», resümiert der Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung der Universität München, Prof. Werner Weidenfeld. Er hat Joffes jüngstes Buch «Der gute Deutsche. Die Karriere einer moralischen Supermacht.» (2018) in der «Süddeutschen Zeitung» rezensiert. «Die Komposition des Buches entspricht der eines Bildungsromans mit autobiografischen Zügen.»

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