Komponist Daniel Schnyder vereint Jimi Hendrix und Anton Bruckner

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Die Junge Deutsche Philharmonie führt ein neues Werk des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder auf.

Der Musiker und Komponist Daniel Schnyder
Der Musiker und Komponist Daniel Schnyder. (Archivbild) - Keystone

Die Junge Deutsche Philharmonie bringt ein Werk des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder zur Uraufführung. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagt der Komponist, warum seine Musik die gesamte Gesellschaft abbilden will.

George Gershwin, Aaron Copland oder Leonard Bernstein – sie alle sind US-amerikanische Meister, die sich darauf verstanden, die klassische Musik mit der populären zu verbinden. Unter anderem Werke von ihnen wird die Junge Deutsche Philharmonie zum Jahresbeginn aufführen.

Das Orchester, das sich aus Studierenden deutschsprachiger Musikhochschulen zusammensetzt, spielt somit «American Classics» des 20. Jahrhunderts. Neben den publikumsnahen Klassikern steht ausserdem die Uraufführung eines Konzerts für Orchester des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder auf dem Programm.

Schnyder bringt neues Werk zur Uraufführung

Der 1961 in Zürich geborene Musiker und Komponist, der seit 1992 in seiner Wahlheimat New York lebt, ist bekannt für sein Schaffen in den unterschiedlichen musikalischen Genres Klassik und Jazz. Eine Kombination, die in der europäischen Musikwelt selten ist, im Unterschied zur amerikanischen.

Mit seinem genreübergreifenden Musikverständnis ist Schnyder schon lange international erfolgreich. Er schrieb Stücke für namhafte Orchester weltweit. Das Album «Absolution» mit Schnyders Bassposaunenkonzert erhielt 2002 eine Grammy-Nominierung.

Schnyder ist bei den Proben seines Concerto for Orchestra für die Junge Deutsche Philharmonie dabei. Vor noch 60 Jahren sei seine Komposition unspielbar gewesen, sagte er. Das sei einerseits der virtuosen Stimmen exotischer Instrumente wie die Marimba oder Bassposaune geschuldet.

Hommage an die amerikanische Musiktradition

Andererseits hätte das Concerto aus stilistischen Gründen als unspielbar gegolten. Das Konzert für Orchester reflektiere stark die Musik der 1980er- und 90er-Jahre. «Für die junge Generation, die Generation der Jungen Deutschen Philharmonie, sind diese stilistischen Ausbrüche aus der Klassik nicht so schwierig. Für ein traditionelles Orchester hingegen, das ausschliesslich klassische Musik spielt, stellen sich viele rhythmische Fragen.»

Er habe das Werk denn auch absichtlich für «junge Virtuosen» geschrieben. Obwohl das Auftragswerk, das Schnyder bereits 2021 komponiert hat, für die Spielenden durchaus sehr anspruchsvoll sei, sei es für das Publikum keine anstrengende Musik.

Als «groovig und rhythmisch» beschrieb Schnyder sein Werk. Damit reiht es sich ein in ein Programm mit Gershwin oder Bernstein. Während in Europa in der Neuen Musik Rhythmik und Groove oft verpönt sind, «blieben sie in der amerikanischen Tradition immer präsent. In der Minimal Music von Glass und Reich sogar ganz ausgeprägt.»

Werk vereint amerikanische, europäische und afrikanische Einflüsse

Daniel Schnyder, der seine musikalische Heimat in Amerika gefunden hat, sagte: «Ich selber kenne kein Stück, das in die Richtung geht.» Etwa 30 Minuten dauert es und beginnt mit einem «Misterioso» – einem Klangnebel, der sich dann zunehmend auflöst. «In einem kontrastierenden Teil des ersten Satzes hat es einen Groove, der an Jimi Hendrix erinnern dürfte», sagte Schnyder.

Nach diesem «amerikanischen» ersten Satz folgt der zweite Satz in einer eher europäischen Tradition. «Das ist dann etwas für jene, die Komponisten wie Anton Bruckner mögen», so Schnyder. Der letzte Satz bringt afrikanische 6/8-Rhythmen und Klangfarben mit sich. Auch das scheint typisch für Schnyder, der auch mit afrikanischen und arabischen Musikschaffenden zusammenarbeitete.

Tournee zum 50. Jubiläum mit «Celebrations»

«Wenn die klassische Musik nicht die gesamte Gesellschaft abbilden kann, dann wird sie immer randständiger», sagte Schnyder. Und: «Wir müssen wieder die Gesamtheit der urbanen Realität unserer Zeit im Konzertsaal einfangen. Wenn uns das nicht gelingt, wird klassische Musik leider ein Zoo für Dinosaurier: Knochen und kein Fleisch mehr, ein Museum.»

Dies sei auch der Grund, wieso er für junge Musikerinnen und Musiker schreiben wollte. Und warum er rhythmisch eher global denkt.

Die Junge Deutsche Philharmonie, die diese Saison ihr 50-jähriges Bestehen feiert, startet ihre Tournee mit «Celebrations» am 9. Januar im Stadtcasino Basel. Mit von der Partie ist das spanische Kebyart Saxophon-Quartett, das William Bolcoms Concerto Grosso für Saxophon-Quartett und Orchester interpretiert. Es dirigiert die in der Schweiz lebende Dirigentin Delyana Lazarova.

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