Eines der grössten Taubenrennen der Welt startet in Südafrika. Das Preisgeld beträgt eine Million Dollar. Deutsche Züchter gehören regelmässig zu den Favoriten. Diesmal könnte es für sie knapp werden.
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Eines der grössten Taubenrennen der Welt startet in Südafrika. Auch aus Deutschland sind viele Tauben dabei. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Gurren, Geflatter und Getöse: Was Formel-1-Fans der Grosse Preis von Monaco, ist den Fans der «Rennpferde des kleinen Mannes» das Million-Dollar-Taubenrennen in Südafrika.
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An diesem Samstag (1. Februar) ist es wieder so weit.

Zum 24. Mal gehen Hunderte Brieftauben aus aller Welt an den Start. Aus Deutschland ist das Kontingent besonders stark. «Deutschland war wohl jedes Jahr das Land mit den höchsten Anmeldungen; diesmal wurden von dort 1196 Brieftauben verschifft», sagt Sprecherin Joane Holt. Sie gehören 205 deutschen Züchtern. Bei den Trainingsflügen schnitten sie bereits vielversprechend ab.

Vor der Erfindung von Telefon, Funk und Internet wurden die Tiere als Luftpostboten genutzt: Sie brachten Depeschen schnell und zuverlässig von weit entfernten Absendern. Heute sind sie nur noch Hobby - so wie für die Tauben-Fans aus aller Welt, die sich wieder ihr Stelldichein in Südafrika geben. Deutschland hat dort seit den ersten Rennen stets die Ergebnisse dominiert und in einem Jahr sogar acht der zehn Spitzenplätze belegt. Allerdings haben deutsche Züchter trotz weiterhin guter Plätze in den vergangenen Jahren etwas nachgelassen.

Holt meint, den Grund dafür zu kennen: «Ich denke, einen gewissen Einfluss hat die Verfügbarkeit der nach den Rennen versteigerten Spitzen-Tauben dieser Welt; denn nie zuvor war der Gen-Pool der weltbesten Tauben für Finanziers so frei verfügbar.» Hintergrund: Früher konnten die Tauben wegen bürokratischer Hürden schwer wieder nach Europa zurückgebracht werden. Für die leistungsstärksten Vögel werden zudem hohe Summen gezahlt.

Südafrikas Züchtern kam es zugute, meint der Kölner Züchter Willi van Beers: «Mittlerweile sind die auf einem sehr hohen Niveau; die haben dieses Jahr die Chance, das Rennen zu gewinnen». Seine Top-Taube «Birdy» erzielte 2008 den bisherigen Rekordpreis von 800.000 Rand - damals etwa 100.000 Euro.

Insgesamt wurden rund 3600 Tauben aus aller Welt gemeldet. Sie heissen «Heartbeat», «Lone Survivor», «Soul of Broich», «Allways Sylt», «Kevelaer 01» oder auch «Kerssenbrock Devil». Seit Oktober wurden sie auf dem Gelände einer knapp 100 Kilometer von Johannesburg gelegenen Golf-Lodge auf mittellangen Trainingsflügen («Hot-Spot-Flüge») vorbereitet. Van Beers: «Es ist ein Riesenhaufen Geld zu gewinnen bei diesen Flügen.» Axel Wolf aus Gommern (bei Magdeburg) hatte demnach mit seiner «Sternschnuppe» die beste Zeit über alle fünf Hot-Spot-Flüge - damit gab es zusätzlich zu den jeweiligen Preisgeldern noch mal 10.000 Dollar extra.

Halter züchten die Tiere speziell auf Leistung und bereiten sie auf eine Schnellflugkarriere vor. Brieftauben haben die faszinierende Fähigkeit, anscheinend von überall zum heimischen Schlag zu finden. Alle Tauben tragen Ringe, die sie identifizierbar machen und Flugzeiten erfassen. Wissenschaftlich noch unklar ist, ob Erdmagnetismus oder Sonneneinstrahlung da eine Rolle spielen. «Die Schlagliebe ist in den Genen der Tiere verankert», glaubt van Beers.

Beim Rennen werden die platzierten Tauben in speziellen Lkw zum Startpunkt nahe dem Ort Colesberg gebracht; auf ein Signal öffnen sich die Boxen und es geht los. «Gut Flug», wünschen sich die Züchter. Auf der Strecke jagen die Tiere mit einer Geschwindigkeit von im Schnitt 70 bis 75 km/h zurück zu ihren Heimatschlägen. Bei Wind und Wetter. «Bei Gegenwind ist es natürlich schwieriger zu fliegen als bei Rückenwind», sagt Holt. Im Vorjahr wurden - durch Rückenwind begünstigt - Durchschnittsgeschwindigkeiten von um die 130 Stundenkilometer gemessen. Die Distanzen sehen acht bis neun Flugstunden vor - im Schnitt sind das etwa 550 Kilometer. Dem siegreichen Züchter winken für den ersten Platz 300.000 Dollar.

Die Taubenzucht erfreut sich in osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Bulgarien grosser Beliebtheit. In China sind Tauben Statussymbol und Geldanlage zugleich. In Deutschland dagegen gibt es Nachwuchssorgen. Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter schätzt die Zahl der Züchter auf 31.000 - zu Boomzeiten lag sie mit der Hochburg Ruhrgebiet jenseits der 100.000er-Marke. «Der Rückgang ist dramatisch in Deutschland», klagt der 73-jährige van Beers. Es fehle nicht nur an Infrastruktur, sondern oft auch an Leidenschaft: «Man kann nicht einfach sagen: Jetzt werde ich Taubenzüchter; das Virus muss im Blut sein, denn beim Taubensport spielst du direkt in der Bundesliga

In einigen ländlichen Regionen lebe das Hobby aber wieder auf. Van Beers: «Die stärkste Ecke in Deutschland ist neben dem Ruhrgebiet die Aachener Ecke - durch die Nähe zu Belgien, dem Mutterland der Taube.»

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