Peter Handke: «Ich bin wegen Jugoslawien hin»
Der österreichische Schriftsteller Peter Handke begründet seine proserbische Haltung. In drei Wochen wird ihm der Literaturnobelpreis in Stockholm überreicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Peter Handke (76) bekommt am 10. Dezember 2019 den Literaturnobelpreis in Stockholm.
- In einem Interview begründet der Schriftsteller aus Österreich seine proserbische Haltung.
Es sei um «Gerechtigkeit für Serbien» gegangen, sagte Peter Handke (74) im Interview der Wochenzeitung «Die Zeit». «Kein Wort von dem, was ich über Jugoslawien geschrieben habe, ist denunzierbar, kein einziges. Das ist Literatur», betonte er.
Die Schwedische Akademie verteidigte in Stockholm ihre Entscheidung, den österreichischen Schriftsteller mit dem Nobelpreis für das Jahr 2019 auszuzeichnen. Peter Handke hatte sich mit Serbien solidarisiert und nach Ansicht von Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet.
2006 hielt er bei der Beerdigung des sechs Jahre zuvor gestürzten serbischen Führers Slobodan Milosevic eine Rede. Die Bekanntgabe der Verleihung des diesjährigen Nobelpreises an ihn stiess Anfang Oktober weltweit auf ein geteiltes Echo.
Peter Handke kritisiert das deutsche Vorgehen
Die Berichterstattung über Serbien sei damals monoton und einseitig gewesen, sagt Peter Handke. In dem «Zeit»-Interview kritisierte er auch das damalige deutsche Vorgehen. «Wie konnte Deutschland Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina anerkennen?» Wenn auf dem Gebiet mehr als ein Drittel orthodoxe und muslimische Serben gelebt hätten.
«So entstand ein Bruderkrieg, und es gibt keine schlimmeren Kriege als Bruderkriege.»
Peter Handke sagte, er habe niemals Sympathien für Milosevic geäussert: «Ich habe mich keinen Augenblick verbeugt, weder innerlich noch äusserlich.» Er habe Milosevic nur ein einziges Mal gesehen, als Gefangenen in Den Haag, wo Milosevic vor dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal angeklagt war.
«Ich wollte ihn anhören. ... Ich habe mir angehört, was er zu sagen hatte.»
Zu seiner Teilnahme an Milosevics Beerdigung sagte der Nobelpreisträger: «Natürlich war ich da. Er hat bei einer der letzten Abstimmungen dafür votiert, Jugoslawien nicht aufzulösen. Sein Begräbnis war auch das Begräbnis von Jugoslawien. Hat man vergessen, dass dieser Staat gegen das Hitler-Reich gegründet worden ist?»
«Ich bin wegen Jugoslawien hin»
«Ich bin Jugoslawe von meiner Mutter her und vom Bruder meiner Mutter, der in Maribor studiert hatte. Der Grossvater hat bei der Volksabstimmung in Kärnten für den Anschluss an Jugoslawien votiert.
Jugoslawien hat für mich etwas bedeutet», erzählt der Schriftsteller. «Und wenn man mir jetzt mit Serbien kommt, ist man unredlich. Ich bin wegen Jugoslawien hin.»
Zur Nobelpreisverleihung am 10. Dezember in Stockholm sind Proteste gegen Peter Handke angekündigt worden. Mehrere Organisationen haben das Nobelkomitee der Akademie in einem Brief aufgefordert, die Preisvergabe an Handke zurückzunehmen. Diese Verleihung würde ihrer Ansicht nach die Opfer des Völkermordes von Srebrenica kränken.