Reinhold und Diane Messner: Diese Rolle spielt Verzicht in ihrem Leben

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Deutschland,

Das Ehepaar Reinhold und Diane Messner hat ein gemeinsames Buch verfasst. Im Interview erzählen sie, warum Verzicht für sie zu einem gelingenden Leben gehört und wie sie dieses auf Schloss Juval in Südtirol umsetzen.

Reinhold und Diane Messner sind seit 2021 verheiratet.
Reinhold und Diane Messner sind seit 2021 verheiratet. - Diane Messner

Diane (42) und Reinhold Messner (78) haben ein gemeinsames Buch verfasst. In «Sinnbilder. Verzicht als Inspiration für ein gelingendes Leben» (Erscheinung: 28. September) beschäftigt sich das Ehepaar unter anderem mit den aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit und Naturschutz. Die gebürtige Luxemburgerin und der berühmte Bergsteiger haben sich 2018 in Messners Museum in Bruneck kennengelernt und sind seit 2021 verheiratet.

Gemeinsam haben sie das Start-up Messner Mountain Heritage gegründet, mit dem sie das traditionelle Bergsteigen und einen respektvollen Umgang mit der Natur in die Zukunft tragen wollen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählen die beiden, was Verzicht für sie bedeutet und geben einen Einblick in ihr einfaches Leben auf Schloss Juval im Südtiroler Vinschgau.

Wie kam es zu der Idee, dass Sie ein gemeinsames Buch veröffentlichen?

Reinhold Messner: Die Idee kam ausschliesslich von Diane. Sie hat mir den Titel, Untertitel und die Einteilung der einzelnen Kapitel vorgelegt. Ich war sofort begeistert, weil es genau in die Zeit passt und eine wichtige Auseinandersetzung mit diesen Themen versprach. Dann haben wir lange überlegt, wie wir das machen und haben uns darauf geeinigt, dass wir uns die Arbeit teilen. Der jeweils andere liest aber den Text des anderen nicht, bevor er nicht erscheint. Im Buch wird der Verzicht im weitesten Sinne des Wortes in den Mittelpunkt gestellt.

Sie haben das Buch Ihrer Mutter gewidmet. Was hat sie Ihnen am meisten im Bereich Verzicht gelehrt?

Reinhold Messner: In Kindertagen habe ich das nötige Verzichten nicht als Verzicht empfunden, es war eine Selbstverständlichkeit. Ich bin ein Nachkriegskind, also noch im Krieg geboren. Natürlich hat der Krieg in Südtirol nicht die Auswirkungen gehabt wie in deutschen Städten. Aber die Notwendigkeit, bescheiden neben meinen acht Geschwistern aufzuwachsen, war eine Selbstverständlichkeit. Im Villnösstal, wo wir gewohnt haben, war es eben das Leben aller Menschen.

Sie haben Nachhaltigkeit gelebt, ohne es zu wissen. Was setzen Sie heute davon noch um?

Reinhold Messner: Sehr viel, zumindest zu Hause. Wenn wir reisen, geht das natürlich nicht. Wenn wir wieder für eine Woche zu Vorträgen unterwegs sind, sind wir auf die Angebote der Hotels angewiesen. Aber auf Schloss Juval können wir als Selbstversorger autark leben. Wir haben Gemüse, Obst und Fleisch. Wir hätten genügend Holz, um das Haus zu heizen. Unterstützung haben wir durch eine Familie, die sich nicht nur ums Museum im Haus kümmert, sondern gleichzeitig die Gärten macht und vieles für den Winter einkocht. In der Corona-Zeit hat Diane auch viel in den Kräutergärten gemacht.

Diane Messner: Gartenarbeit ist wie Meditation und eine grosse Befriedigung für mich. Für sein Essen selbst verantwortlich zu sein, ist ein grossartiges Gefühl. Und man geht anders mit Ressourcen um, schmeisst nichts weg. Das Privileg, einen Garten zu haben, habe ich sehr zu schätzen gelernt. Also für uns war die Corona-Zeit eher «positiv».

Auch der Verzicht spielt in Ihrem Wohnen eine Rolle.

Reinhold Messner: Wir leben im Schloss, das man sich weniger als Schloss vorstellen kann, in einer kleinen Wohnung, in der wir nur im Wohnzimmer und Bad eine Heizung haben. Im Sommer ist auch der Rest schön warm, ab Ende Oktober wird es dann ziemlich frostig.

Diane Messner: Nur begrenzt warmes Wasser zu haben, war ich nicht gewohnt. Oder nicht länger und warm zu duschen, vor allem, wenn es draussen kalt ist. Das war anfangs für mich schwierig, aber ich gewöhnte mich schnell an die neue Situation. Ich geniesse heute ein heisses Bad ganz anders und weiss es zu schätzen, verschwende das Wasser nicht. Ich lasse es beim Zähneputzen oder Händewaschen nicht laufen. Verhalten ändert sich, wenn Ressourcen nicht ständig verfügbar sind. Für uns ist es kein Problem, wenn es kalt wird, eine dicke Jacke zu Hause anzuziehen. Ich sass auch schon mit Schal und Mütze im Büro (lacht).

Die Energiekrise trifft Sie persönlich dann gar nicht so?

Reinhold Messner: Wir haben zumindest die Sicherheit, uns im Notfall selbst versorgen zu können. Wenn die Krise noch viel schlimmer wird, dann ziehen wir uns zurück, dann wird das Auto natürlich stehen gelassen und wir können zu Fuss gehen. Leider ist der Begriff Verzicht oft negativ besetzt. Im Buch ist mir diese Aussage ganz wichtig: Es muss in unserer Gesellschaft einen freiwilligen Verzicht geben, ein aufgezwungener ist nicht zumutbar. Verzicht kann Lebensfreude generieren, er muss als Selbstverständlichkeit wie auch Notwendigkeit gesehen werden. In meiner Kindheit war es so und später wurde der Verzicht mein Schlüssel zum Erfolg meiner Expeditionen, die ich mit geringeren Ausgaben, ohne Sauerstoff im Gepäck und ohne Träger plante und durchführte.

Diane Messner: Durch die Notwendigkeit des Verzichts, wie Reinhold es in seiner Kindheit oder wir auf dem Schloss erleben, lernt man umzudenken. Daraus entsteht eine andere Lebensqualität und der Verzicht bekommt einen positiven Wert, sodass man später freiwillig verzichtet.

Aber wie bringt man die Menschen dazu, zu verzichten ohne sie zu massregeln?

Reinhold Messner: Das Buch zeigt nie den erhobenen Zeigefinger, sagt nie, was die Menschen dürfen oder nicht dürfen. Aber wir erzählen unsere Geschichte und zeigen, wie wir leben und wie unser Verhältnis zum Verzicht ist.

Diane Messner: Ich glaube, der Schlüssel ist das Vorleben.

Sie haben auch geschrieben: Wer die Natur erlebt, hat ein ganz anderes Verhältnis zur Natur.

Reinhold Messner: Wenn die Menschen die Natur wirklich kennenlernen, mit all ihren Aspekten, mit der Gefahr, mit der Grösse, dann haben sie Respekt davor und sind eher schützend, helfend und vorsichtig im Umgang mit ihr. Wenn jemand die Natur nur durch das Autofenster wahrnimmt, sind die Berge Postkarten-Berge. Dann haben die Menschen keine Ahnung von dem, was Natur ist. Das Verständnis zur Wildnis geht uns mehr und mehr verloren. Weil die Möglichkeiten so gering sind beziehungsweise die Angebote, anders zu leben.

Zwei wichtige Punkte für Sie, Herr Messner, sind in diesen Zeiten Innovation und Reduktion. In welchen Bereichen, glauben Sie, ist dies jetzt am wichtigsten?

Reinhold Messner: Wir müssen auf die fossilen Brennstoffe langsam verzichten, unsere Wirtschaft umstellen. Aber, wenn man das hintergründig durchleuchtet, muss man auch sagen, dass unser heutiger Reichtum auf den billigen fossilen Brennstoffen beruht. Durch diese billige Energie, die wir über 200 Jahre hatten, glaubten wir, es funktioniere ewig. Und jetzt sind viele Leute nicht bereit umzudenken und zu sparen. Der Preis ist immer noch nicht der richtige. Wir versuchen jetzt mit neuer Technologie gegenzusteuern. Also mehr Windräder oder mehr Wasserkraft. Was nach meinem Dafürhalten funktionieren wird, ist Wasserstoff in Wüsten herzustellen, der gespeichert werden kann und dann, in Zukunft, die Mobilität erlaubt, die Industrie sichert.

Sie sprechen im Buch auch von Ihren Reisen, die Sie hinsichtlich des Umweltgedankens als nicht zu entschuldigen bezeichnen. Müssen Sie sich oft dafür rechtfertigen?

Reinhold Messner: Wir sagen nicht, dass wir auf alles verzichten. Wir leben bewusster und machen zum Teil den Verzicht zum Inhalt unseres Tuns, erlauben uns das Leben aber weiter. Und die vielen Fundamentalisten, viele Kritiker, die glauben, man müsste die Lebensfreude verbieten, werden die Welt nicht retten. Zudem ist das Reisen unabdingbar für uns, weil ich ein Museum zum Thema Bergvölker machte. Wenn ich ihre Lebensformen erzählen will, muss ich sie studieren können.

Diane Messner: Ich finde es interessant, dass Reisen relativiert wird, wenn es um das eigene Vergnügen geht. Sind wir beruflich unterwegs, müssen mal fliegen und unserer Arbeit nachgehen, dann ist es in den Augen mancher Menschen nicht legitim. Man kann nicht einfach alles über einen Kamm scheren. Reinhold und ich verbinden das Reisen mit dem Nützlichen. Wir lernen andere Kulturen kennen, reden mit den Menschen und bringen das Erlebte mit nach Hause. Wir lassen diese Eindrücke einfliessen, vor allem Reinhold in seine Bücher, seine Vorträge und Museen. So haben unsere Reisen einen Mehrwert für uns und die Gesellschaft.

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