Uriah Heep auf 25. Album ohne Alterserscheinungen

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Grossbritannien,

Gerade haben Uriah Heep eine grosse Jubiläumstournee absolviert. Jetzt erscheint ihr 25. Studioalbum. Auf «Chaos & Colours» zeigen die Rockveteranen um Gitarrist Mick Box ihre gewohnten Qualitäten. Im dpa-Interview spricht Box über die neue Musik und über alte Zeiten.

Michael «Mick» Frederick Box, Leadgitarrist der britischen Rockband Uriah Heep, in seiner Küche in London.
Michael «Mick» Frederick Box, Leadgitarrist der britischen Rockband Uriah Heep, in seiner Küche in London. - Philip Dethlefs/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein kalter Sonntagvormittag im Norden von London.

Mick Box öffnet die Tür und wirkt überrascht. «Ein Interview? Heute? Das hat mir niemand gesagt.» Der Gitarrist und Bandleader von Uriah Heep lacht. «Tee oder Kaffee?» Kurze Zeit später nimmt der 75-jährige Rockveteran in seinem gemütlichen, typisch englischen Wohnzimmer Platz, um über das neue Uriah-Heep-Album «Chaos & Colour», das Tourleben und die mehr als 50-jährige Bandgeschichte zu sprechen.

Mit etwas Verspätung haben Uriah Heep im vergangenen Jahr eine grosse Jubiläumstour absolviert. «Wir haben gerade 36 Konzerte in 17 Ländern gespielt», sagt Box im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur und klingt sehr zufrieden – trotz wirtschaftlicher Corona-Nachwirkungen. «Einige Shows wurden abgesagt, weil Promoter in Finnland, Schweden und Norwegen pleite gegangen sind. Aber insgesamt war es fantastisch, eine grossartige Atmosphäre, eine tolle Zahl. Und nicht viele Bands können von 50 Jahren sprechen und das auch noch feiern.»

Alle zwei Jahre ein neues Album

Die pandemiebedingte Auszeit vom Konzertleben haben die Briten für ihr neues Studioalbum genutzt. Auch das ist quasi ein Jubiläum, denn es ist Nummer 25. Hochgerechnet gab es also fast alle zwei Jahre ein neues Werk von Uriah Heep. «Gar kein schlechter Schnitt, oder?», sagt Box und lacht herzlich, wohlwissend, dass sich die Zeiten geändert haben. Während heute nämlich nur noch alle paar Jahre ein Album erscheint, veröffentlichten Uriah Heep 1971, 1972 und 1977 jeweils zwei pro Jahr, darunter grosse Klassiker wie «Salisbury», «Demons And Wizards» und das vor allem in Deutschland erfolgreiche «Innocent Victim».

«Und den Rest der Zeit waren wir auf Tournee», erinnert sich Box. «Es war ein dämlicher, heftiger Terminplan. Um ehrlich zu sein, war es für alle zu viel. Und ich glaube, da fing es an, dass es für manche Leute bergab ging, weil es einfach zu hektisch war.» Was er meint: Einige Bandmitglieder hatten zunehmend Alkohol- und Drogenprobleme. Das grosse Geld sei für die Plattenfirma und das Management damals wichtiger gewesen als die Gesundheit der Musiker.

Gleichzeitig schwärmt der Gitarrist, der in Walthamstow im Osten von London zur Welt kam, von dieser goldenen Ära für die Rockmusik. «Damals hat man einfach der Kreativität freien Lauf gelassen», findet er. «Heutzutage ist es alles ein bisschen gehemmt. Heute muss man sich mit dem Management, dem Agenten und der Plattenfirma hinsetzen, um zu schauen, was sich finanziell lohnt, ob man genug verkauft und all solche Dinge.»

Ihre Songs sind wieder «very heepy»

In Sachen Kreativität lassen sich Box und seine Band aber immer noch nicht reinreden. «Wir haben eine Situation erreicht, wo man uns allein lässt. Wir müssen nur am Ende des Tages das Album abliefern und sagen: Hier ist es.» Zwar arbeiten Uriah Heep auch mit externen Songwritern zusammen, doch das Resultat muss immer «very heepy» – sehr nach Uriah Heep – klingen, wie Box wiederholt betont.

Zum zweiten Mal hat sich Sänger Jeff Scott Soto eingebracht. Soto, der auch mal kurze Zeit Frontmann der US-Melodic-Rocker Journey («Don't Stop Believin'») war, ist mit Heep-Bassist Dave Rimmer befreundet. Das wuchtige «Save Me Tonight», das die beiden gemeinsam geschrieben haben, eröffnet das hervorragend produzierte Album.

Bei Konzerten von Uriah Heep sind die alten Hits natürlich unverzichtbar – «Lady In Black», «Easy Livin'» oder «Gypsy». «Wenn wir das Intro eines bekannten Songs spielen und man sieht, wie das Publikum reagiert, dann ist es so, als würden wir das Lied zum erstem Mal spielen. Es ist ein Kick», erzählt Box. Doch neue Musik zu haben, ist ihm genauso wichtig. «Es belebt alles. Es bringt auch neue Energie in die Art und Weise, wie du das alte Zeug spielst.»

Mick Box hat mit Uriah Heep seit 1969 viele Höhen und Tiefen erlebt und ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Zahlreiche frühere Weggefährten sind nicht mehr am Leben. Zuletzt starben 2020 Mitgründer Ken Hensley und der langjährige Ex-Drummer Lee Kerslake, 2021 der ehemalige Sänger John Lawton.

Im Alter ist Disziplin gefragt

Hingegen erfreut sich Box, der beim dpa-Gespräch Tee trinkt, bester Gesundheit und achtet darauf, dass es so bleibt. «Auch ich trinke gern mal einen und habe meinen Spass, aber in Massen», sagt der 75-Jährige mit einem herzlichen Lachen. Schliesslich müsse er immer an den nächsten Tag denken. «Früher habe ich auf den Putz gehauen, aber da war ich jung und konnte das vertragen. Es war was Anderes. Wenn ich jetzt weitermachen will, was ich mache, dann erfordert es Disziplin.» Ein Ende sei nicht in Sicht. Er habe sogar schon mit dem Songwriting für das 26. Album begonnen.

Auf «Chaos & Colours» ist der markante Stil von Uriah Heep auch nach 50 Jahren unverkennbar. Box' Gitarrenriffs und der mächtige Sound der Hammond-Orgel sind genauso präsent wie die kräftige Stimme von Bernie Shaw, der inzwischen seit 36 Jahren Sänger von Uriah Heep ist. «Age Of Changes» und «One Nation, One Sun» sind die Höhepunkte unter den elf kraftstrotzenden Songs. «Chaos & Colours» ist ein starkes Hardrock-Album ohne jegliche Alterserscheinungen – eben «very heepy».

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