Was haben Olaf Schubert und Mick Jagger gemeinsam?
Comedian Olaf Schubert ähnelt zumindest von der Statur her Rockstar Mick Jagger. Auch der Beruf Musiker verbindet beide. Doch ist da am Ende noch mehr? Ein filmisches Schelmenstück geht der Sache nach.
Die Frage «Was wäre, wenn» hat sich wohl jeder schon einmal gestellt. Vielleicht mit Blick auf einen Lottogewinn, der grossen Liebe oder beruflichen Erfolg. Die aus Wuppertal stammende Regisseurin Heike Fink schickt den Musiker und Comedian Olaf Schubert mit einer ganz speziellen Fragestellung auf Spurensuche.
Könnte es sein, dass Schubert der uneheliche Sohn von Mick Jagger ist, weil Olafs «Mutti» beim ersten Deutschland-Konzert der Band im September 1965 in Münster eine heisse Affäre mit dem Frontmann der Rolling Stones hatte? Natürlich nicht. Olaf Schubert alias Michael Haubold kam knapp 26 Monate nach dem Auftritt und zudem noch im anderen Teil der Republik zur Welt.
Ost-West-Zeitreise
Aber darum geht es in dem fiktionalen Dokumentarfilm von Heike Fink auch gar nicht. Erzählt wird vielmehr auf kurzweilige Weise ein Stück Ost-West-Geschichte mit Wünschen, Sehnsüchten, Hoffnungen und tatsächlichen Ereignissen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Klar stehen ostdeutsche Befindlichkeiten im Zentrum. Im Film findet Schubert beim Aufräumen im Keller Tonbänder von «Mutti», die als Rundfunkjournalistin einst bei der Deutschland-Premiere der Stones Jagger interviewt haben will.
Schubert trifft bei seiner Recherche auf musikalische Ost-Legenden wie City-Sänger Toni Krahl, Hartmut König, Schöpfer des Agit-Prop- Hits «Sag mir, wo du stehst» und Rammstein-Keyboarder Flake, der eine Telefonnummer Jaggers besitzt und in ungepflegtem Englisch auf dessen Mailbox spricht. Er wisse nicht, was Olaf auf Englisch heisst, räumt Flake ein. Schubert: «Da arbeiten sie immer noch an der Übersetzung.»
Flake bedauert, nicht schon in den 1960ern Musiker gewesen zu sein. Damals hätten Frauen bei den Stones vor dem Hotelzimmer Schlange gestanden – wegen Sex. Im Osten habe man Schlange gestanden, wenn es Ketchup im Laden gab.
Es sind Szenen wie diese, die den Streifen liebenswert machen. Heike Fink setzt auf Schuberts Fähigkeit, aus dem Stegreif komödiantische Slapsticks und Gags zu liefern. Der fahndet detektivisch an Schauplätzen wie dem DDR-Funkhaus in der Berliner Nalepastrasse, in der Münsterlandhalle, vor Jaggers französischem Schloss und selbst in der Stasi-Unterlagenbehörde, um der Sache aktenmässig auf den Grund zu gehen. Auch Schuberts Chef von der «heute-show», Oliver Welke, kommt zu Wort. «Woher kommt diese fast schon animalische Sexyness des Olaf Schubert? Dieser Film hat endlich die Antwort», wirbt Welke auf der Website für den Streifen.
Zwischen Fiktion und Realität
Fink ging es nach eigenem Bekunden darum, die Frage nach Fiktion und Realität in der Schwebe zu lassen. Dass manche Zuschauer die Story bis zuletzt für wahr halten, habe auch mit der Qualität der Darsteller zu tun. Bis auf wenige Ausnahmen seien das Zeitzeugen. Bisher habe sie nur positive Reaktionen auf den Film gespürt, sagt Fink: «Viele haben Olaf Schubert so nicht erwartet und wollen wissen, ob Mick Jagger wirklich in dem Film noch auftritt.»
Doch nicht nur das macht die Spannung aus. Fink, Jahrgang 1968, musste keinen der Beteiligten überreden. «Es gab niemanden, der nicht bereit war, den Spass mitzumachen. «Obwohl viel improvisiert wird, gibt es natürlich einen Szenenablauf und ein Drehbuch. Schliesslich gilt es eine Spannungskurve aufzubauen und aufrechtzuerhalten.»
«Dramaturgische Wendepunkte, neuralgische Worte und kausale Zusammenhänge wurden vorher abgesprochen. Dann haben wir die Szene probiert. Olaf hat Fragen gestellt, die ihn zum jeweiligen Zeitpunkt in der Geschichte interessiert haben und die für die Dramaturgie relevant waren», schildert die Regisseurin das Vorgehen. Schubert sei nicht nur ein grossartiger Improvisationskünstler, sondern zugleich ein guter Schauspieler. Das habe er als Olaf Jagger bewiesen.
Als Fink die Idee zu dem Film kam, hatte sie noch keinen Haupthelden im Sinn. Bei der Frage nach der Besetzung sei man gemeinsam mit den Produzenten auf ein Tour-Plakat Schuberts für sein Programm «Sexy forever!» gestossen und habe gewisse Ähnlichkeiten zwischen Olaf und Mick entdeckt: «Da ist der Funke sofort übergesprungen.» Da Schubert aus dem Osten stammte, galt es die Was-wäre-wenn-Frage weiter zu fassen. «Die Geschichte hat so eine andere Fahrt aufgenommen und ist zu einer Ost-West-Zeitreise geworden.»
Fink berichtet davon, mit dem Film auch mehr über die DDR gelernt zu haben. «Ich wusste beispielsweise nicht, wie gross das Funkhaus in der Nalepastrasse war und welche guten technischen Möglichkeiten es dort gab.» Auch die Singebewegung in der DDR sei ihr bis dato unbekannt gewesen. «Sag mir wo du stehst» behalte sie nun als Ohrwurm in Erinnerung.