Was können wir von König Charles III. erwarten?
Nach dem Tod von Königin Elizabeth II. und ihrer 70 Jahre währenden Regentschaft besteigt ihr Sohn Charles den britischen Thron. Doch was für ein Monarch wird König Charles III. sein?
Mit dem Tod von Queen Elizabeth II. (1926-2022) am Donnerstagnachmittag (8.9.) wurde aus ihrem erstgeborenen Sohn Charles (73), dem bis dato dienstältesten Prince of Wales, das Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs und 14 weiterer Nationen, darunter Kanada und Australien. Bereits kurz nach der offiziellen Bekanntgabe des Ablebens seiner Mutter gab König Charles III. eine Erklärung ab. Darin bezeichnete er den Tod seiner geliebten Mutter als einen Moment grosser Traurigkeit für ihn und seine Familie.
Sein ganzes Leben lang, seit mehr als 70 Jahren, hat Charles geduldig im Schatten ihrer Leistung verbracht, und wurde dabei immer weiter in die Rolle des Throninhabers eingewiesen. Er weiss, dass die Nation die Königin als den Inbegriff der konstitutionellen Monarchie verehrt hat. Insofern ist unwahrscheinlich, dass er das Erbe seiner Mutter verraten wird. Was also kann die Welt von dem zukünftigen König erwarten?
Umweltschutz und Humor
Charles wird das neue Amt und die Zeremonien, die damit einhergehen, tadellos und an passender Stelle vermutlich auch so humorvoll wie seine Mutter ausfüllen. Den Umgang mit öffentlichen Aufgaben hat er schliesslich lange genug geübt. Sein fortgeschrittenes Alter und die inzwischen skandalfreie Beziehung zu Königsgemahlin Camilla (75) minimiert zudem die Risiken eines persönlichen Fehlverhaltens, die seine Jugend und seine unglückliche erste Ehe mit Prinzessin Diana (1961-1997) überschattet haben.
An diesem Punkt könnte die Ähnlichkeit zwischen König Charles und Königin Elizabeth allerdings auch schon enden, denn Mutter und Sohn sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Die legendäre Fähigkeit von Elizabeth II., niemanden zu verletzen oder zu verprellen, war ein brillanter strategischer Schachzug. Doch Prinz Charles hat sich bei vielen Gelegenheiten offener und meinungsfreudiger gezeigt als seine Mutter.
Und bei einigen Themen fand er stets sogar besonders deutliche Worte. König Charles, der sich auch sehr für moderne Architektur und Musik interessiert, macht sich schon lange vor allem für Umweltschutz und biologischen Landbau stark. Anfang 2020 hielt er eine Rede auf dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos, in der er zur Bekämpfung des Klimawandels, «der grössten Bedrohung, der sich die Menschheit je stellen musste», aufrief und sagte: «Wollen wir als die Menschen in die Geschichte eingehen, die nichts getan haben, um das Gleichgewicht wiederherzustellen?» Er wolle dies nicht sein, wie «CNN» von der Veranstaltung berichtete. In welcher Form er seine neue Position dazu nutzen wird, bleibt abzuwarten.
Überparteiliche Verpflichtungen der Monarchie
Als König ist Charles nun aber auch verpflichtet, die Überparteilichkeit der Monarchie gegenüber Premierministern und Parlament zu respektieren. Bei der wöchentlichen Audienz mit dem Premierminister gilt absolute Vertraulichkeit und hier sieht der «Guardian» eine Gefahr: «Charles ist ein Mann von intellektueller Leidenschaft, ein königlicher David Attenborough.» Beide Männer seien der Ansicht, dass nicht nur die britische Nation, sondern auch der Planet Erde vor einer Katastrophe stehe, «und Charles könnte der Meinung sein, dass dies wichtiger ist als verfassungsrechtliche Feinheiten» und sich im Gespräch mit dem Premier einmischen. Sir David Attenborough (96) ist ein britischer Tierfilmer, Naturforscher und Schriftsteller.
Wird Charles der König der Reformen?
Der neue Monarch dürfte das Image der Monarchie reformieren. Während Elizabeth II. die Traditionen hochhielt, weiss man von Charles III. angeblich, dass er das Amt auflockern und «informeller» gestalten will. So heisst es, dass er aus dem Buckingham Palast als Amtssitz ausziehen und ihn in ein königliches Bürogebäude und Museum umwandeln möchte, während er Clarence House als seinen Wohnsitz in London beibehalten will. In diesem Zusammenhang ist Medienberichten zufolge auch denkbar, dass er die ausgedehnten Privatgärten des Palastes mit dem Green Park zu einem grünen Korridor von Whitehall bis zum Kensington Palast verbinden lässt.
König Charles III. soll ausserdem die Monarchie personell verschlanken wollen. Auf diese Weise würde es zwar einen Thronfolger geben, und einen kleinen Kreis an Senior Royals, aber nicht mehr die ganze Grossfamilie würde in den Genuss der bestehenden Privilegien und des Lebensstils kommen - und auch nicht mehr so im Fokus der Weltpresse stehen.
Die meisten königlichen Familien in Europa haben bereits deutlich schlankere Monarchien. Das bestätigte auch Royal-Expertin Julia Melchior in einem Interview mit spot on news am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Thronjubiläum von Queen Elizabeth II.:
«In den anderen europäischen Königshäusern gibt es die Tendenz, diese zu verschlanken, sodass nur noch die direkte Linie eine offizielle Rolle spielt. Die Zweit- und Drittgeborenen haben keine Pflichten mehr - und auch keine Privilegien», sagte sie. Dieser Schritt müsse im britischen Königshaus auch gemacht werden. Bei Prinz Andrew (62) hatte die Queen ihn nach dessen Verwicklung in den Epstein-Skandal vollzogen. «Ein Mitglied der Familie bleibt er ja trotzdem, nur, dass er jetzt für sich selbst verantwortlich ist, ob für seinen Lebensunterhalt oder vor der Justiz», fasste Melchior den Vorteil zusammen.
Prinz Harry (37) und Herzogin Meghan (41) waren Anfang 2020 selbst als Senior Royals zurückgetreten und hatten so auch ihre Privilegien verloren. Bei einer verschlankteren Monarchie würden ihre Kinder, Archie (3) und Lilibet (1), ihren mit dem Tod der Queen erhaltenen Anspruch auf einen Prinzen- und Prinzessinnen-Titel wohl wieder verlieren.
Sein wichtigster Job
König Charles III. hat seine Zukunftspläne noch nicht im Detail bekannt gegeben. Die wichtigste und wohl auch herausforderndste Aufgabe für den neuen König wird gleichwohl sein, den Fortbestand der Monarchie gegen die Royal-kritischen Stimmen zu sichern. Langweilig dürfte es während seiner Herrschaft also nicht werden.