«America first wird so nicht funktionieren»

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Vor einem Jahr konnte SVP-Nationalrat Franz Grüter (54) stolz sein: Er hatte als Einziger im Bundeshaus immer an einen Sieg von Donald Trump geglaubt. Und fand auch: das ist gut so. Gegenüber Nau zieht er heute Bilanz, was ein Jahr später von der Trump-Präsidentschaft zu halten ist. Und da bleibt einiges zu wünschen übrig.

Fühlte sich vor einem Jahr einsam: SVP-Nationalrat Franz Grüter hatte als einziger im Bundeshaus zu Donald Trump gehalten.
Fühlte sich vor einem Jahr einsam: SVP-Nationalrat Franz Grüter hatte als einziger im Bundeshaus zu Donald Trump gehalten. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • SVP-Nationalrat Franz Grüter (54) hielt vor einem Jahr als einziger im Bundeshaus zu Donald Trump.
  • Ein Jahr nach der Wahl sieht er seine Erwartungen nicht erfüllt.
  • Vergleiche der SVP mit Trump weist er von sich: «Diese sind nicht angebracht.»

Ist der Ausdruck «grösster Fan von Trump» an Ihnen haften geblieben, sprich: Werden Sie weiterhin darauf angesprochen, dass Sie sich vor einem Jahr und nach der Inauguration hinter Trump gestellt haben?
Franz Grüter: Ich wurde ein Jahr vor den Wahlen in den USA vom «Blick» befragt zu Trump. Ich gab ein Interview mit zum Teil sehr kritischen Anmerkungen zu Trump. Den Titel «grösster Fan von Trump» würde ich als Fake News made in Switzerland bezeichnen. Trotzdem habe ich schon ein Jahr vor den Wahlen den Sieg Trumps als Einziger prophezeit. Warum? Ich habe in den USA vor den Wahlen mit sehr vielen Menschen gesprochen, die ich seit langer Zeit persönlich kenne. Und ich habe gespürt, dass die Leute die Nase voll haben vom politischen Establishment. Diese Stimmen hat man in Washington, aber auch in der Presse komplett ignoriert. Dieser Unmut hat dann in der Tat zum Sieg Trumps geführt. Insofern war meine Einschätzung ein Jahr vor den Wahlen absolut richtig.

Sie haben sich gewünscht, dass sich die Diskussion um Trump beruhigt und auf eine sachliche Ebene zurückkehrt. Das ist ja bis jetzt ganz objektiv nicht der Fall. Woran liegt das?
Trump ist auch nach den Wahlen im Wahlkampf verharrt. Ich habe vermisst, dass er nach der Wahl seinen Kommunikationsstil geändert hat. Als Präsident sollte man nicht aus jeder Stimmungslage heraus über soziale Medien kommunizieren.

Sie äusserten auch die Hoffnung, dass nach dem Wahlkampf seine Aussagen präsidialer werden. Was für eine Bilanz ziehen Sie diesbezüglich?
Das hat er nicht geschafft. Trotzdem scheint er in jüngster Zeit auf einige seiner sehr guten Berater vermehrt zu hören.

Was waren die erfreulichsten beziehungsweise enttäuschendsten Trump-Momente für Sie?
Ein Jahr nach der Wahl Trumps notiert der «S&P 500 Index» 20 Prozent höher. Auch haben sich die US-Konjunkturdaten stark verbessert, seit Trump Präsident ist. Bis jetzt hat die Wirtschaft unter Trump nicht gelitten. Trotzdem habe ich sehr starke Zweifel an seinem Wirtschaftsprogramm. Die Vision, dass er grosse Produktionskapazitäten aus China in die USA verlagern kann, wird eine Illusion bleiben. America first wird so nicht funktionieren. Das würde zu massiven Verteuerungen der Produkte in den USA führen, und dadurch die Konkurrenzfähigkeit schwächen. Trump könnte sich hier ein Vorbild nehmen an der Schweiz. Als Hochlohnland hat sich die Schweiz spezialisiert auf Produkte mit höchster Qualität und Know How. Damit können wir auch Konkurrenten aus Asien die Stirne bieten. Erfreulich ist für mich, dass Trump die Steuern senken will.

Man hat oft Parallelen zwischen der Trump und der SVP gezogen. Beide fühlen sich von den Medien missverstanden. Beide sehen sich als Kämpfer gegen die Classe politique. Welche Parallelen zwischen Trump und der SVP würden Sie heute ziehen?
Die SVP ist die Schweizerische Volkspartei. Es gibt keine Parallelen zu Trump und Vergleiche sind nicht angebracht.

Im Vergleich zu vor einem Jahr, sind Sie pessimistischer, optimistischer oder gleich zuversichtlich, was die Trump-Präsidentschaft angeht?
Trump ist nicht Alleinherrscher und egal wie man Trump gegenübersteht, er wird nicht willkürlich einfach alles verändern können nach seinem Gusto. Die USA wird es auch nach Trump geben. Insofern wird sich die Lage der USA mit Sicherheit auch unter Trump nicht stark verschlechtern.

Jetzt ist Donald Trump seit einem Jahr gewählt. Was denken Sie wird in den kommenden 12 Monaten passieren? Geht es weiter wie bis jetzt oder sehen Sie Änderungen in eine bestimmte Richtung?
Als grösste Gefahr erachte ich das Spiel mit dem Feuer, das Nordkoreas Führer Kim Jong Un verursacht. Seine Provokationen stellen eine echte Gefahr für die Welt dar. Sollte er tatsächlich mit Raketen die amerikanische Insel Guam angreifen, so könnte ich mir vorstellen, dass die Situation schnell eskaliert. Hier könnte das Ego Trumps eine mögliche Deeskalation verhindern und damit das Pulverfass zur Explosion bringen. Ich hoffe, dass es nicht dazu kommen wird.

Was für eine Bilanz ziehen Sie ein Jahr nach Trumps Wahl?

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