50 Stunden Arbeitszeit? Brisante Seco-Umfrage zum Arbeitsrecht
Das Wichtigste in Kürze
- Insbesondere bürgerliche Politiker sind bestrebt, das Arbeitsrecht zu liberalisieren.
- Das Staatssekretariat für Wirtschaft bringt jetzt gar eine 50-Stunden-Woche aufs Parkett.
- Der Bund klärt gegenwärtig ab, ob eine Totalrevision des Arbeitsrechts notwendig ist.
Heute beugt sich der Nationalrat über eine Liberalisierung des Arbeitsrechtes: Nationalrat Philippe Nantermod (FDP/VS) fordert, dass Detailgeschäfte im ganzen Land am Sonntag ihre Türen öffnen dürfen. Bis dato dürfen das nur diejenigen an Bahnhöfen, an Flughäfen und in sogenannten Tourismuszonen.
Der Bundesrat lehnt das Anliegen ab – die geplante Lockerung widerspreche dem Sonntagsarbeitsverbot. Erst vor Kurzem hatte die Wirtschaftskommission des Nationalrates einen alten Vorstoss aus der Feder von FDP-Präsident Thierry Burkart wieder aufgegriffen: Der Aargauer schlägt vor, den täglichen Arbeitszeitrahmen von 14 auf 17 Stunden auszudehnen – für mehr Flexibilität im Alltag.
Schrittweise Liberalisierung des Arbeitsrechts?
Die Beispiele verdeutlichen das Bestreben von bürgerlichen Politikern, das Arbeitsrecht schrittweise zu liberalisieren, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet: Zurückhaltende Reformation an Stelle des grossen Wurfes.
Schon 2020 kam der Bundesrat zum Schluss, dass eben dieser grosse Wurf beim Arbeitsrecht aussichtslos sei. Die Sozialpartner würden sich nie auf eine gemeinsame Stossrichtung einigen können, so die Erklärung.
Vier Jahre später versucht es das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) dennoch erneut mit diesem grossen Wurf. Das Staatssekretariat hat die Mitglieder der Eidgenössischen Arbeitskommission (EAK) um Teilnahme an einer Umfrage gebeten: Vertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften und Behörden sollen unter anderem Fragen zur Regulierung von Arbeits- und Ruhezeiten oder zur Sonntagsarbeitszeit beantworten.
Umstrittene Höchstarbeitszeit
Ein besonders brisanter Punkt ist dabei die Frage nach der wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Im Fragebogen schlage das Seco vier Antwortmöglichkeiten vor, wie die Zeitung weiter berichtet:
- Müsste für alle Tätigkeiten gleich sein.
- Sollte für alle 45 Stunden sein.
- Sollte für alle 48 Stunden sein.
- Sollte für alle 50 Stunden sein.
Aktuell liegt die Höchstarbeitszeit bei 45 Stunden für Angestellte in Industrie und Büro sowie Verkäuferinnen und Verkäufer bei grossen Detailhändlern. Für alle anderen Arbeitnehmenden beträgt sie 50 Stunden. De facto arbeiten Angestellte im Vollzeitpensum hierzulande durchschnittlich 40 Stunden pro Woche.
SGB lehnt Erhöhung ab
Dass das Seco nun sogar eine Höchstarbeitszeit von 50 Stunden ins Gespräch bringt, stösst beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) auf Ablehnung: «Die Schweiz hat bereits eines der liberalsten Arbeitsgesetze in Europa», sagt SGB-Zentralsekretär Luca Cirigliano.
«Wenn schon an der Wochenarbeitszeit geschraubt wird, dann sollte sie auf höchstens 40 Stunden für alle begrenzt werden.» Er weist darauf hin, dass Studien zeigen, «dass mehr als 8 Stunden Arbeit pro Tag fatal sind und krank machen».
Wie viel sollte die wöchentliche Höchstarbeitszeit betragen?
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV), ebenfalls Mitglied der EAK, begrüsst hingegen die Bemühungen des Seco um eine Gesamtrevision des Arbeitsrechts: Eine höhere Höchstarbeitszeit sei jedoch nicht notwendig, erklärt Dieter Kläy vom SGV. Stattdessen befürworte der Verband mehr Flexibilität im Arbeitsalltag.