Alain Berset warnt Ärzte vor unnötigen Eingriffen
SP-Nationalrätin Nadine Masshardt hatte für den Bundesrat viele Fragen zu den Krankenkassenprämien parat. Die Antworten deuten auf eine schwierige Situation.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Krankenkassenprämien werden im nächsten Jahr wohl wieder stark ansteigen.
- Dies könnte mit einem Nachholeffekt aufgrund der Pandemie zu tun haben.
- Alain Berset ruft aber auch zu einem reduziertem Mass an Leistungen auf.
Bald gibt der Bundesrat bekannt, wie die Krankenkassenprämien 2023 aussehen werden. Weil sie letztes Jahr leicht gesunken sind, drohe ein Prämienschock, warnten Fachpersonen, Politiker und Medien. Und jetzt auch der Bundesrat.
Alain Berset präsentierte am Mittwoch eines «seiner» zwei Entlastungspakete. Das erste wurde im Juni 2021 vom Parlament verabschiedet. Unter anderem soll die Behandlung von insbesondere chronisch kranken Menschen schlanker ausgestaltet werden.
SP-Nationalrätin und Konsumentenschützerin Nadine Masshardt (BE) reichte im Juni eine Interpellation ein. Einerseits wolle sie herausfinden, wie stark die Prämien gemäss Einschätzungen des Bundesrats ansteigen werden. Andererseits aber solle der Bundesrat die möglichen Ursachen für diesen Anstieg mitteilen.
Auch 2021 war teurer als angenommen
Zwar könne sich der Bundesrat noch nicht über die konkrete Prämienerhöhung 2023 äussern, so die Antwort von Alain Berset. Die Prämiengenehmigung sei noch nicht abgeschlossen. Aber: «Die tatsächlichen Kosten im Jahr 2021 lagen deutlich über den prognostizierten Kosten.»
Das Kostenentwicklungsmonitoring zeige «für das zweite Quartal 2022 ein grösseres Kostenwachstum im Vergleich zum vorigen Jahr», heisst es weiter. Dementsprechend müsse mit einem Anstieg der Prämien gerechnet werden, bestätigt Alain Berset. Aber die Entwicklung der Kosten sei von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich.
Dies lasse sich einerseits durch die «übliche jährliche Erhöhung» erklären. Aber auch durch den Nachholeffekt aufgrund der Pandemie, weil 2020 viele Eingriffe nicht durchgeführt wurden. Dieser Effekt lasse sich derzeit nicht quantifizieren, so der Bundesrat. Zudem seien keine Daten zu durch diese Verschiebungen verursachten Kosten verfügbar.
Masshardt fragte ausdrücklich, ob der Bundesrat denke, dass viele dieser Nachhol-Eingriffe «hauptsächlich unnötig» seien. Darauf schreibt Berset deutlich: Die Leistungserbringer müssten ihre Leistungen auf das Nötigste beschränken. Sprich: Die Leistungen müssten im Interesse der Versicherten liegen und für den Behandlungszweck erforderlich sein.
Die Versicherer ihrerseits müssten prüfen, ob die Behandlungen «wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind». So soll vermieden werden, dass «unnötige Behandlungen» abgerechnet würden. Unabhängig davon, ob sie nachgeholt worden seien oder nicht.