Die Begrenzungsinitiative soll die Masseneinwanderungsinitiative durchsetzen. Politologe Claude Longchamp analysiert die Ausgangslage vor dem 17. Mai.
Politologe Claude Longchamp im Interview zur Begrenzungsinitiative der SVP. - Nau

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 17. Mai wird über die Begrenzungsinitiative der SVP abgestimmt.
  • Ist die Kündigung der Personenfreizügigkeit einfach Problembewirtschaftung?
  • Politologe Claude Longchamp analysiert und sagt, der Problemdruck sei kleiner als 2014.
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Das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative sei doch sehr überraschend gewesen, sagt Longchamp heute. «Es hat in Brüssel geblitzt und gedonnert und in Bern hat man das gut gehört.» Weil im Gegensatz zur EU eine Volksinitiative in der Schweiz auch konkret umgesetzt werden müsse, habe man einen Konflikt gehabt.

«Wir haben einen Lernprozess durchgemacht nach diesem 9. Februar: Dass die EU schlussendlich nicht gross verhandeln will.»

Dass die SVP mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative nicht zufrieden sei, liegt für Longchamp auf der Hand. Er spricht von einer «freisinnig-sozialdemokratischen Lösung».

Verfassungsbruch SVP Masseneinwanderungsinitiative
Nationalräte der SVP halten Plakate mit der Aufschrift «Verfassungsbruch» und «Massenzuwanderung geht weiter» hoch, bei der Schlussabstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative im Nationalrat, während der Wintersession der Eidgenössischen Räte, am Freitag, 16. Dezember 2016 in Bern. - Keystone

Macht die SVP Problembewirtschaftung?

Nun stimmt das Stimmvolk erneut darüber ab: Die Begrenzungsinitiative ist für den 17. Mai traktandiert. Ist das Zwängerei und Problembewirtschaftung? Longchamp erinnert daran, dass die SVP schon früher nach gleichem Muster vorgegangen sei. Nach der gewonnen Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative legte die SVP die «Durchsetzungsinitiative» nach.

«Die Bevölkerung hat dort aber nicht mehr mitgemacht», betont Longchamp. Aktuell gehe es darum, abzuwägen, ob die Begrenzungsinitiative eher eine Problemlösung oder eine Problembewirtschaftung sei. Denn tatsächlich sei das Zuwanderungsproblem nicht einfach gelöst. Andererseits wolle die SVP immer wieder über dasselbe diskutieren. So gesehen könne man Verständnis für die SVP, aber auch Verständnis für die Kritiker haben.

Thema Zuwanderung verliert an Dringlichkeit

Nebst dem Einwand, dass die Bilateralen Verträge mit der Begrenzungsinitiative auf dem Spiel stehen, sieht Longchamp noch einen anderen Aspekt. Die Zuwanderung sei einerseits objektiv gesehen in den letzten Jahren zurückgegangen. Aber auch subjektiv sei 2020 nicht wie 2014: «Heute sagt das Sorgenbarometer, dass etwa 35 Prozent der Bevölkerung die Zuwanderung nennen.»

Zuwanderung
Das Wanderungssaldo ging in den letzten Jahren zurück. - BFS

Beim Thema «Asyl» sei die Änderung im Sorgenbarometer gar noch eklatanter. Hinzu kommt für Longchamp, dass auch die Arbeitslosenzahlen auf einem Tiefstand sind. «Der Problemdruck ist definitiv kleiner.»

Andere Probleme stünden dagegen im Vordergrund, so Longchamp: Die Altersvorsorge, die Gesundheitskosten und die Umweltthemen. Somit habe seit der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative 2014 doch eine gewisse Verlagerung stattgefunden.

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