Bremgarten AG: SVP-Nationalrat Addor vermutet menschliches Versagen
Für Nationalrat und Infanterie-Hauptmann Jean-Luc Addor steht fest: Der Schiessunfall in Bremgarten wäre unter Einhaltung der Sicherheitsregeln nicht passiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Angehöriger der Armee wurde in Bremgarten AG bei einer Schussabgabe tödlich getroffen.
- SVP-Nationalrat und Infanterie-Hauptmann Jean-Luc Addor trauert um den 22-Jährigen.
- Die Tragödie sei eine Mahnung, dass Sicherheit in der Armee an erster Stelle stehen muss.
- Beim Schusswaffen-Umgang gelten klare Regeln, die solche Unfälle verhindern sollten.
Am Dienstagmorgen ist es auf dem Waffenplatz in Bremgarten AG zu einer tödlichen Schussabgabe gekommen: Aus bisher ungeklärten Gründen hat sich in einem Truppentransporter ein Schuss aus einem Sturmgewehr gelöst.
Das Projektil hat einen Armeeangehörigen am Kopf getroffen. Nach der medizinischen Erstversorgung wurde der 22-Jährige per Helikopter ins Spital geflogen, wo er seiner Verletzung erlag.
Die Ursachen für den Unfall sind bisher nicht geklärt – die Militärjustiz hat eine entsprechende Untersuchung eingeleitet. Fest steht hingegen: Beim Umgang mit Schusswaffen gelten eindeutige Vorgaben, die solche Tragödien eigentlich verhindern sollten.
SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor ordnet ein
Auf Anfrage von Nau.ch betont SVP-Nationalrat und Sicherheitspolitiker Jean-Luc Addor: «Vorab möchte ich meine unendliche Traurigkeit darüber ausdrücken, dass ein junger Mann im Dienste unseres Landes sein Leben verloren hat.»
Der Infanterie-Hauptmann weiss, dass Angehörige der Armee tagtäglich an risikoreichen Tätigkeiten teilnehmen müssen – nicht nur im Umgang mit Schusswaffen: Im Dienstalltag führen sie schwere Maschinen und schwer kontrollierbare Fahrzeuge, Flugzeuge oder Helikopter. Daneben beteiligen sie sich an anspruchsvollen physischen Tätigkeiten und begeben sich regelmässig in unwegsames oder gefährliches Gelände.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Zahl der tödlichen Schiessunfälle glücklicherweise verhältnismässig klein. Der Blick in die Statistik der Suva – die im Auftrag des Bundes die Militärversicherung anbietet – zeigt nämlich: Zwischen 2013 und 2022 sind 12 Armeeangehörige im Dienst verstorben. Die meisten davon werden als «Fahrzeug- und Verkehrsunfälle» oder als «Flugzeug- und Fallschirmunfälle» kategorisiert – nicht als Schiessunfälle.
Fortschritte bei sicherem Schusswaffengebrauch
Mit Blick auf den Umgang mit Schusswaffen gibt Addor zu bedenken: «Die Ausbildung an der Waffe hat in unserer Armee spektakuläre Fortschritte gemacht – vor allem im Bereich der Sicherheit.» Dies zeige auch die vergleichsweise tiefe Unfallrate, die gemäss Addor weit unter derjenigen vieler ausländischer Truppen oder Polizeikorps liege.
Gleichzeitig weiss der SVP-Nationalrat: «Wie bei jeder anderen Tätigkeit ist man auch im Militärdienst nie vor individuellem Versagen gefeit. Trotz Fortschritten bei der Waffenausbildung.»
Menschliches Versagen als wahrscheinliche Ursache
Der Walliser vermutet, dass menschliches Versagen am Ursprung dieser traurigen Episode gestanden haben könnte: «Wenn die geltenden Regeln für den Umgang mit Schusswaffen eingehalten worden wären, wäre es nicht zu diesem tragischen Unfall gekommen.» Trotzdem gibt er zu bedenken, dass er die von der Militärjustiz eingeleitete Untersuchung abwarten wolle, ehe er voreilige Schlüsse ziehe.
Diese Tragödie sei aber eine «traurige Mahnung» daran, dass die Sicherheit für sämtliche Armeekader stets an erster Stelle stehen müsse: «Die Sicherheit im Dienst ist eine Aufgabe, die immer wieder von Neuem und unermüdlich in Angriff genommen werden muss.»
Das sind die Sicherheitsregeln im Umgang mit Schusswaffen
Einerseits gelten vier sogenannte «Sicherheitsgrundregeln» – diese müssen ständig wiederholt und im Umgang mit Schusswaffen durchgehend angewandt werden.
Erstens: «Alle Waffen sind immer als geladen zu betrachten.» Diese Regel gilt ohne Ausnahme – denn die meisten Unfälle ereignen sich mit vermeintlich ungeladenen Waffen. Schusswaffen sind keine Spielzeuge, entsprechend ist der Umgang mit ihnen konsequent ernst zu nehmen.
Zweitens: «Nie eine Waffe auf etwas richten, das man nicht treffen will.» Da Schusswaffen ausnahmslos jederzeit als geladen zu betrachten sind, dürfen sie prinzipiell nur auf Ziele gerichtet werden. Die meisten Schiessunfälle ereignen sich wegen Nichteinhaltung dieser Regel.
Drittens: «Solang die Visiervorrichtung nicht auf das Ziel gerichtet ist, ist der Zeigefinger ausserhalb des Abzugsbügels zu halten.» Der Zielvorgang beansprucht mehr Zeit, als die Bewegung des Fingers zum Abzug. Deshalb verliert der Schütze keine Zeit – gewinnt aber an Sicherheit.
Viertens: «Sich seines Zieles sicher sein.» Der Schütze ist für Schussabgaben verantwortlich und muss sich über die Konsequenzen bei Querschlägern, Fehlschüssen oder Durchschüssen im Klaren sein. Entsprechend muss das Ziel stets vor Betätigung des Abzugs unmissverständlich identifiziert werden.
Persönliche Sicherheitskontrollen und Entladekontrollen
Andererseits gelten strikte Regeln, wie nach oder während einer Schiessübung mit Waffen umgegangen werden muss. Die sogenannte «persönliche Sicherheitskontrolle» (PSK) ist zentral: Bei jedem Ablegen oder Aufnehmen einer Waffe muss kontrolliert werden, ob das Magazin leer ist. Danach wird der Verschluss nach hinten gezogen, um sicherzustellen, dass sich auch in der Patronenkammer keine Munition befindet.
Ferner ist der Schiessausbilder verpflichtet, nach der Schiessübung eine Entladekontrolle durchzuführen. Er kann diese Aufgabe delegieren, nicht aber die Verantwortung. Schon vor der Entladekontrolle müssen sämtliche angebrauchten Magazine entleert oder im Munitionspark deponiert werden. Während der Entladekontrolle sollte – theoretisch – niemand mehr Munition auf sich tragen.
Auf Befehl halten die Schützen die Auswurffenster ihrer Waffen nach oben – der Verschluss ist dabei im Verschlussfang hinten fixiert. Der Entladekontrolleur überprüft, dass sich keine Patronen im Lager befinden und stellt sicher, dass alle Magazine leer sind. Schliesslich wird kontrolliert, ob die Waffe gesichert ist.
Nach Überprüfung dieser Faktoren bei sämtlichen Schützen wird der Verschluss auf Befehl nach vorne begleitet. Danach richten die Schützen ihre Waffe in eine sichere Richtung und betätigen den Abzug. Erst dann sind die Waffen «offiziell» entladen. Auch nach Entladekontrollen sind aber alle Waffen konsequent als geladen zu betrachten.