Brexit: Schweizer Politiker warnen nach Erdrutschsieg von Johnson
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson holt im britischen Parlament die Mehrheit und kann den Brexit durchziehen.
- Für die Schweiz ändert dies vorderhand wenig, doch sollte sie vorsorgen, sagen Politiker.
Boris Johnson gewinnt in Grossbritannien die absolute Mehrheit im Parlament – die Konservativen besetzen neu 365 der 650 Sitze. Sie gewinnen 66 Sitze dazu. Es ist das beste Resultat seit 1987. Labour hingegen schifft ab, verliert 42 Sitze, Parteichef Corbyn tritt zurück.
Johnson führte seinen Wahlkampf unter dem Credo «Get Brexit done», versprach den EU-Austritt endlich durchzuziehen. Den deutlichen Wahlerfolg sieht er denn auch als Auftrag, den Brexit per Ende Januar umzusetzen, ohne Wenn und Aber.
Was bedeutet Wahlerfolg Johnsons für die Schweiz?
Hierzulande war der Erdrutschsieg Johnsons ebenfalls omnipräsent am heutigen Freitag. CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter liest die Ergebnisse derart, dass es nun definitiv zum Brexit kommen wird. «Mit den gestrigen Wahlen herrscht nun endlich Klarheit.»
Die Deutlichkeit des Resultats hat FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann heute überrascht. «Es zeigt, dass die Zustimmung für einen Austritt aus der EU in der britischen Bevölkerung seit dem Referendum sogar noch zugenommen hat», so der Aussenpolitiker. «Jetzt kann die britische Regierung für ein künftiges Abkommen aus einer Stärke heraus verhandeln.»
Denn: Auch wenn Johnson versprochen hat, die EU Ende Januar verlassen zu wollen – die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst. Denn Johnsons Deal regelt lediglich die Übergangsphase bis Ende 2020. Bis dahin muss Grossbritannien mit allen EU-Ländern regeln, wie die künftige Zusammenarbeit verlaufen soll.
Für Schneider-Schneiter ist indes klar, dass der europäische Binnenmarkt durch Handelshemmnisse geschwächt wird. «Es werden 12 Prozent des BIP der EU wegfallen. Profitieren werden dadurch grosse Wirtschaftsmächte wie China und die USA.»
Portmann: «Wahlergebnis dürfte der EU zu denken geben»
Und auch Portmann glaubt, dass der EU dieses Wahlergebnis zu denken geben wird. Denn: «Trotz der standhaften Unnachgiebigkeit Grossbritanniens gegenüber, scheinen die Briten die prognostizierten Nachteile in Kauf zu nehmen. Das wird nun die EU dazu veranlassen, keine grosszügigen Zugeständnisse bei einem künftigen Handelsabkommen zu machen – ansonsten der EU weitere Mitgliedstaaten davon laufen könnten.»
Die Schweiz hat für den Brexit – wann immer er auch kommt – mit sieben Abkommen mit Grossbritannien vorgesorgt. Portmann: «Im Verhältnis zu Grossbritannien ändert sich für die Schweiz nichts, wir sind gut auf die jetzt beginnende Übergangszeit und dann auf das künftige Verhältnis mit Grossbritannien vorbereitet.»
Schweiz sollte bilaterale Verträge jetzt festigen
Doch CVP-Nationalrätin Schneider-Schneiter warnt: «Trotz gut verhandelten Abkommen wird es für die Schweiz aufwändiger. Jede Anpassung muss bilateral verhandelt werden, wobei Grossbritannien seine Interessen ebenso vehement vertreten wird, wie das die EU heute tut.»
Entscheidend sei, wie das Verhältnis EU-Grossbritannien, aber auch EU – Schweiz künftig geregelt werde. Schneider-Schneiter spricht diesbezüglich auf die erodierenden bilateralen Verträge mit der EU an.
Auch Hans-Peter Portmann findet, dass die Schweiz gut daran täte, den bilateralen Weg jetzt zu festigen. «Sollte in zehn Jahren das Handelsabkommen zwischen der EU und Grossbritannien erfolgreicher sein als unsere Verträge, dann sind wir frei zu gegebenem Zeitpunkt Kurskorrekturen vorzunehmen.» Bis dahin fliesst noch viel Wasser die Themse hinunter.