Bundesgericht: Kein Geld im Mutterschaftsurlaub nach Abstimmung
Das Bundesgericht bestätigt: Nehmen Politikerinnen während dem Mutterschaftsurlaub an Sitzungen teil, erhalten sie kein Geld mehr. Das sorgt für heftige Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Sobald Politikerinnen an Sitzungen teilnehmen, kriegen sie kein Mutterschaftsgeld mehr.
- Dies hat das Bundesgericht in einem Urteil bestätigt. Betroffene reagieren schockiert.
Grundsätzlich erhalten Frauen in der Schweiz einen Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen. In dieser Zeit kriegen sie 80 Prozent des Lohns ausbezahlt, maximal jedoch 196 Franken am Tag. Dieser Anspruch erlischt allerdings, wenn die frischgebackene Mutter während dieser Zeit ihre Arbeit wiederaufnimmt.
Parlamentarierinnen stellt dies vor eine schwierige Wahl. Falls sie im Nationalrat oder Kantonsparlament an einer Abstimmung teilnimmt, wird ihr ab diesem Tag die Entschädigung gestrichen. Ab diesem Zeitpunkt habe sie ihre Arbeitstätigkeit wieder umfassend aufgenommen.
«Diese Praxis ist demokratiepolitisch höchst problematisch», kritisiert der Frauendachverband «Alliance F» in einer Medienmitteilung. «Parlamentarierinnen können während vier Monaten ihre politischen Rechte nicht ausüben und damit auch ihren Wählerinnenauftrag nicht wahrnehmen. Es sei denn, sie verzichten auf ihr Einkommen.»
GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin von «Allience F» Kathrin Bertschy sei 2019 selbst von dieser Regelung betroffen gewesen. Sie habe nach der Geburt an wichtigen Kommissionssitzungen und einzelnen Abstimmungen in der Grossen Kammer teilgenommen. Die Berner Ausgleichskasse habe ihr daraufhin die Mutterschaftsentschädigung gestrichen – auch für ihren Beruf neben dem politischen Amt.
GLP-Bertschy erhebte Einspruch beim Bundesgericht
Bertschy habe daraufhin gemeinsam mit dem Frauenverband Einsprache erhoben. Damit wollte sie vom Bundesgericht einen Grundsatzentscheid erwirken. Das höchste Gericht hat jedoch die gängige Praxis nun bestätigt. Weil die Parlamentstätigkeit entschädigt werde, handle es sich um eine Erwerbstätigkeit. Werde diese wiederaufgenommen, erlösche der Anspruch auf Lohnersatz.
«Alliance F» spricht von einem unverständlichen Urteil, das die Diskriminierung von Parlamentarierinnen in Mutterschaftszeit bestätige. «Eine Parlamentarierin vertritt mit ihrem politischen Mandat die tausenden Bürgerinnen und Bürger, welche ihr bei den Wahlen das Vertrauen ausgesprochen haben.
Polit-Väter im Vorteil
Bei der Parlamentstätigkeit handelt es sich dementsprechend nicht um die Realisierung eines Nebenerwerbs, sondern um die Erfüllung eines demokratischen Auftrags.»
Im Gegensatz zu Müttern sei es Vätern erlaubt, den Vaterschaftsurlaub tageweise zu beziehen. So könne ein Parlamentarier, der vor Kurzem Vater geworden ist, an wichtigen Abstimmungen im Rat teilnehmen – ohne finanzielle Folgen befürchten zu müssen. «Dieselbe Regelung braucht es auch für Mütter», fordert «Alliance F.»