Bundesrat will Gasreserven für Winter anlegen
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch wurde eine Verordnung zu Gasreserven verabschiedet.
- Die Schweiz will aufgrund des Ukraine-Krieges für den Winter Gas-Rücklagen haben.
Die Schweiz will für kommenden Winter eine Gasreserve anlegen, weil die Lieferungen aus Russland wegen des Ukraine-Krieges möglicherweise ausfallen könnten. Der Bundesrat hat dazu am Mittwoch eine dringliche Verordnung verabschiedet. Diese verpflichtet die Gasbranche dazu, Speicherkapazitäten in den Nachbarländern und Optionen für zusätzliche Gaslieferungen zu sichern.
Konkret soll ein Teil des beschafften Gases in Nachbarländern als Reserve gespeichert werden. Die Reserve soll 15 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs der Schweiz abdecken. Das entspricht rund 6 Terawattstunden (TWh). Rund die Hälfte dieser Reserve konnte schon in Frankreich gebucht werden, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte.
Als zweite Massnahme sollen zusätzliche Gaslieferungen in der Höhe von 6 TWh in Frankreich, Deutschland und Italien möglich sein. Die können bei Bedarf kurzfristig gegen eine feste Gebühr abgerufen werden.
Konzept stammt von Task Force der Gasbranche
Das entsprechende Konzept ausgearbeitet hat eine Task Force der Gasbranche. Mitgewirkt hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Ebenso das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF).
Der Bundesrat begrüsst das Konzept der Gasbranche, wie er mitteilte. Es biete eine zusätzliche Absicherung und Diversifikation der Risiken für die Winterversorgung in den Jahren 2022 und 2023.
Am Mittwoch hat er das Konzept zur Kenntnis genommen und die entsprechenden Eckwerte in einer Verordnung festgelegt. Die Verordnung beruht auf dem Landesversorgungsgesetz und ist vom 23. Mai 2022 bis am 30. September 2023 befristet.
Kein Sanktionsrisiko für Gas-Branche
Der Bundesrat erwartet, dass die Gasreserven wettbewerbskonform beschafft werden. Die Verordnung sieht diesbezüglich vor, dass die Kosten diskriminierungsfrei über die Netznutzungstarife gedeckt werden. Die abgeschlossenen Verträge und Kosten sollen zudem transparent sein. Falls sich im Verlauf der weiteren Arbeiten zeigen würde, dass dies nicht möglich sei, prüfe der Bundesrat eine entsprechende Regelung.
Geregelt werden muss noch, wie und wann die Gasreserve verfügbar gemacht wird und wer diese zu welchem Preis nutzen darf. Die Task Force soll diese Lücke konkretisieren und den Bundesrat bis Mitte Juni darüber informieren.
Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) begrüsste am Mittwoch den Entscheid des Bundesrates. Die Branche werde die Umsetzung nun an die Hand nehmen, hiess es. Zentral sei, dass der Bundesrat sicherstelle, dass die Branche keinen kartellrechtlichen Sanktionsrisiken ausgesetzt sei.
Ein Knackpunkt sei, dass das beschaffte Gas tatsächlich in die Schweiz transportiert werden könne. Der Bund müsse deshalb zwingend die Bemühungen fortfahren, von den europäischen Ländern entsprechende Zusagen zu erhalten, so der Verband.
Der Bundesrat hat zudem das UVEK beauftragt, den Vernehmlassungsentwurf zum Gasversorgungsgesetz gemäss Erkenntnissen aus der Ukraine-Krise zu überarbeiten. Neue Eckwerte sollen so bis Ende April 2023 vorgelegt werden.
Vorgehen des Bundesrat laut SES «kurzsichtig»
Der VSG nimmt diesen Beschluss zur Kenntnis, wie der Verband mitteilte. Sie fordern den Bundesrat jedoch auf, das «seit Längerem dringend benötigte Gesetz jetzt schnell voranzutreiben». Es brauche ein Gesetz, das Rechtssicherheit beim Marktzugang schaffe und Anforderungen an die Versorgungssicherheit berücksichtige.
Das Vorgehen des Bundesrates sei«zu kurzsichtig und ohne Bezug zu den langfristigen Zielen des Bundes in der Klimapolitik». Das teilt die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) mit. Sie ruft den Bundesrat auf, Massnahmen zum kurz- und mittelfristigen Ersatz von russischem Erdgas, Uran und Öl zu ergreifen. Dieses soll durch nachhaltige, einheimische Energieformen zu ersetzt werden.
Die Situation auf den europäischen Energiemärkten ist seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine von Nervosität und Unsicherheit geprägt. Hierzulande wird kein Erdgas gefördert, weshalb der gesamte Bedarf importiert werden muss. 2020 stammte laut Branchenverbandsstatistik knapp die Hälfte des Schweizer Gases aus Russland.