Bundesratskandidat Roger Nordmann ist «sehr entspannt»
SP-Nationalrat Roger Nordmann kandidiert als Aussenseiter, «Nervensäge» und – womöglich als Erster – mit Rucksack für den Bundesrat.
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Nationalrat Roger Nordmann kandidiert als einziger Romand für den Bundesrat.
- Im Interview mit Nau.ch verrät er, was ihm egal ist und warum er eine Nervensäge ist.
- Für schwere Dossiers empfiehlt er den Rucksack. Dies wäre immerhin ein Novum im Bundesrat.
Ist er das Enfant terrible, der die Deutschschweizer Bundesrats-Pläne durcheinanderwirbelt? Sicher ist: Roger Nordmann ist «der Romand», und zu diesem Gerücht steht er auch. Während bei anderen Kandidaten über Exekutiv-Erfahrung, Alter oder diese eine Bundesratskandidatur vor einem Jahr (Daniel Jositsch) diskutiert wird, geht es bei Nordmann primär um seine Herkunft aus dem Waadtland.
Transparent, kollegial und sehr entspannt
Nau.ch hat den wirbligen ehemaligen SP-Fraktionspräsident zum Interview getroffen. Dass hinter dem Rücken der Kandidaten fleissig intrigiert wird, stört ihn nicht: Er sei transparent und nach acht Jahren Fraktionspräsidium bestens bekannt. Nach den von der SP organisierten öffentlichen Hearings sei er sehr entspannt.
Auch ob die SP-Fraktion sich nun für ein Zweier- oder Dreier-Ticket entscheide, sei ihm einerlei. Für beides gebe es gute Gründe. Schmunzeln muss Nordmann bei der Frage nach seinen kollegial-staatsmännischen Fähigkeiten: Als Bundesrat müsste er ja auch ab und zu Haltungen vertreten, die seinen eigenen Ansichten widersprechen.
Doch, das glaube er zu können. Den Tatbeweis müsse der nächste SP-Bundesrat eh bald antreten, nämlich bei den nächsten Volksabstimmungen. Denn 2024 geht es zweimal um die AHV und einmal um die Reform der beruflichen Vorsorge, gegen die die Linken das Referendum ergriffen haben.
Kein extremistischer Bundesrat
Solches gehöre aber zum Job: «Es ist ja nicht so, dass der Bundesrat extremistische Entscheide trifft.» Unangenehm könne es zwar manchmal werden, aber: «Man macht nicht Politik, damit es angenehm ist.»
Den endgültigen Beweis mag Nordmann dann aber doch nicht antreten. Im fiktiven Beispiel, dass der Bundesrat die Fusion der Kantone Genf und Waadt beschlösse, mag er nicht sagen: «Die Waadt wird Untertanen-Land von Genf». Dies würde er dann doch anders formulieren.
Vorteil oder Nachteil?
Im zweiten Teil haben wir Roger Nordmann mit einer Reihe von Aussagen konfrontiert, die er einordnen sollte. So empfindet er es zumindest nicht als Nachteil, als einziger Romand im Kandidatenfeld anzutreten.«Ich kann auch Italienisch – und Schwiizertütsch», wie man im Interview hören kann.
Gleiches gilt demnach auch für seine Rolle als Aussenseiter. Alle wüssten, wie er ticke, nun könnten sie entscheiden. Prognosen gebe er eh keine ab: «Das ist der Job der Journalisten!»
Bekennende Nervensäge, bekennender Nicht-Jude
Keine Relativierung oder gar ein Dementi gibt es aber bei der Charakterisierung, der sei eine Nervensäge. «Ja, ich kann schon stur sein und insistieren», gibt Roger Nordmann zu, zuletzt etwa beim Klimagesetz und dem Heizungsersatz. Diese Episode bewerte er allerdings als positiv.
Theoretisch wäre Roger Nordmann auch ein exemplarischer Vertreter des christlich-jüdischen Abendlands: Der Vater jüdischer Herkunft, die Mutter protestantisch. Doch Nordmann ist agnostisch – quasi gezwungenermassen: «Der jüdische Glaube geht über die Mutter, das Protestantische über den Vater.» Technisch gesehen gehöre er damit sowieso zu keiner Religionsgemeinschaft.
Nerven diese Kategorisierungen nicht manchmal? Die Kandidierenden werden eingeteilt nach Alter, Kanton, Geschlecht, Exekutiverfahrung oder Stadt/Land. Zuletzt gruppierte man die sechs Bundesratswilligen auch noch danach, ob sie ehemaliges Juso-Mitglied seien, was dann sowohl positiv wie negativ gewertet wird. «Es nervt mich nichts», betont Roger Nordmann, aber wer selbst als Nervensäge durchs Leben geht, muss das wohl sagen.
Im Bundesrat mit Rucksack – «für schwere Dossiers»
Andere streichen explizit heraus, sie würden einen Rucksack voller Erfahrung mit ins Bundesratsamt bringen. Roger Nordmann bringt dagegen tatsächlich einen Rucksack mit und wäre wohl der erste Bundesrat mit Akten auf dem Rücken statt in der Mappe.
Ein Rucksack sei aus Gründen der Rückengesundheit sehr zu empfehlen, weiss Ausdauersportler Nordmann. Insbesondere für schwere Dossiers – oder dann wenigstens verteilt auf zwei Aktentaschen, links und rechts. Das tönt jetzt schon fast nach einem kompromissbereiten Mitte-Politiker.
Tatsächlich macht Nordmann denn auch einen Rucksack-Rückzieher: «Vielleicht kann ich mich den Gepflogenheiten anpassen.» In Sachen Förmlichkeiten sei er nämlich nicht so streng.