Bundesratswahl: Ist die Kandidatur Baume-Schneider nur eine Farce?
Das Wichtigste in Kürze
- Als Welsche steht Bundesratskandidatin Elisabeth Baume-Schneider quer in der Landschaft.
- Die Parteien beteuern zwar ihre Wählbarkeit: Schliesslich sei sie ja auf dem SP-Ticket.
- Ob ihre Muttersprache bei der Wahl tatsächlich keine Rolle spielt, ist eine andere Frage.
Mit SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider kandidiert eine Westschweizerin als Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga. Löst eine französischsprachige Bundesrätin eine deutschsprachige ab, währen die «Lateiner» plötzlich in der Mehrheit. Dabei stellen sie nur rund einen Drittel der Bevölkerung. Geht gar nicht, sagen die einen – aber der SP bei ihrem Zweierticket dreinreden mag man dann doch wieder nicht.
Ernsthafte Kandidatur, unernste Kandidatin
Die Basler Ständerätin Eva Herzog war schon Favoritin, bevor sie selbst oder Baume-Schneider ihre Kandidaturen überhaupt bekanntgaben. Daran hat sich nichts geändert, was offenbar auch in den Hearings der Parteien zu spüren war: Herzog ist so kurz vor dem Ziel unter Druck und hochkonzentriert, Baume-Schneider ist locker, weil sie nichts zu verlieren hat.
Aber kann sie auch gewinnen? Mit praktisch identischen Floskeln betonen die Fraktionspräsidenten von FDP, Mitte oder Grünen, man höre selbstverständlich beide Kandidatinnen an. Sprich: Wenn die SP eine Romande nominiert, ist das deren Problem, «wir wählen eine Person auf dem Ticket». Für viele ist auf diesem Ticket aber nur eine Person, die überhaupt zur Auswahl steht.
Wäre ein Bundesrat mit einer Deutschschweizer Minderheit okay?
Selbst Romands stellen in der Wandelhalle des Bundeshauses klar: Eine Übervertretung ihrer Sprachgruppe wäre ein eklatanter Fauxpas. Also hört man die durchaus kompetente, führungserfahrene Elisabeth Baume-Schneider halt an. Im Hinterkopf ist der Entscheid zugunsten Herzogs aber schon gefallen. Ausser diese begeht im Schlussspurt einen noch eklatanteren Fauxpas und macht sich so unwählbar.
Kalkül in allen Lagern
Das Manko der «falschen» Muttersprache ist für Baume-Schneider mit anderen Qualitäten fast nicht aufholbar. Ist ihre Kandidatur nichts als eine Farce, eine Alibi-Übung? Ganz so simpel ist es wohl nicht, wie zig Bundesratswahlen mit überraschendem oder knappem Ausgang zeigen.
Wohl gibt es Herzog-Fans in der SP, die ihr eine korrekte und dennoch unmögliche Kandidatur mit aufs Ticket stellen wollten. Mit derlei Kalkül könnte der Schuss aber genauso gut hinten hinaus gehen. Bürgerliche könnten versucht sein, der SP eins auszuwischen und absichtlich deren zweite Wahl zu bevorzugen.
Ganz offen ins Spiel gebracht werden auch ganz andere Kriterien: So soll die starke Bauernlobby das «Buuremeitschi» aus dem Jura der Historikerin aus der Grossstadt vorziehen. Andere Exponenten tun dies als typisches Bundesratswahlgeschwätz ab, welches ablenken und die Spannung hochhalten soll.
Elisabeth Baume-Schneider soll aber auch denjenigen gefallen, die schon für die nächsten Bundesratswahlen taktieren. Mit ihrer Wahl stibitze sie nicht nur den Deutschschweizern einen Sitz, sondern eben auch den SPlern aus der Romandie. Tritt dereinst Alain Berset zurück, gucken die vormals hoffnungsvollen welschen SPler nämlich in die Röhre.
Elisabeth Baume-Schneider, die Männerverhindererin
Der geneigte bürgerliche Parlamentarier könnte mit der Wahl von Baume-Schneider einen «Bundesrat Roger Nordmann» verhindern. Der SP-Fraktionspräsident aus der Waadt hat sich bislang nicht zu seinen Bundesratsambitionen geäussert. Oder Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard, ebenfalls Waadtländer, der schon einmal kandidierte und gegen Alain Berset unterlag: Er wäre weg vom Fenster.
Aber wer weiss: Vielleicht ist auch das nur Geschwätz, um die Spannung hochzuhalten. Und weil glücklicherweise nicht wissen, was in den Köpfen von 246 Parlamentariern vorgeht, bleiben wir gespannt.