Bundesratswahlen: Beat Jans nach den Hearings in der Favoritenrolle
Die SP-Bundesratskandidaten Beat Jans und Jon Pult wurden von den anderen Parteien gegrillt. Entschieden ist noch nichts.
Das Wichtigste in Kürze
- Jon Pult und Beat Jans mussten heute bei den Fraktionen zu Hearings antraben.
- Beat Jans gilt nun informell als Favorit.
- Die Parteien halten sich bedeckt, wen sie als Nachfolger für Alain Berset sehen.
Nachdem vor zehn Tagen die SP ihr Zweierticket für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset nominiert hat, waren heute Hearings angesagt. Beat Jans und Jon Pult stellten sich den Fragen der Fraktionen im Bundeshaus. Anders als in früheren Jahren verlief der Nachmittag sehr still: Den beiden SP-Männern war offenbar eingetrichtert worden, beim Spiessrutenlauf vor den Sitzungszimmertüren ja kein Wort an die Journalistenschar zu richten. Noch nie von Hearings gehört? Darum geht es:
Warum machen die Parteien überhaupt Hearings?
Die SVP, Mitte, FDP, Grünliberalen und Grünen wollen einerseits genau wissen, wen ihnen die SP da auftischt. Andererseits brauchen sie auch eine Basis für den 13. Dezember, wenn sie sich für den einen oder anderen Kandidaten entscheiden sollen.
Zwar kennen die einen oder anderen den einen oder anderen Kandidaten aus gemeinsamen Kommissionssitzungen, Zugfahrten an die Session oder Hintergrundberichten in den Medien. Aber der Wissensstand ist unterschiedlich und dieses Mal geht es um alle Themen, nicht nur die Sozialpolitik, das Wetter oder die Juso-Vergangenheit.
Was läuft bei einem solchen Hearing hinter verschlossenen Türen?
Trotz dicker Holztüren und Geheimnistuerei weiss man dies ziemlich genau. Die Kandidaten werden mit Fragen gelöchert, die ihnen die jeweiligen Fraktionsmitglieder in mindestens zwei Landessprachen plus Englisch stellen. 30 Minuten plus Nachspielzeit, fertig ist nicht dann, wenn der Schiedsrichter pfeift, sondern wenn der Kandidat mit höflichem Applaus verabschiedet wird.
Die Fragen sind teilweise wohl überparteilich deckungsgleich, teilweise halt stark gefärbt. Die Grünen klopfen das ökologische Gewissen ab, die FDP die Wirtschaftsfreundlichkeit, die SVP die Anzahl Gangschaltungen, bevor der EU-Turbo gezündet wird. Dabei gibt es aber keine «richtige» oder «falsche» Antwort: Allen ist klar, dass hier SPler im Verhör sitzen, niemand braucht sich zu verstellen. Abgetastet wird schliesslich auch, was für ein Typ Mensch hier sitzt und ob er das – nicht näher definierte – Bundesrats-Format hat.
Was haben die Parteien denn jetzt entschieden?
Mehrheitlich haben sie entschieden, (noch) nicht zu entscheiden. Die SVP hat immerhin entschieden, dass sie ihre beiden Bundesräte Albert Rösti und Guy Parmelin unterstütze. Für die beiden SP-Kandidaten will man sich noch Zeit lassen. Die FDP lässt sich ebenfalls nicht in die Karten blicken.
Sie will aber jemanden vom SP-Ticket wählen, «sofern in den vorhergehenden Wahlgängen die in den letzten Jahren etablierten Regeln respektiert werden». Lies: Wenn kein Angriff auf einen FDP-Sitz erfolgt.
Die Grünliberalen werden «zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden».
Was sagen die Kandidaten?
Beat Jans bestätigt, dass sehr gute Fragen gestellt worden seien und er diese nicht immer zur Zufriedenheit der Fragestellenden habe beantworten können. Gleich tönt es auch bei Jon Pult: Er habe klar deklariert, wenn er anderer Meinung gewesen sei.
Beide tun sich schwer damit, ihre eigenen Chancen einzuschätzen. Das mag eine Art Selbstschutz sein, um nicht als überheblich oder wehleidig zu gelten. Aber es ist wohl tatsächlich, so wie die beiden behaupten, schwierig über sich selbst zu urteilen.
Einen Unterschied streicht Beat Jans dann doch noch heraus, und zwar zu seinem Vorteil. Als Regierungspräsident Basels habe er ja vor den Bundesratswahlen noch die Ehre, die neugewählte Ständeratspräsidentin und den neugewählten Nationalratspräsident zu empfangen. Denn SP-Ständerätin Eva Herzog ist Baslerin, SP-Nationalrat Eric Nussbaumer ist Baselländler. Die Präsidentenfeiern seien bestimmt Gelegenheit, mit der einen oder anderen Person noch einmal das Gespräch zu suchen, so Jans.
Und? Wer wird jetzt Bundesrat?
Ziemlich sicher entweder Jon Pult oder Beat Jans. Störmanöver will niemand ausschliessen, praktisch alle gehen aber davon aus, dass diese wenig Chancen haben. Grosse Chancen werden nach den Hearings Beat Jans eingeräumt, der sich bei den Fraktionen besser präsentiert haben soll, als der eher rebellische Pult.
Aber das muss nichts heissen, denn erstens werden in den nächsten acht Tagen viele weitere Gespräche geführt werden. Und zweitens könnte die Bundesversammlung ja auch jemanden wählen, der in den Hearings gar nicht so gut war. Aber dafür aus dem «richtigen» Kanton kommt und so den eigenen Aspirationen nicht im Wege steht. Oder was immer für strategische Überlegungen genau am Wahltag für eine Rolle spielen.