Magdalena Martullo-Blocher

Gut so: Magdalena Martullo-Blocher pendelt per Heli-Taxi an Session

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

SVP-Nationalrätin und Ems-CEO Magdalena Martullo-Blocher fliegt sehr oft per Helikopter an die Session bzw. retour. Darf man das? Ein Kommentar.

Helikopterflüge Magdalena Martullo-Blocher
36 Helikopterflüge in 48 Wochen hat SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher 2023 im Dienste der Politik getätigt, und die Wintersession beginnt gerade erst. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher pendelt oft mit Heli-Taxi von und nach Bern.
  • Andere könnte sich sowas nicht einmal im Ansatz leisten.
  • Ist es deshalb verwerflich? Ein Kommentar.

Ja, es ist wahr: Magdalena Martullo-Blocher, Tochter des Christoph, Nationalrätin der SVP, CEO der Ems-Gruppe, pendelt per Heli-Taxi. Das ahnten einige vielleicht, mit Sicherheit wissen tun wir es seit anderthalb Jahren.

Zunächst war das mehr so der Potztausend-Effekt: Was, die fliegt wirklich von Bern nach Meilen ZH mit dem Helikopter? Ja, kann man das überhaupt? Aber ja, es müsse halt ab und zu sein, weil sie wichtige Dinge zu erledigen habe, hiess es.

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Magdalena Martullo-Blocher steigt in Meilen ZH aus dem Heli-Taxi. - Nau.ch/Nico Leuthold

Bei näherer Betrachtung zeigte sich zweierlei: Einerseits sind solche Sponti-Helikopterflüge nicht nur teuer, sondern sehr teuer. Andererseits ist «ab und zu» zwei, drei oder viermal pro Woche. Was bei vier, maximal fünf Sessionstagen pro Woche dann doch eher die Regel als die Ausnahme ist.

Emsige Meilemer Flugmeilensammlerin

Soll man sich nun darob empören? Über «diese Goldküsten-Bo*en» schimpfen, als ob man gerade eine neue Erkenntnis gehabt hätte? Mangelndes Feingefühl und fehlende Bodenhaftung vorwerfen?

Nein! Okay, ein ganz kleines bisschen. Vor allem aber sollte man Magdalena Martullo-Blocher dankbar sein.

Denn einerseits kann sie ja auch nichts für ihre Kindheit, in der sie nie den Hauch einer Chance hatte, in schlechte Gesellschaft zu geraten. Viele Berufsfelder blieben ihr für immer verschlossen. Doch hat sie aus den spärlichen Möglichkeiten (so ist sie halt) das Beste herausgeholt und ist von Beruf Chefin geworden.

Und CEOs fliegen nun mal, auf der ganzen Welt, um die ganze Welt. Ob das sinnvoll und zweckmässig ist, müssen wir hier nicht diskutieren, denn das ändert nichts an der Tatsache. Sie fliegen und sie flogen auch weiterhin, als eine Schweizer Chefin ins nationale Parlament gewählt wurde.

Flieg, CEO, flieg!

Einige, wie René Benko, fliegen auch dann, wenn sie es objektiv betrachtet nun wirklich nicht tun sollten. Viele mieten sich ihr Fluggerät auch gar nicht mehr, sondern kaufen gleich selbst eins. Es muss ja nicht gleich eine Boeing 757 sein wie bei Donald Trump. Oder eine 767 wie bei Roman Abramowitsch.

John Travolta Pilot Qantas
Schauspieler John Travolta beim Verlassen seines eigenen Flugzeugs, einer ehemaligen Boeing 707 von Qantas, nach der Landung in Sydney (AUS), am 12. Juli 2002. - keystone

Ebenfalls gang und gäbe: Mach es wie John Travolta. Weil der Schauspieler nicht nur bei «Samstag-Nacht-Fieber» abheben will, hat er nebst einer Boeing 707 auch noch gleich die Pilotenlizenz. Solches finden auch Schweizer CEOs praktisch; obschon es dann eher der Schein für den Heli als für den Jet ist. Womit sich der Kreis schliesst und wir wieder bei Frau Martullo und Konsorten wären.

Meilen: Weit weg von Ems

Martullo ist ja nun wirklich nicht diejenige, die, obwohl sie es sich leisten könnte, den grossen Pomp raushängen lässt. Im Gegenteil: Auf Kardashian-mässigen Bling-Bling wird in der Familie Blocher gerne verzichtet. Man stelle sich vor… nein, doch eher nicht. Zu spät? Behalten Sie es für sich.

Das Heli-Taxi scheint einzig und allein zweckmässig und nicht protzerisch eingesetzt zu werden. Kritisieren könnte man einzig den gigantischen ökologischen Fussabdruck.

BMW Magdalena Martullo-Blocher Bauernhof
Gemütlich ist anders: Der BMW von Magdalena Martullo-Blocher wartet beim «Heli-Port» der Ems-Chefin, einem Bauernhof oberhalb von Meilen ZH. - Nau.ch / Nico Leuthold

Etwas seltsam mutet auch an, das die Bündner Nationalrätin zu etwa 98 Prozent ins Züribiet fliegt. Klar, der Sitz der Ems-Chemie Holding ist in Herrliberg ZH. Aber der Sitz der Ems-Chemie AG ist in Domat/Ems GR und der angebliche Grund von Martullos Verbundenheit mit dem Kanton ihrer Wahl. Ja soo eine Verbundenheit könnten 80‘000 Zweitwohnungsbesitzer auch noch für sich reklamieren.

Doch das sind alles Nebengeleise. Zuallererst sollte uns (und allen neugewählten Mitgliedern des Parlaments) das Heli-Taxi von Magdalena Martullo-Blocher eine Mahnung sein. Eine Mahnung, dass so ein Amt nicht einfach ein Zeitvertreib, sondern eine zeitraubende Angelegenheit ist.

Danke, Magdalena Martullo-Blocher

Denn sogar eine Chefin, der von einem Sekretariat der Rücken freigehalten wird und deren persönliche Assistentin im Nationalrats-Vorzimmer unter die Arme greift, muss noch Tausende von Franken Flugspesen ausgeben, um über die Runden zu kommen.

Magdalena Martullo-Blocher kann das. Andere können dank Gratis-GA ihr Aktenstudium während dem Pendeln zwischen Bern und Brig, Solothurn oder Näfels erledigen. Andere können auf der Fahrt schon mal das Binge-Watching von Netflix-Serien abhaken und sind dann schon mal entspannt für den Rest des Abends. Nicht so wie diejenigen, die in Geh-Distanz zum Bundeshaus wohnen: Zehn Minuten nach Sitzungsende geht der Stress zuhause schon weiter.

Gerhard Pfister Zugfahrt
Gerhard Pfister, Nationalrat und damals Präsident der CVP (jetzt «Die Mitte») am 1. Juli 2016. Im Zug ab Bern kann der nächste Termin noch einmal durchgegangen, oder, wie hier der Auftritt in der «Arena» vorbereitet werden. - keystone

Sprich: Diejenigen, die im Parlament sitzen, haben für ihre individuelle Situation individuelle Lösungen gefunden. Oder umgekehrt: Es sitzen nur diejenigen im Parlament, die auch eine Lösung für vier mal drei Wochen Session, Kommissionssitzungen und weiter Anlässe finden können.

Deshalb sagen wir: Danke, Magdalena Martullo-Blocher, dass Sie mit ihrer eher ausgefallenen Lösung als Kollateral-Effekt wieder einmal darauf aufmerksam gemacht haben. Denn es ist ja nicht nur Zufall, dass es zwar Unternehmer aller Schattierungen, Anwälte, Akademiker und Verbandsdirektoren ins Parlament spült. Aber sehr wenige Pharmazie-Assistenten, frischgebackene Mütter oder Hochseilartisten. Ihnen wäre selbst dann nicht geholfen, wenn sie sich das Heli-Taxi leisten könnten.

Kommentare

User #1103 (nicht angemeldet)

Niemand aber überhaupt niemand in der Schweiz ist so wichtig das Er oder Sie einen Heli zur Fortbewegung braucht

User #2324 (nicht angemeldet)

Die grünen und linken Berufspolitiker müssen natürlich nicht noch neben ihrem Amt ein Geschäft leiten. Da hat man genügend Zeit mit dem Velo oder Pferd nach Bern zu reiten.

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