Alain Berset verteidigt Zertifikat: «Wo, wenn nicht in Restaurants?»
Die Zertifikatspflicht spaltet die Schweiz. In der «Arena» nahm Gesundheitsminister Alain Berset Stellung zu den brennendsten Fragen in der Bevölkerung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die drohende Zertifikatspflicht wird in der Publikums-«Arena» kritisiert.
- Für Berset ist sie der beste Weg aus der Krise.
- Kontrollen an den Grenzen seien «nicht zielführend», bessere Tests gibt es nicht.
Vera Steiner aus Grund bei Gstaad BE ist verärgert: «Es ist verblendet, zu sagen, dass Zertifikatsträger wieder alles machen können.» Denn den Schutz der Impfung anderer sehe sie nicht. Trotz des Zertifikats bestünde ein Risiko.
Ihre Sorge durfte sie Gesundheitsminister Alain Berset in der Publikums-«Arena» persönlich vortragen. Der SP-Bundesrat erklärte: «Ein Null-Risiko gibt es nicht, die Impfung schützt zwar gut, doch eine absolute Sicherheit gibt es nie.» Die Impfung helfe aber, grosse Wellen zu verhindern. Deshalb sei das Zertifikat der beste Weg aus der Krise.
Doch das Zertifikat und die drohende Ausweitung der Pflicht wurde in der «Arena» stark kritisiert. Denn sie versetze Restaurant-Besitzer wieder in Angst, viele Gäste könnten fernbleiben, so Cornelia Buff aus Bazenheid SG. Zudem sei in Restaurants die Ansteckungsgefahr wegen des Desinfizierens, des Abstands und der Maske beim Betreten sehr klein.
Der SP-Bundesrat widersprach beim letzten Punkt: «Die Gefahr in Restaurant ist nicht klein.» Dies habe man in der zweiten Welle gesehen, als Westschweizer Kantone die Fallzahlen mit Schliessungen stark senken konnten. Zudem halten sich in Restaurant viele Menschen über längere Zeit ohne Maske auf – ein klares Risiko, so Berset.
Der Gesundheitsminister wiederholte nochmals die Punkte, die für eine Ausweitung des Zertifikats sprechen: Die Überlastung der Spitäler drohe nach wie vor und «wir wollen nicht mehr schliessen und im Privatbereich einschränken». Deshalb sei der Nachweis der beste Weg, um grössere Ausbrüche zu verhindern. «Wenn nicht im Restaurant, wo dann?», fragte Berset und gab zu, dass dies eine schwierige Frage sei.
Alain Berset: «Dann geben Sie mir taugliche, umsetzbare Alternativen»
Eine alternative zur Zertifikatspflicht in Restaurants schlug Martin Beu aus Hinwil ZH vor. Er forderte strengere Kontrollen an den Grenzen bei Einreisenden, auch von Geimpften. Doch nur mit Massnahmen an der Grenze lasse sich das Virus nicht unter Kontrolle bringen, so Alain Berset. Ausserdem sei die Umsetzung der Einreise-Quarantäne «schwierig und nicht zielführend.
Trotzdem forderte auch SVP-Nationalrat Marcel Dettling im Streitgespräch, dass die Grenzen nicht mehr «löchrig wie ein Emmentaler-Käse» sind. Alain Berset brachte einen weiteren Punkt an: «Ohne die Grenzgänger, die in der Pflege arbeiten, würde unser Spitalsystem nicht mehr funktionieren.» Doch Reiserückkehrer könnten ein Problem werden, dies werde der Bundesrat für die Herbstferien eventuell anschauen.
Nach weiteren Aussagen Dettlings wurde der Ton des Bundesrats rauer: «Wenn Sie nicht mit den Massnahmen einverstanden sind, dann geben Sie mir taugliche Alternativen, die umsetzbar sind. Bislang habe ich noch keine gehört.»
Edith Dauwalder aus Interlaken BE gab eine Alternative: «Tests entwickeln, die so effektiv sind wie Drogentests, und dann muss vor Ort getestet werden.» Doch die Testentwicklung sei schwierig, so Berset.
Experte Huldrych Günthard vom Unispital Zürich bestätigt das. Selbst die Schnelltests hätten keine überzeugende Genauigkeit. «Tests, mit denen vor einem Club 100 Leute getestet werden können, gibt es einfach nicht.»