Corona-Papst Bäumle: «Clubbesucher sollen für Tests selbst bezahlen»
Ungeimpfte können für – unter anderem – den Ausgang gratis Corona-Tests beziehen. GLP-Bäumle schlägt vor, diese kostenpflichtig zu machen, als Impf-Anreiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Viele junge Leute wollen oder können sich derzeit nicht impfen lassen.
- Um die Motivation zu erhöhen, sollen Corona-Tests für in den Ausgang kostenpflichtig sein.
- Das schlägt «Corona-Papst» und Nationalrat Martin Bäumle vor (GLP/ZH).
Mit der zirkulierenden Delta-Variante wächst die Besorgnis vor einem rasanten Fallanstieg. Von überall häufen sich nun Vorschläge, wie der Bundesrat die Lage behandeln sollte. Die Task Force beispielsweise möchte die Quarantänepflicht für reisende Geimpfte wieder einführen.
Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel schlägt Abschreckungsmassnahmen vor, GLP-Präsident Jürg Grossen eine Testpflicht für ungeimpftes Gesundheitspersonal. In Frankreich wurde für diese Personengruppe gar eine Impfpflicht eingeführt.
Der «Corona-Papst» aus dem Nationalrat, Martin Bäumle (GLP/ZH), lehnt Test- und Impfpflichten ab. Er hat aber andere Vorschläge parat.
Nau.ch: Der Entscheid von Emmanuel Macron, die Impfpflicht für Pflegepersonal einzuführen, lag in der Luft. Aber macht er auch Sinn?
Martin Bäumle: Es ist einerseits verständlich und nachvollziehbar. Wir haben natürlich das Problem, dass bei steigenden Fallzahlen auch in Alters- und Pflegeheimen die Ansteckungen wieder anziehen könnten. Wir werden es immer erst sehen, wenn es zu spät ist. Kommt hinzu, dass die ältesten Bevölkerungsgruppen als erste geimpft wurden. Mittlerweile sind sie womöglich nicht mehr so gut geschützt.
Nau.ch: Aber andererseits sind Sie trotzdem nicht einverstanden?
Martin Bäumle: Eine Impfpflicht kann man dann einführen, wenn die Sterblichkeit massiv hoch ist oder sehr einschränkende Massnahmen nötig werden. An diesem Punkt sind wir nicht.
Nau.ch: Massnahmen drängen sich auf, auch wenn die Situation nicht derart dramatisch ist. Die epidemiologische Lage verschlechtert sich wieder. Was bietet sich denn als Alternative zur Impfpflicht an?
Martin Bäumle: Ich als Chef würde einen anderen Weg gehen. Regelmässiges Poolingtests – wöchentlich, zweimal pro Woche oder auch täglich, der Rhythmus muss aufgrund der Lage definiert werden. Also keine Impf-, aber eine Testpflicht für alle Mitarbeiter.
Nau.ch: Selbst wenn man die Geimpften nicht testet, sind das Millionen von Tests. Wer soll das bezahlen?
Martin Bäumle: Das muss man mit dem jeweiligen Arbeitgeber diskutieren, ob er selbst, der Staat oder die ungeimpften Mitarbeiter zumindest einen Teil an die Tests bezahlen.
Bei Club-Besuchern sehe es durchaus als Anreiz, dass man die Tests nicht mehr bezahlt. Das sollte noch mehr Leute für die Impfung motivieren.
Nau.ch: Ein Zertifikat gibt es doch aber gleichberechtigt für Genesene, Getestete und Geimpfte. Warum dieser Fokus auf die Impfung?
Martin Bäumle: Ein negativer Test schützt nicht vor einer Ansteckung und verhindert auch keine allfällige nächste Welle. Man muss sich bewusst sein: Wenn es wieder Einschränkungen geben sollte, hat das zwangsläufig finanzielle Folgen für die Wirtschaft. Also haben Wirtschaft und Gesellschaft ein Interesse an einer möglichst hohen Impfquote.
Auch Ferienrückkehrer sind Treiber der Pandemie. Sie sollten ein paar Tage Rücksicht nehmen und nicht gleich sofort zuhause wieder in den Ausgang gehen und nach ca. 4 Tagen einen Test machen. Das würde ich sogar Geimpften empfehlen, von wegen Risikogebiete und neue Virus-Varianten.
Nau.ch: Ein Teil der Impfmuffel zögert, weil man wegen der mRNA-Technologie der beiden Impfstoffe von Pfizer und Moderna ein schlechtes Bauchgefühl hat. Sollte man diesen einen alternativen Impfstoff anbieten?
Martin Bäumle: Unbedingt, das wäre sicher ein guter Weg, ist aktuell aber kaum mehr praktikabel. Wir haben offenbar keinen Impfstoff von Johnson & Johnson bestellt, obwohl er zugelassen ist. Denjenigen von AstraZeneca haben wir zwar bestellt, aber er ist in der Schweiz noch nicht zugelassen.
Die Hoffnungen liegen im Moment auf dem proteinbasierten Impfstoff von Novavax. Wenn mRNA-kritische Personen eine Alternative angeboten wird, dann kann man noch weniger eine Ausrede haben.