Coronavirus: Balthasar Glättli liebäugelt mit Zertifikatspflicht
Über eine Ausweitung der Zertifikatspflicht wird im Kampf gegen das Coronavirus schon länger diskutiert. Auch Balthasar Glättli (Grüne) liebäugelt nun damit.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut Balthasar Glättli müssen die Corona-Tests unbedingt kostenfrei bleiben.
- Beim Covid-Zertifikat sieht der Grünen-Präsident jedoch «falls nötig» einen Spielraum.
- Eine Ausweitung dürfe aber nur aus gesundheitlichen Gründen und nicht aus Zwang geschehen.
Derzeit sind in der Schweiz nur rund 55 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft. Wie in den letzten Tagen immer wieder zu hören war, fällt die Schweiz damit im Vergleich mit Süd-, West- und Nordeuropa zurück. Nur in den östlichen Teilen Europas geht die Impfkampagne noch langsamer voran.
Kein Wunder also, dreht sich hierzulande derzeit alles ums Thema «Impf-Anreize» und zwei umstrittene Fragen: Soll das Covid-Zertifikat ausgeweitet werden? Sollen die Corona-Tests für Impfmuffel kostenpflichtig werden? Es sind Streitpunkte, die auch am gestrigen Abend im «SonnTalk» auf «Tele Züri», bei den Nationalräten Balthasar Glättli (Grüne) und Martin Candinas (Die Mitte) sowie der Nationalrätin Diana Gutjahr (SVP) für hitzige Diskussionen sorgten.
Eine Aussage von Grünen-Präsident Balthasar Glättli liess dabei besonders aufhorchen. Er meinte nämlich, dass er sich vorstellen könnte, dass man die Zertifikatspflicht ausweite. «Aber nicht, weil man die Leute dazu bringen möchte, sich zu impfen, sondern aus gesundheitlichen Gründen – und nur falls nötig», machte er klar und nannte ein Beispiel: «Etwa im Fitnessstudio, wo man sich anstrengt, viel schnauft und es nicht immer möglich ist, vor allem auch auf den Winter zu, gut zu lüften.»
Von kostenpflichtigen Corona-Tests will Glättli hingegen gar nichts wissen. Und zwar aus einem «ganz banalem Grund»: «Ein Test schützt ja nicht die Person, die sich testen lässt, sondern andere Personen vor einer Ansteckung.» Der Schutz der Allgemeinheit sollte auch weiter von der Allgemeinheit bezahlt werden, so Glättli.
SVP-Gutjahr und Mitte-Candinas klar gegen Ausweitung
SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr nervte sich darüber, dass man jetzt das Zertifikat schon wieder «verkomplizieren möchte». Wie aus dem Parteibüchlein abgelesen, meinte sie, man sollte sich auf die Grundsätze vom Frühling zurückbesinnen: «Man sagte, wenn die, die sich impfen lassen wollen, geimpft sind, dann fallen alle Massnahmen – und das wäre ja jetzt eigentlich der Fall.»
Als «SonnTalk»-Moderator Patrick Müller sie darauf hinwies, dass aber in der Schweiz erst die Hälfte der Bevölkerung geimpft sei und die Impfquote stark abnehme, meinte Gutjahr: «Man muss es halt auch zur Kenntnis nehmen, dass es Leute gibt, die sich nicht impfen lassen wollen.»
Beim Thema der kostenpflichtige Tests zeigte sich die SVP-Frau gespalten. Auf der einen Seite sei sie nicht gewillt, «irgendwelchen Partygängern» stetig den Test zu bezahlen, «aber auf der anderen Seite sehe ich auch, dass eine solche Regelung starke Einbussen für die Clubbesitzer hätte».
Man dürfe die Situation nun «wirklich nicht dramatisieren», meinte Mitte-Nationalrat Martin Candinas und rief zuallererst die jüngsten Impfzahlen in Erinnerung. 49 Prozent der Erwachsenen seien durchgeimpft und zuletzt habe die Zahl in einem Monat um elf Prozentpunkte zugenommen. «Wir müssen nicht immer mit Europa vergleichen, wir haben auch ein anderes Verständnis von Freiheit», so der Graubündner.
Eine Ausweitung des Covid-Zertifikats, «um jetzt einige zu bestrafen», sei seines Erachtens völlig falsch – und die Gratis-Tests solle man weiterhin anbieten. «Wir haben immer gesagt impfen oder testen. Jetzt plötzlich mit den Kosten zu argumentieren, ist der falsche Ansatz, denn darüber haben wir bisher in der Pandemie nie gross diskutiert.»
