Coronavirus: Kanton Bern mit happigen Vorwürfen gegen BAG
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesamt für Gesundheit hat noch immer keine Corona-Spucktests validiert.
- Der Kanton Bern ärgert sich darüber – und droht damit, diese trotzdem einzusetzen.
Die Stimmung vor der grossen bundesrätlichen Lockerungs-Pressekonferenz ist angespannt. Nicht nur politisch, sondern auch zwischen Bund und Kantonen.
Neben der Restaurant-Öffnungs-Frage sorgt nun die Teststrategie für Missstimmung. In der Vernehmlassungsantwort der Gesundheitsdirektoren-Konferenz geht der Kanton Bern frontal auf das Bundesamt für Gesundheit (BAG) los.
Grund: Bern habe «schon früh» möglichst breit auf das Coronavirus testen wollen. Doch er sei «von Seiten BAG gebremst» worden. Nun passiere genau das Gegenteil. «Ausgerechnet das BAG», so die Berner, dränge nun, sich rasch für Massentests aufzustellen.
Verzögerung für Berner «unverständlich»
Für den Kanton Bern ist das «unverständlich», heisst es im Brandbrief an den Bundesrat. Hintergrund des Streits: Die viel besprochenen Corona-Spuck-Tests sind vom BAG noch nicht validiert. Das wäre aber nötig, damit der grosse und einwohnerstarke Kanton Bern grössere Massentests organisieren kann.
Aktuell müssten sich Schulen, Firmen und Heime noch selbst organisieren, wenn sie seriell testen wollen. Im Moment unterstützt der Kanton nur dort, «wo Ausbrüche festgestellt oder vermutet werden». Aufgrund der fehlenden Validierung sträuben sich die Berner, bereits jetzt eine Infrastruktur für künftige Massentests aufzubauen. Das sei ein teurer und langwieriger Prozess.
BAG: Nur wenig Speicheltest-Systeme auf Coronavirus
«Der Kanton Bern erwartet vom Bund, dass er die Validierung von Speichel- oder Nasal-Schnelltests mit Nachdruck vorantreibt», so der Kanton. Das angegriffene BAG hält auf Anfrage fest, dass bereits knapp 20 Schnelltests validiert worden seien.
Würden Sie ein Speicheltest dem Nasenabstrich vorziehen?
Dabei handelt es sich aber allesamt um Nasen-Tests, welche im Vergleich zum Speicheltest eher unangenehm sind. Der Validierungsprozess laufe aber auch bei den Spuck-Tests auf das Coronavirus.
«Falls die Leistungen genügend sind, werden sie gelistet und in die Berner Teststrategie integrierbar sein», so das BAG. Der Sprecher fügt an, dass nur wenige Unternehmen komplette Validierung-Dossiers für diesen Test-Typ deponiert hätten. Diese würden aber prioritär behandelt, um die nationale Teststrategie zu unterstützen.
Bern droht BAG mit Einsatz von nicht-validierten Tests
Der Kanton Bern ist allerdings höchst ungeduldig. Sollte der Bund keine raschen Fortschritte erzielen, behalte man sich vor, «auch nicht validierte Schnelltests einzusetzen.» Die geringere Zuverlässigkeit könnte nämlich durch eine viel breitere Verwendung ausgeglichen werden. Die Behörden des Hautpstadt-Kantons verweisen dabei auf Österreich, wo diese Tests schon breit eingesetzt werden.
Tatsächlich schlägt sich dies auch in der Positivitätsrate des Coronavirus nieder. In Österreich liegt diese seit Tagen deutlich unter einem Prozent. In der Schweiz dagegen wird eine Positivitätsrate von rund fünf Prozent ausgewiesen.
Diese ist allerdings künstlich aufgebläht, weil negative Resultate von Massentests nicht berücksichtigt werden. Die so zu hoch ausgewiesen Positivitätsrate sorgte übers Wochenende für viel Ärger. Bis anhin hat das BAG nicht verraten, ob es die Praxis demnächst ändert.