Coronavirus: Kantonsspital Aarau skeptisch gegenüber Lockerungen
Nach dem Besuch im Kantonsspital Aarau von Alain Berset lockerte der Bundesrat die Massnahmen gegen das Coronavirus. Das Spital mahnt aber weiter zur Vorsicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Alain Berset machte sich im Kantonsspital Aarau ein Bild vor Ort.
- Danach kündigte er letzte Woche Lockerungen an – seit heute sind sie in Kraft.
- Das Spital warnt jedoch: «Wir sollten vorsichtig sein.»
Letzten Freitag stattete Bundesrat Alain Berset dem Kanton Aargau einen Besuch ab. Bei einem Rundgang im Kantonsspital und im Gespräch mit Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati (SVP) verschaffte er sich einen Überblick über die Corona-Lage vor Ort. An der Medienkonferenz im Anschluss gab sich der Gesundheitsminister optimistisch wie noch nie.
Die Lage sehe momentan für Lockerungen gut aus, in den nächsten Tagen werde die Schweiz «viel Bewegung» erleben. Und tatsächlich hat der Bundesrat den nächsten Öffnungs-Schritt begangen: Seit Donnerstag ist die Quarantäne und Homeoffice-Pflicht aufgehoben. Die Aufhebung sämtlicher Massnahmen gegen das Coronavirus könnte bereits in zwei Wochen folgen.
Spital warnt: Riesige Anzahl an Infektionen wird zu seltenen Komplikationen führen
Die Zahlen entwickeln sich im Kanton Aargau analog zur restlichen Schweiz: Die Zahl der Covid-19-Patienten auf der Intensivstation sinkt, während sie auf der normalen Bettenstation ansteigt.
Das Kantonsspital Aarau mahnt aber nach Bersets Besuch weiterhin zur Vorsicht. Im Moment würden sich vorwiegend Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene anstecken, erklärt Mediensprecher Boris Rauscher. «Wenn sich plötzlich wieder mehr ältere Menschen ohne Booster-Schutz anstecken, besteht das Risiko, dass die Anzahl Covid-Patienten in den Spitälern wieder ansteigt.»
Im Spital sehe man mit Omikron viel seltener schwere Verläufe, Lungenversagen kämen aber auch dort vor. «Was uns erwartet, ist aus heutiger Sicht sehr schwierig zu sagen. Was wir sicher wissen ist, die Zahl Infizierter ist riesig – da wird es auch zu seltenen Komplikation kommen. Wir sollten vorsichtig sein», warnt Rauscher.
Coronavirus: Immer weniger Patienten auf der Intensivstation
Das Inselspital in Bern teilt aufgrund der weniger grossen Belastung der Spitäler einen gewissen Optimismus. Dies sagt Phillip Jent, Leitender Arzt der Infektionsprävention und -kontrolle gegenüber SRF. Viele Covid-Patienten seien deutlich weniger krank, als etwa im letzten Herbst. Die meisten würden nun auf einer normalen Bettenstation und nur ein kleiner Teil auf der Intensivstation behandelt.
Patienten mit dem Coronavirus müssen isoliert werden, was zu einem Mehraufwand führe. Dadurch bleibe die Belastung des Personals weiterhin hoch, sei aber bewältigbar. Die Arbeit könne besser verteilt werden und die Mitarbeitenden könnten sich gegenseitig besser aushelfen.
Die aktuelle Welle liesse sich ohne sehr radikale Massnahmen nicht aufhalten. «Deshalb verstehe ich den Weg, den die Politik gewählt hat.» Trotzdem sei in den nächsten Wochen eine gewisse Vorsicht angebracht, damit die Zahlen des Coronavirus nicht zu hoch gehen. Deswegen hält Jent es für vernünftig, wenn der Bundesrat wie angekündigt einen schrittweisen Weg gehe.