Coronavirus: Marcel Salathé & Co. wollen neue Aerosol-Lösungen
Das Wichtigste in Kürze
- Im Herbst könnte eine neue Welle des Coronavirus die Schweiz erreichen.
- Um die Ansteckungszahlen tiefzuhalten, wollen Fachpersonen Regeln für bessere Raumluft.
- Der Bund soll über die Aerosol-Übertragung informieren und passende Massnahmen etablieren.
Jetzt ist klar: Der Bundesrat wird das Management der Corona-Pandemie fast ganz den Kantonen überlassen. Diese teilen mit, dieses Regime vehement abzulehnen. Aber das Grundlagenpapier zur künftigen Bewältigung von Corona bleibt unverändert.
Eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern versucht derweil vehement, sich beim Bund Gehör zu verschaffen. Mitglieder sind unter anderem der Epidemiologe Marcel Salathé oder auch der Nobelpreisträger und Chemiker Kurt Wüthrich.
«Mit sauberer Raumluft können wir Corona unter Kontrolle bringen»
Anfang Mai traf sich diese Gruppe mit dem BAG und «Vertretern aus Wirtschaft und Politik», teilt die Gruppe mit. Das Ziel der Treffen war, einen Konsens zu etablieren, und zwar darüber, dass der Hauptübertragungsweg des Coronavirus Aerosole sind. Sprich: Die Behörden sollen mehr für saubere Raumluft machen.
Gegenüber Nau.ch ziehen die Mitglieder der Arbeitsgruppe erstmals ein Fazit. «Die Experten sind sich einig: Corona verbreitet sich überwiegend über virenhaltige Aerosole», sagt Michael Riediker, Aerosolforscher und Arbeitshygieniker.
Deswegen ist die Ansteckungsgefahr in Innenräumen höher als draussen. Umso erfreulicher sei es also für die Arbeitsgruppe, dass die Behörden dies nun auch anerkannt hätten.
Aber die Zeit drängt, unterstreicht Antoine Flahault, Professor für «Global Health». Bis im Herbst dieses Jahres müssten Massnahmen getroffen werden, um die Raumluft von diesen Aerosolen zu befreien.
«Mit sauberer Raumluft können wir Corona besser unter Kontrolle bringen», fügt Marcel Salathé hinzu. «Heute wissen wir genug, um sagen zu können: Die Wirkung von gutem Lüften auf die Ansteckungsrate ist enorm.»
Also ist der Bund gefordert. Er soll die Bevölkerung über Aerosole und Gegenmassnahmen aufklären. Zudem sollen öffentliche Gebäude wie Schulen, Restaurants oder Bürogebäude mit CO2-Sensoren ausgestattet werden. So könnten sich die Menschen nach Luftqualitätswerten richten und gezielter lüften, heisst es.
Masken-Rückkehr im Bus, Tram und Zug?
Aus Sicht der Expertinnen und Experten würden so die Schutzmassnahmen an die Übertragungsart des Virus angepasst. Es gibt aber auch Orte, die nur schwer optimal gelüftet werden können, an denen sich jedoch viele Leute aufhalten. So zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel. Und in Stosszeiten ist auch Abstand halten, was als eine der Hauptschutzmassnahmen kolportiert wird, schwierig.
Da helfen nur noch Schutzmasken, sagen Fachpersonen hinter vorgehaltener Hand, wie Nau.ch weiss. Aus Angst vor grossem Widerstand wird das jedoch nicht öffentlich kommuniziert.
Lüften Sie aufgrund des Coronavirus regelmässiger?
In der Zwischenzeit konzentriert sich die Arbeitsgruppe also auf einen Aktionsplan mit «benutzerfreundlichen» Optionen wie Sensoren, Lüften oder auch Luftreinigungsgeräten. Sie ist zuversichtlich, dass die Vorteile ebendieser Lösungen vom Bund – oder halt von den Kantonen – auch anerkannt werden. «Es würde die Lebensqualität im Schweizer Alltag stark verbessern», sagt auch Chemiker Wüthrich.
Die Wissenschafts-Gruppe hat einen Verbündeten im Bundeshaus. Nationalrat Martin Bäumle (GLP/ZH) hatte schon im März eine Interpellation mit dem Titel «Sars-CoV-2 nachhaltig unter Kontrolle bringen» eingereicht. Im Kern fordert er vom Bundesrat dasselbe wie die Arbeitsgruppe.
Die Exekutive hat zwischenzeitlich die Fragen von Bäumle beantwortet. Die Zusammenfassung: Eine Empfehlung für den Einsatz von CO2-Messgeräten werde erarbeitet; zudem prüfe das BAG, wie Bundes-Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen gefördert werden könnten. Es sei auch das Ziel, «den Nutzen des Lüftens als erwünschte Massnahme hervorzuheben und zu propagieren».