Coronavirus: So reagieren Parteien und Verbände auf Varianten

Der Bundesrat schlägt zwei Varianten zur Verschärfung der Massnahmen gegen das Coronavirus vor. Nicht alle kommen gut an.

Coronavirus Massnahmen Bundesrat
Bundesrat Alain Berset, links, spricht an der Seite von Bundesratspräsident Guy Parmelin rechts, während einer Medienkonferenz des Bundesrates zur aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Coronavirus, am Freitag, 10. Dezember 2021, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In jetzigen 3G-Bereichen soll 2G oder gar 2G-plus gelten, private Treffen würden limitiert
  • Als Variante schlägt der Bundesrat auch Schliessungen bei Restaurants & Co. vor.
  • Die Wirtschaft kritisiert die Homeofficepflicht, die SVP die 2G-Regel.

Der Bundesrat hat auf die steigenden Fall- und Hospitalisationszahlen mit dem Coronavirus reagiert. Er macht zwei Vorschläge, um rasch auf die Corona-Lage reagieren zu können.

In der ersten Variante würde in allen Innenräumen mit 3G-Regel künftig die 2G-Regel gelten. Gleichzeitig würde aber trotzdem Maskenpflicht beziehungsweise bei der Konsumation eine Sitzpflicht eingeführt. Wo weder das Maskentragen noch eine Sitzpflicht möglich sind, wären nur noch geimpfte und genesene Personen zugelassen, die zusätzlich ein negatives Covid-19-Testresultat vorweisen können

Die zweite Variante beinhaltet wie die erste 2G mit Maskenpflicht. Zusätzlich würden aber diejenigen Bereiche geschlossen, bei denen keine Maske getragen werden kann. Dies betrifft Innenbereiche von Restaurants sowie Fitnesszentren, Discos und Bars. Zudem stellt der Bundesrat unabhängig von der Variante die Homeoffice-Pflicht zur Diskussion. Auch sollen private Treffen, an Ungeimpfte oder nicht Genesene anwesend sind, auf fünf Personen beschränkt werden.

Coronavirus: SP stellt sich hinter Vorschläge des Bundes

Die SP begrüsst, «dass Bund und Kantone endlich angemessen reagieren, um die Bevölkerung und das Gesundheitswesen zu schützen». Die Partei fordert eine rasche Erhöhung der Booster-Quote. Diese Impfungen müssten bis Weihnachten «rund um die Uhr» angeboten werden.

Sie fordert zudem zusätzliche wirtschaftliche Hilfen und dringend eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegebereich. Es sei inakzeptabel, dass das Spitalpersonal so stark belastet werde und unzumutbare Triage-Entscheide fällen müsse.

Jürg Grossen Grünliberale
GLP-Präsident Jürg Grossen, hier in einem Interview mit Nau.ch. - Nau.ch

GLP-Präsident zieht die erste der beiden vorgeschlagenen Varianten des Bundesrates vor, wie er auf Twitter schreibt: «Insbesondere 2G-Plus.» Es brauche den ganzen Massnahmenfächer: Luftqualität, Hygiene, Testen, Homeoffice und so weiter und natürlich impfen. Zudem fordert er, dass FFP2-Masken vorgeschrieben werden müssten.

Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister äussert zwar Verständnis für das Vorgehen des Bundesrates. Doch die Mitte-Partei beobachte «mit Sorge», wie sich «diese Massnahmen auf den Zusammenhalt der Schweiz auswirken könnten». Die 2G-Regel oder einer 2Gplus-Regel bedeute «weitere Einschränkungen, welche die Solidarität der Bevölkerung auf den Prüfstand stellen», schrieb er. Als oberstes Ziel bleibe, den Zugang zum Gesundheitssystem für alle sicherzustellen.

SVP sieht 2G als Vorstufe zum Impfzwang für alle

Die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus werden laut Grünen-Präsident Balthasar Glättli nicht wirksamer, «wenn der Bundesrat sie zum zweiten Mal in die Konsultation schickt, statt sie zu beschliessen». Es brauche jetzt endlich Massnahmen wie eine Homeoffice-Pflicht, um die aktuelle Welle zu brechen, schreibt Glättli auf Twitter. Das Gesundheitswesen sei bereits am Anschlag.

Coronavirus Bundesrat Glättli
Auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli hat auf Twitter auf die Vorschläge des Bundesrates zur Verschärfung der Massnahmen reagiert. - Twitter/@bglaettli

Die flächendeckende Einführung der 2G-Regel ist für die SVP willkürlich. Sie helfe nicht, sei diskriminierend und diene nur als «Vorstufe zum Impfzwang für alle», schreibt die Partei in einer Mitteilung. Dafür seien die anderen Parteien verantwortlich. Sie hätten im Parlament gegen den Willen der SVP die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Sie hätten am 2. Dezember jenen Passus im Covid-Gesetz abgelehnt, der dem Bundesrat die Einführung von 2G untersagt hätte.

Statt endlich die Risikogruppen effizient zu schützen, drangsalierten und diskriminierten die Mitte-Links-Mehrheit im Bundesrat und das Parlament lieber die Bevölkerung, schreibt die SVP. Die 2G-Regel bringe nichts als eine Scheinsicherheit und noch mehr Diskriminierung für alle jene Menschen, die sich nicht impfen lassen wollten oder könnten.

Homeoffice-Pflicht für Gewerbeverband «reine Symbolpolitik»

Für den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) ist eine Homeoffice-Pflicht «reine Symbolpolitik». Schliessungen erachtet er als «völlig inakzeptabel und schädlich für die Wirtschaft». Der SGV will deshalb lediglich die mildere vom Bundesrat vorgeschlagene Variante «kritisch prüfen».

SGV Hans-Ulrich Bigler
Hans Ulrich Bigler, Direktor vom Schweizer Gewerbeverband SGV. - Keystone

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) erkennt Homeoffice als wirksames Instrument zur Bekämpfung der Pandemie und für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden an. Doch er warnt auch vor den Schattenseiten: Zum Schutz der Arbeitnehmenden sei es zentral, dass Gefahren durch die Überwachung durch die Arbeitgeber, die Vermischung von Privat- und Berufsleben und andere psychosoziale Risiken verhindert werden.

Der Bundesrat muss die Verlängerungen der Lohngarantien bei Kurzarbeit laut dem Gewerkschaftsbund so rasch als möglich umsetzen, damit die betroffenen Firmen auch Anfang 2022 davon Gebrauch machen können. Zudem sieht er grossen Handlungsbedarf beim Erwerbsersatz für die Kulturschaffenden. Der Bund müsse dafür sorgen, «dass diese existenzsichernden Gelder ausbezahlt werden».

Telearbeit homeoffice
Eine Person arbeitet im Homeoffice. (Symbolbild) - dpa

Travailsuisse unterstützt striktere Massnahmen zum Schutz des Gesundheitswesens, aber keine Betriebsschliessungen. Massnahmen im Bereich der Arbeit sollen laut Medienmitteilung zudem massvoll umgesetzt werden. So müsse die individuelle Lage von Arbeitnehmenden grosszügig berücksichtigt werden, wenn es etwa um Homeoffice geht.

Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) ist die Umwandlung der Homeoffice-Empfehlung in eine -Pflicht gegenüber einem Lockdown zwar das kleinere Übel. Die letzten eineinhalb Jahre hätten aber gezeigt, dass die Homeoffice-Empfehlung funktioniere. Der SAV fordere jedoch alle Arbeitgeber nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen nochmals zu verstärken.

Gastrosuisse-Präsident nicht ganz sicher, ob 2G wirkungsvoll ist

Economiesuisse bedauere es, «dass ein langes Zögern bei den Booster-Impfungen und der Verzicht auf flächendeckende Tests in den Schulen zu einer solchen Situation beigetragen haben». Beide Massnahmenpakete würden die Wirtschaft vor grosse Herausforderungen stellen. Economiesuisse gebe «der weniger einschneidenden Variante 1» den Vorzug.

Beim generellen 2G in der ersten Variante des Bundesrates ist Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer «nicht ganz sicher, ob das wirkungsvoll ist». In umliegenden Ländern sei man trotz 2G schliesslich in einen Lockdown gegangen. Vielleicht müssee man mit dem Bundesrat wirkungsvollere Möglichkeiten diskutieren, sagte Platzer im Interview mit Keystone-SDA-Video. Sogar der Epidemiologe Marcel Salathé habe jüngst ausgeführt, dass 2G zu einer falschen Sicherheit führe.

Es würden nach wie vor in erster Linie Risikopatienten auf den Intensivstationen liegen, sagte Platzer. Vielleicht brauche es genau für diese Risikogruppe eine 2G-Lösung. «Bei einem 20- bis 30-Jährigen fragt es sich, ob 2G die richtige Massnahme ist.»

Kritik gibt es auch von der Bar und Club Kommission

Auch die Schweizer Bar und Club Kommission kritisiert die Vorschläge des Bundesrates: Es brauche eine Strategie statt eines politischen Eiertanzes auf dem Buckel der einzelnen Branchen. Ganz besonders stört sie sich daran, «dass mit keinem Wort das Thema Unterstützung erwähnt wird».

Clubbesuch
Ein Nachtclub (Symbolbild). - Keystone

Wegen der fehlenden Erfahrungen mit 2G sei noch unklar, ob 2G+, mit Covid Test, eine Option für die nächsten Wochen sei. Dafür müsse man das anstehende Wochenende abwarten. 2G+ sei allerdings ohnehin nur dann eine Option, wenn die Covid-Tests bei asymptomatischen Menschen wieder kostenlos sind.

Gerade für junge Menschen sei ein Grund, sich impfen zu lassen, dass sie dadurch wieder ein Stück Normalität zurückzuerhalten. «Hiess es doch noch im Sommer, lass dich impfen, um wieder gemeinsam zu tanzen.» Nun träfen aber die vorgeschlagenen Massnahmen auch die Geimpften in der Schweiz, so die Kommission.

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