Coronavirus: Terrassen-Zoff geht am Freitag in eine neue Runde
Während die Bündner Forfait geben, kämpfen die Zentralschweizer, Glarus und das Tessin weiter für offene Ski-Terrassen. Trotz Verbot aufgrund des Coronavirus.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Streit um die Nutzung der Ski-Terrassen geht in eine neue Runde.
- Der Kanton Graubünden gibt nach und schliesst die Terrassen ab Freitagabend.
- Die Zentralschweizer Kantone wollen heute Freitag das weitere Vorgehen festlegen.
«Ich gehe davon aus, dass die Bergkantone jetzt ihre Skiterrassen schliessen.» Noch am Mittwoch gab sich Gesundheitsminister Alain Berset gelassen und zuversichtlich.
Heute sieht die Situation anders aus, hinter den Kulissen kocht es. Sechs Kantone haben gestern Donnerstag beschlossen, den Kampf nicht aufzugeben. Darunter die Zentralschweizer Kantone Schwyz, Uri, Nidwalden und Obwalden. Auch Glarus und das Tessin haben sich dem Aufstand angeschlossen.
Bereits am Mittwoch aufgegeben hatte der Kanton Graubünden. Ab Freitagabend schliessen die Bündner ihre Skiterrassen.
Nachdem sich die Kantone gestern beschwert hatten, Alain Berset würde ihre Argumente nicht anhören, hat dieser nun den Austausch nachgeholt. Ein Krisen-Treffen zwischen den Kantonen und Berset fand noch am Donnerstagabend statt, wie «20 Minuten» berichtete.
Noch wollte sich keiner der Kantone dazu äussern, wie das Treffen verlaufen ist. Heute soll dazu ein Entscheid fallen. Der Showdown geht also weiter.
Kantone schlossen am Donnerstag einen Pakt
Am Donnerstagmorgen trafen sich die Zentralschweizer Kantone zum Austausch, wie die Nidwaldner Gesundheitsdirektorin Michèle Blöchliger in den Tamedia-Zeitungen ankündigte. Daraufhin traf sich Blöchlinger mit den Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren der anderen Zentralschweizer Kantone.
Am frühen Donnerstagnachmittag zog Blöchlinger gegenüber Nau.ch ein erstes Fazit. Man habe den Entscheid über die Offenhaltung der Terrassen «nicht abschliessend gefällt». Vorerst ändere sich somit nichts mit der aktuellen Situation.
Heisst: Die Terrassen bleiben geöffnet, Coronavirus hin oder her. Der Entscheid wurde gemeinsam mit den anderen Zentralschweizer Kantonen sowie Glarus und dem Tessin gefällt. Dies bestätigen mehrere Kantone gegenüber Nau.ch.
«Man hat sich gemeinsam darauf geeinigt, nochmals das Gespräch mit Bundesrat Alain Berset zu suchen», sagte Blöchlinger. Diesem wollen die Zentralschweizer Gesundheitsdirektoren die bisher positiven Erfahrungen zu den geöffneten Skiterrassen erläutern.
«Daraus könnten womöglich wertvolle Erkenntnisse für die nachfolgende Öffnung von Restaurantterrassen in der ganzen Schweiz abgeleitet werden», hoffte Blöchlinger.
Auch der Schwyzer SVP-Regierungsrat Andreas Barraud gibt sich gegenüber Nau.ch kämpferisch. «Es gibt gute Argumente, die sich Berset jetzt anhören sollte!» Bis anhin habe sich Alain Berset nie mit den betroffenen Kantonen darüber ausgetauscht.
So oder so kann Barraud nicht verstehen, warum die Angelegenheit zur Chef-Sache wurde. «Das Erste, was wir gehört haben, war das Schreiben des BAG», nervt sich der Regierungsrat. «Es gäbe andere Bereiche, wo sich Berset wohl mehr darum kümmern müsste.» Trotzdem suchen die Kantone nun nach einem Termin, an dem sie sich mit ihm austauschen können.
«Wir können Resultate vorweisen, dass die Schutzkonzepte wegen dem Coronavirus funktionieren.» Die Abstände würden gewahrt, die Vier-Personen-Regel an den Tischen eingehalten, ist Barraud überzeugt.
«Seit acht Wochen belegen wir, dass es funktioniert, dass die Infektionszahlen mit dem Coronavirus nicht steigen. Und dass das Volk zufrieden Nachhause geht.»
Graubünden: «Der Aufstand bringt nichts»
Der Kanton Graubünden bleibt indessen bei seinem Entscheid, die Terrassen zu schliessen. Wie Regierungsrat Marcus Caduff am späten Donnerstagnachmittag zu Nau.ch sagte, hatte der Kanton mehrfach Kontakt mit den Zentralschweizern.
Und auch mit Bundesrat Alain Berset. Im Gegensatz zu den Zentralschweizer Kollegen hätte er sich schon letzte Woche direkt mit dem Gesundheitsminister ausgetauscht. «Ich stelle fest, dass die Fakten nicht zählen und der Bund ohne Faktenbasis entschieden hat», seufzt Caduff.
Zwar teilt Caduff die Argumente der anderen Kantone. Trotzdem ist er überzeugt: «Der Aufstand bringt nichts. Wir haben das Mögliche gemacht, müssen es aber akzeptieren.»
Armee könnte Terrassen-Anordnung wegen Coronavirus durchsetzen
Falls sich die Zentralschweizer weiterhin weigern, die Terrassen trotz Anordnung aufgrund des Coronavirus offenzuhalten, könnte sogar die Armee eingreifen. Diese Kompetenz gibt die Bundesverfassung dem Bund.
Bislang hielt sich Gesundheitsminister Alain Berset mit einer solchen Androhung zurück. An der gestrigen Pressekonferenz im Aargau wunderte sich Berset, dass die Ski-Terrassen das derzeit «offenbar emotionalste Thema» seien. In den letzten Monaten hätten gewisse Kantone die Verordnung zum Coronavirus auf ihre Weise interpretiert.
«Der Bundesrat hat am Mittwoch bewusst gesagt: Es ist noch zu früh für die Öffnung der Terrassen. Das muss auch für diejenigen in Skigebieten gelten, sonst schafft man eine Wettbewerbsverzerrung.» Die Situation ist für den Bundesrat klar. Dass sich die Zentralschweizer Kantone durchsetzen können, scheint schier unmöglich.
Auch die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren GDK steht hinter dem Bundesrat. Auf Anfrage hält die GDK fest, dass Takeaway-Betriebe Menschenansammlungen vor Betrieben verhindern müssen. So gibt es die Verordnung aufgrund des Coronavirus vor. Daher sei es unzulässig, im umliegenden Bereich Steh- und Sitzgelegenheiten für die Konsumation einzurichten.
«Darauf hat das BAG die Kantone in einer Weisung Mitte Februar noch einmal hingewiesen. Es gibt also keinen Spielraum.»