Der Bundesrat ist langweilig – reden wir über Hüte und Schuhe
Das Wichtigste in Kürze
- Alain Berset führt das Bundesratsreisli in seinen Heimatkanton Freiburg.
- Statt immer im Anzug kann hier auch das eigene Modebewusstsein zur Schau gestellt werden.
- Dieses Jahr auf dem Trend-Radar: Kopfbedeckung und Fussbekleidung.
Bundespräsident Alain Berset gibt es unumwunden zu: «Es ist ein bisschen entspannt und ruhig, das stimmt.» Die Bundesratsreise, das sogenannte «Schulreisli», geht dieses Jahr in den Kanton Freiburg, der Heimat Bersets. Wie schon 2018, als dieser schon einmal Bundespräsident war. Während man heuer am malerischen Schwarzsee spazierte, liess der fünf Jahre jüngere Berset damals seine Gschpänli mit Harcore-Rock der lokalen Band «Darius» wecken.
Die Zeiten ändern sich – nicht
Nach Schwarzsee dann noch das Murtensee-Panorama, morgen soll es immerhin noch eine kulturelle Überraschung geben, aber: «Das ist noch geheim», mahnt Berset. Aber keine waghalsigen Sprünge von einem Boot zum andern, keine riskanten E-Bike-Fahrten, kein Probesitzen in Formel-E-Rennwagen oder gar im Sauber C31. Dass man sich, wie vor zehn Jahren, spasseshalber in einen Schützenpanzer setzt, kann man ja noch nachvollziehen.
Ist es einfach nicht mehr wie früher, und wird es auch nie mehr sein, weil Alain Berset selbst ja sowieso den Abgang macht? «Im Gegenteil! Das ist die grösste Stärke unseres Landes, seit 1848, gab es eine absolute Kontinuität in der Regierung. Wer kennt das sonst?», fragt Berset rhetorisch. «Das ist das Schöne und das Gute: Ich weiss, es wird auch nachher so weitergehen.»
«Es geht nicht nur um mich»: Es geht auch um Garderobe
Team-Building, das mache man jeden Tag, nicht nur auf der Bundesratsreise. «Es geht nicht nur um mich, es geht auch um die sechs anderen Kollegen.» Mit denen man sich, wie einem jedes Jahr und in jeder Zusammensetzung versichert wird, es sehr gut habe und lebendige Debatten führe.
Was sich ebenfalls immer gleich bleibt: Die Diskussion um die zur Schau getragenen, weil ungewohnten, Freizeitklamotten der Landesmütter und -väter. Das immergleiche Polo-Shirt, die Frage nach den passenden Hosen und den etwas zu coolen Sonnenbrillen.
Dieses Jahr auf dem Trend-Radar: Kopfbedeckung und Fussbekleidung. Der notorische Hutträger Berset überrascht diesbezüglich zwar nicht, kommt aber dennoch nicht ungeschoren davon. Aus sicherer, wenn auch geheimer Quelle weiss Nau.ch: Der Hut war ein Restposten-Schnäppchen zum halben Preis.
Als wärs eine Last-Minute-Buchung
Als stilsicher beweist sich erneut Guy Parmelin, indem er sich selbst treu bleibt. Sein unter dem Kinn festgezurrter Safari-Schlapphut passt ja auch auf keinen anderen Kopf als diesen. Ignazio Cassis hat seinen Maga-Hat fürs Gruppenbild immerhin noch schnell gelüftet. Viola Amherd dagegen könnte mit ihrem Oversize-Unisex-Strohhut problemlos inkognito durch Brig spazieren. Wenn nicht gar durchs Bundesrats-Gruppenbild.
Schuhe wiederum können sehr viel über eine Person verraten. Uns sagen sie im Falle der Bundesräte vor allem: Schlechtes Briefing im Vorfeld und übereilte Käufe kurz nach der gestrigen letzten Sitzung. So sieht «festes Schuhwerk» also aus: Albert Rösti trägt seine dunkelblauen Sneaker nicht zum ersten Mal, Cassis wohl schon, aber atmungsaktiv und mit zwei Metern Schuhbändel.
Zeigt her eure Schuh
Besonders frappant: Elisabeth Baume-Schneider und Viola Amherd scheinen dieselben roten Turnschuhe gekauft zu haben. Gleich, aber doch verschieden, wobei selbst angefragte Schuhfachleute nicht draufkommen, was für Marken das sein könnten. Gabor, ARA, oder doch nicht etwa… Billigmarken von Zalando?
Neue Wanderschuhe hat auch Guy Parmelin, was doch einigermassen erstaunt, weil er wohl lange suchen musste, um etwas in seinem Stil zu finden. Aus dem Rahmen fallen sowohl Berset wie Keller-Sutter: Letztere mit einer Art Mokassins, die zwar schick daherkommen, aber für Schulreisli nicht erste Wahl sein sollten.
Gleiches gilt für des Bundespräsidenten Retro-Adidas, die tatsächlich auch nach einem See-Spaziergang immer noch schneeweiss sind. Alles richtig macht einmal mehr nur Bundeskanzler Walter Thurnherr: Es passt farblich, stilistisch, praktisch und ist erst noch von «New Balance», also passend zu seiner «Mitte»-Partei.
Der Bundesrat, gewöhnlich wie Du und Du
Hat der Bundesrat also keine Ahnung, ist ein Wohlfühlgremium und das seit 1848? Ja und nein. Denn eigentlich ist er genau wie die Bevölkerung, die er heute in Murten FR zum Apéro getroffen hat. Immer etwa gleich, manchmal etwas unpassend, aber das Wohlfühlen hat seine Grenzen.
Das gelte insbesondere auch zwischen Bevölkerung und Bundesrat, betont Berset zum Schluss. Man begegne sich auf Augenhöhe und das halt schon eine Schweizer Eigenheit. Aber: «Wenn jemand zu mir kommt und so ein bisschen brutal mal fragt, antworte ich auf dem gleichen Niveau. Das ist auch erlaubt.»
Wie rote Hüte und rote Schuhe.