Der neue Bundesrat steht 2023 vor grossen Herausforderungen
Ab Anfang 2023 kommt es zu drei Wechseln an der Spitze der Departemente. Die neuen, aber auch die «alten» Bundesräte stehen vor grossen Herausforderungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Departemente der Landesregierung wurden gestern verteilt.
- Der neu zusammengesetzte Bundesrat steht 2023 vor grossen Herausforderungen.
- Klima, Energie, Krieg, Schulden und Europa stehen im Fokus.
Die lang erwartete Meldung kam gestern Nachmittag: Karin Keller-Sutter (FDP) wird Ueli Maurer (SVP) an der Spitze des Eidgenössischen Finanzdepartements ersetzen. Die Vakanz im Justiz- und Polizeidepartement wird Elisabeth Baume-Schneider (SP) besetzen. Und zu guter Letzt heisst der neue Umwelt-, Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsminister Albert Rösti (SVP).
Die drei «Neuen» erben in ihren jeweiligen Departementen grosse Dossier: Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ist nach zwei Jahren Pandemie und anderen Krisen von gewachsenen Ausgaben gezeichnet. Für FDP-Bundesrätin Keller-Sutter heisst das: Der Abbau der Schulden steht im Vordergrund.
Karin Keller-Sutter steht vor Schuldenberg
2024 bis 2026 dürfte die Schuldenbremse wegen hoher Ausgaben aus aktueller Sicht des Bundesrates nicht eingehalten werden können. Zudem laufen grosse Reformprojekte. So berät das Parlament aktuell die OECD-Mindeststeuer. Dann stimmen voraussichtlich im Frühsommer 2023 Stimmbevölkerung und Kantone über die nötige Verfassungsänderung ab.
Ebenfalls zu Mindereinnahmen führen wird die Reform der Ehepaar-Besteuerung. Vor kurzem verabschiedete der Bundesrat seine Vernehmlassungsvorlage zur Individualbesteuerung. Diese ist als indirekter Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeitsinitiative der FDP-Frauen gedacht. Und auch die bisher immer gescheiterte Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung dürfte für Keller-Sutter eine Baustelle sein.
Bundesrat «Ölbert» Rösti wird Klima-Gesetz verteidigen
Das neue Gesprächsthema Nummer eins, Albert Rösti als neuer Umweltminister, hat viel Arbeit vor sich. Das Energiedossier steht ganz klar im Vordergrund. Die abtretende Sommaruga hatte zudem die Energiewende für die Versorgungssicherheit – aber auch zur Erfüllung der Klimaziele – grossgeschrieben. Rösti dürfte also einige Zeit mit der «Lex Grengiols» verbringen, der Solaroffensive des Parlaments.
Und auch mit anderen Gesetzen zum Ausbau der erneuerbaren Energien, die er im Parlament mitgestaltet hat. Dazu gehört der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, welcher das Parlament ausgearbeitet hat. Albert Röstis SVP hat dagegen das Referendum ergriffen.
Zweitrangig dürften Geschäfte rund um den Service Public (Post, SBB und SRG) den neuen UVEK-Vorsteher beschäftigen. Auch das Jagdgesetz oder neue Anläufe zur Subvention der Medien werden für Bundesrat Rösti Arbeit bedeuten.
Baume-Schneider wird mit Asylproblem konfrontiert
Die neue Justiz- und Polizeiministerin Elisabeth Baume-Schneider, wird sich mit der Asylkrise auseinandersetzen müssen. Karin Keller-Sutter hatte aufgrund des Ukraine-Kriegs den Schutzstatus S für Geflüchtete eingeführt und verlängert. Diese Arbeit wird die SPlerin weiterführen müssen. Die Anzahl Geflüchteter, nicht nur aus der Ukraine, dürfte zudem hoch bleiben.
Im EJPD wird ausserdem die E-ID ein Thema sein, dessen Umsetzung auf parlamentarische Vorstösse basiert. So wie auch das neue Sexualstrafrecht: Baume-Schneider hat sich im Ständerat stets für die Zustimmungslösung («Nur Ja heisst Ja») eingesetzt. Doch der Bundesrat lehnt diese ab.
In den anderen Departementen mit den altbekannten Bundesräten gibt es ebenfalls eine Menge Arbeit. Der noch bis Ende Jahr amtierende Bundespräsident Ignazio Cassis (FDP) wird am EU-Dossier dranbleiben müssen. Wichtig wird auch die nichtständige Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat sein.
Cybersicherheit, Altersvorsorge und Sanktionen
Alain Berset (SP) seinerseits wird im Innendepartement das Thema der steigenden Gesundheitskosten weiterführen müssen. Und auch die Altersvorsorge ist trotz gewonnener Abstimmung noch nicht abschliessend gesichert. Mitte-Bundesrätin Viola Amherd wird ihre Schwerpunkte künftig wohl in der Cybersicherheit setzen: Das Nationale Zentrum für Cybersicherheit wird ein neues Bundesamt im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) sein.
Bundesrat Guy Parmelin (SVP) hat im Moment auch viel Arbeit, nicht zuletzt aufgrund des Ukraine-Kriegs. Sein Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung ist für Sanktionen zuständig. Während der Energiekrise wird Parmelin mit seinem Parteikollegen Albert Rösti zusammenarbeiten müssen: Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung ist zuständig für – unter anderem – das Monitoring der Gas- und Stromversorgungslage.
Zu guter Letzt wird aufgrund der stockenden Verhandlungen mit der EU die Schweizer Forschung für Parmelin ein Problemdossier. Als nicht-assoziiertes Drittland ist die Schweiz von «Horizon Europe» weitestgehend ausgeschlossen. Das ist auch für die pharmazeutische Industrie, ein wichtiger Wirtschaftsmotor, fatal.