Die Entscheide des Bundesrats in Kürze
Der Bundesrat ist aus seinen Ferien zurück. Heute gab der Bundesrat seine Beschlüsse zu diversen Geschäften bekannt.
STROMLÜCKE: Um die Versorgungssicherheit für den kommenden Winter zu stärken, können die beiden zuständigen Departemente mit entsprechenden Anbietern über den Einsatz von Reservekraftwerken verhandeln. Dies hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen. Die Gaskraftwerke sollen als Ergänzung zur Wasserkraftreserve bereits im kommenden Spätwinter bereitstehen. Zudem prüft der Bund, ob die rund 300 in der Schweiz vorhandenen Notstromaggregate als Reservekraftwerke genutzt werden können.
LUFTFAHRT: Nach dem Absturz einer historischen «Ju-52» im August 2018 mit zwanzig Todesopfern hat der Bundesrat die Vorschriften für Flüge mit historischen Luftfahrzeugen verschärft. Die beschlossenen Änderungen der Luftfahrtverordnung treten am 1. Oktober in Kraft. Kommerzielle Flüge mit Luftfahrzeugen der Kategorie «Historisch» sind nicht mehr erlaubt. Für nicht gewerbemässige Flüge von Vereinsmitgliedern gibt es Restriktionen: Unter anderem dürfen noch maximal neun Personen an Bord eines historischen Flugzeugs gehen, darunter sechs Passagiere. Der Bundesrat will so den Risiken besser Rechnung tragen, die mit Flügen mit historischen Luftfahrzeugen einhergehen können.
BUNDESFINANZEN: 2022 ist das dritte Jahr in Folge, in dem die Covid-19-Pandemie mit Milliardenausgaben zu Buche schlägt. Der Bund erwartet gemäss Hochrechnung ein Finanzierungsdefizit von rund fünf Milliarden Franken. Das sind mehr als die budgetierten 2,3 Milliarden Franken. Der Bundesrat ist über die Zahlen informiert worden. Grund für das Defizit sind ausserordentliche Ausgaben von 7,4 Milliarden Franken. Der grösste Teil dieses Betrages hat einen Zusammenhang mit der Pandemie. Voraussichtlich 0,9 Milliarden Franken entfallen auf die Schutzsuchenden aus der Ukraine. Im ordentlichen Haushalt rechnet der Bund gemäss derzeitiger Schätzung mit einem Finanzierungsüberschuss von 0,7 Milliarden Franken statt des budgetierten Defizits von 0,6 Milliarden.
ENERGIE: Private können künftig Lärmschutzwände oder Rastplätze entlang von Nationalstrassen gratis für die Installation von Solaranlagen oder zur Gewinnung von Windkraft oder Geothermie nutzen. Das hat der Bundesrat mit einer entsprechenden Anpassung der Nationalstrassenverordnung beschlossen. Ein Bericht hatte kürzlich gezeigt, dass das Potenzial von Fotovoltaik entlang der Nationalstrassen 55 Gigawattstunden pro Jahr beträgt. Damit könnte der jährliche Strombedarf von rund 12'000 Haushalten abgedeckt werden. Der Bund wird voraussichtlich Ende 2022 ein Bewerbungsverfahren durchführen, bei welchem Flächen für Fotovoltaikanlagen reserviert werden können.
KONZERNSTEUERN: Während das Parlament in Kürze über die Verfassungsänderung zur schweizerischen Umsetzung der globalen Mindeststeuer für Konzerne beraten wird, hat der Bundesrat bereits die Verordnung dazu in die Vernehmlassung geschickt. Mit der Mindestbesteuerungsverordnung will er die neuen Steuerregeln vorübergehend anwenden. Die Mustervorschriften der OECD/G20 werden mittels eines Verweises für anwendbar erklärt. Der Bundesrat schlägt dem Parlament vor, dass ein Viertel der Mehreinnahmen an den Bund zurückfliessen soll. Parteien, Kantone, Gemeinden und Wirtschaft können sich bis zum 17. November zum Verordnungsentwurf äussern. Die OECD-Mindeststeuer wird voraussichtlich ab 2024 umgesetzt. Ab frühestens 2026 soll ein Gesetz die Verordnung ablösen.
BUNDESANLEIHEN: Der Bundesrat hat ein Rahmenwerk zur Emission von grünen Eidgenössischen Anleihen verabschiedet. Die Erstemission ist für Herbst 2022 geplant. Mit der Emission will die Landesregierung gemäss Mitteilung die Anwendung internationaler Standards auf dem Schweizer Kapitalmarkt fördern und Akteure aus dem Privatsektor zur Ausgabe eigener grüner Anleihen ermutigen. Die mit grünen Anleihen aufgenommenen Mittel dürfen ausschliesslich Ausgaben zugeordnet werden, die eine positive Umweltwirkung haben, schreibt der Bundesrat. Als Beispiel nennt er die Förderung des öffentlichen Verkehrs, die Erhaltung der Biodiversität oder den Bau von umweltfreundlichen Gebäuden.
ZIVILDIENST: Zivildienstleistende sollen bis Ende Juni 2023 im Rahmen von Piloteinsätzen pflegende Angehörige und hilfsbedürftige Menschen zu Hause ambulant unterstützen. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Geltungsdauer der entsprechenden Verordnung um ein halbes Jahr verlängert. Damit wird gemäss der Mitteilung möglich, dass insgesamt hundert Piloteinsätze stattfinden können und eine repräsentative Grundlage zur Evaluation besteht. Bis Ende Jahr wäre das nicht möglich, da interessierte und geeignete Zivildienstpflichtige prioritär zur Bewältigung der Corona-Pandemie und Betreuung von Geflüchteten eingesetzt werden.
BESCHAFFUNGEN: Das Kontroll- und Sanktionssystem, das Sozialdumping im Zusammenhang mit öffentlichen Beschaffungen verhindern soll, funktioniert. Das stellt der Bundesrat in einem Bericht fest. Dennoch will er auf Anraten von Experten das System in mehreren Punkten verbessern. Unter anderem soll es Empfehlungen, Merkblätter, Musterverträge oder Checklisten geben, die die Vergabestellen des Bundes bei der Sicherstellung der sozialen Mindestvorschriften unterstützen. Auch sollen relevante Branchen für soziale Nachhaltigkeit bei Beschaffungen sensibilisiert werden. 2025 soll ein Zwischenbericht zur Umsetzung der Beschaffungsstrategie vorliegen. Den Bericht erstellte der Bundesrat auf ein Postulat von FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois (FR).
VERKEHR: Der Bundesrat kritisiert den geplanten Bau neuer Bergbahnen im Kanton Glarus - einerseits «aufgrund der ungenügenden räumlichen Abstimmung», anderseits wegen des Erschliessens einer bisher unversehrten Geländekammer. Zu einem Bergbahnprojekt bei Elm schreibt der Bundesrat, dass er «grösste Bedenken» habe, ob dieses Vorhaben in Einklang mit dem Bundesrecht stehe. Er lege dem Kanton daher nahe, es nicht weiterzuverfolgen. Insgesamt genehmigte der Bundesrat den Glarner Richtplan zum Verkehr und Tourismus. Damit hat der Kanton seinen Richtplan gesamthaft überarbeitet.
KLIMA: Die Schweizer Delegation will sich an der Klimakonferenz vom November in Ägypten für ein ambitioniertes Arbeitsprogramm einsetzen. Der Bundesrat hat der Delegation das Mandat dazu erteilt. Das Programm soll bis zum Jahr 2030 zu konkreten Beschlüssen der Staaten für Klimaschutz führen. Die 27. Klimakonferenz der Vereinten Nationen findet vom 7. bis zum 18. November 2022 in Sharm el-Sheik statt. Die Schweizer Delegation wird von Umweltbotschafter Franz Perrez geleitet. Auch Bundespräsident Ignazio Cassis und Umweltministerin Simonetta Sommaruga nehmen teil.