Die Maskenaffäre: Wie Emix den Bund unter Druck setzte
Emix Trading hat in der Pandemie mit Masken Millionen verdient. Nun zeigt sich: Das VBS wurde mit falschen Angaben und Versprechen unter Druck gesetzt.
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Das Wichtigste in Kürze
- Emix Trading hatte dem VBS Masken von 3M versprochen.
- Geliefert wurden aber No-Name-Produkte aus China – zum gleichen Preis.
- Wegen Zeitdrucks unterschrieb das VBS den Millionendeal trotzdem.
Neue Dokumente enthüllen die Taktiken der Jungunternehmer von Emix, die in den Anfängen der Corona-Pandemie Millionen-Geschäfte mit dem VBS machten. Zehntausende von Masken wurden damals zu sehr hohen Preisen aufgekauft. Nach einem intensiven Rechtsstreit haben nun «SRF» und der «Tages-Anzeiger» Zugang zu diesen bisher geheim gehaltenen Akten erhalten.
Angebliche Millionenbestellung aus Deutschland
Am 27. Februar 2020 schickte Emix eine dringende E-Mail an das VBS: «Wir brauchen noch heute die Zusage.» Sie bot hochwertige Atemschutzmasken des US-Herstellers 3M an – ein Produkt, das damals weltweit kaum erhältlich war. Doch diese Masken wurden nie geliefert.
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In ihrer E-Mail behauptete Emix gegenüber dem VBS: «Wir haben soeben eine verbindliche Bestellung vom deutschen Staat für die volle Menge von 2 Mio. Stk. erhalten.» Ob es tatsächlich eine solche Bestellung gab, bleibt unklar; Emix konnte dies nicht belegen und sprach lediglich von mündlichen Kaufzusagen.
Zwei Stunden Zeit für Kaufentscheid
Für jede Maske forderte Emix einen Preis von 8.90 Franken und gab dem VBS nur zwei Stunden Zeit zur Entscheidung. Ein Angebot für insgesamt 50'000 Masken wurde daraufhin platziert.
Dreist: Am nächsten Tag versuchte Andrea Tandler, eine Emix-Vermittlerin, die später wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, die gleiche Masche in Bayern. Ihr Kollege habe 3M-Masken mit Filter im Angebot: «Er hat ans Schweizer Militär und die Regierung gestern einen Grossteil verkauft und hat jetzt noch eine Million im Bestand.»
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Die versprochenen 3M-Masken wurden weder an die Schweiz noch an Deutschland geliefert. Stattdessen lieferte Emix chinesische Masken zum gleichen Preis und bezeichnete diese als «valablen Ersatz».
Emix wehrte sich gegen den Vorwurf eines Bluffs und erklärte gegenüber «SRF Investigativ»: «Wie sich herausstellte, konnte kein einziger 3M-Masken-Anbieter, darunter auch reputable Healthcare-Grossisten, die versprochenen 3M-Masken wirklich liefern.» Sie betonte weiterhin den hohen Bedarf und das knappe weltweite Angebot an Masken zur damaligen Zeit.
Das VBS vertraute Emix offenbar völlig
Trotz der fehlenden Dokumente zur formalen Prüfung der Leistungsfähigkeit der Masken schien das VBS vollstes Vertrauen in Emix zu haben. Dies begründete es mit einer Ausnahmeregelung im Beschaffungsgesetz aufgrund der damaligen Notlage.
Margit Widmann, Expertin für Medizinprodukte und persönliche Schutzausrüstung, bemerkte dazu: «Das VBS vertraute Emix offenbar völlig.» Sie stellte fest, dass die Korrespondenz zwischen dem VBS und Emix hauptsächlich Mengenzahlen und Lieferzeiten betraf. Jedoch kaum die Qualität der Masken – ein entscheidender Faktor zur Reduzierung des Ansteckungsrisikos.
Das VBS bestellte innerhalb von drei Wochen Masken im Wert von über 22 Millionen Franken bei Emix. Mit Hinweis auf die steigenden Infektionszahlen riet Emix, «die Lager für die Zukunft ausreichend zu füttern». Was das VBS dann auch tat – ohne genauer hinzusehen.