Economiesuisse liest Bauern die Umwelt-Leviten
Der Bauernverband scheint in seinem Kampf gegen die Agrarreform allein zu sein. Pro Natura und Economiesuisse unterstützen beide die Pläne des Bundes.
Das Wichtigste in Kürze
- Bauernpräsident Markus Ritter ist gegen die vorgeschlagene Agrarreform des Bundes.
- Economiesuisse und Pro Natura sind mit Ritter nicht einverstanden.
- Unter anderem spalten sich die Meinungen bei den Umweltzielen an die Landwirtschaft.
Die jüngsten Aussagen von Markus Ritter (CVP/SG), Präsident des schweizerischen Bauernverbandes, stossen bei Economiesuisse und Pro Natura auf Unverständnis.
Mercosur-Abkommen, Bürokratie und Umwelt
Im Rahmen der Agrarreform, die Agrarpolitik 22+ (AP 22+) genannt wird, steht ein Handelsvertrag mit dem gemeinsamen Markt Südamerikas (Mercosur) an. Ritter stellt sich aber nicht hinter dieses Abkommen, sagte er der NZZ.
Zumindest nicht, wenn das Parlament den Bauern «so viele Vorschriften macht», wie die Reform es vorsehe. Dann würde er Mercosur «vehement» bekämpfen, so der Landwirt. Die Umweltziele, die die Reform ausserdem stellt, sind für Ritter «völliger Mist». Die schweizerische Landwirtschaft sei ökologisch genug.
«Gespielte Empörung»
«Ich kann die gespielte Empörung von Ritter nicht nachvollziehen», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsverbands Economiesuisse.
In den Verhandlungen mit Mercosur seien die Vertreter der Landwirtschaft jeweils eingebunden worden. Sie hätten «klar signalisiert», dass sie mit dem voraussichtlichen Ergebnis einverstanden seien. Er könne die Behauptungen von Ritter nicht einsehen.
Ferner seien Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten für die Exportwirtschaft zentral. «Es wäre unverantwortlich, aufgrund kurzfristiger politischer Spielchen längerfristig den Wohlstand der Schweiz zu gefährden», behauptet der Chefökonom.
Ökologische Ziele nicht erfüllt
Zudem erfülle die Landwirtschaft die 13 ökologischen Ziele des Bundes «bei weitem» nicht. «Der Bundesrat will hier nun konkrete Verbesserungen sehen, das ist nichts als selbstverständlich», sagt Minsch.
Auch Marcel Liner, Landwirtschaftsexperte bei Pro Natura, unterstützt die AP 22+.
«Leider will der Bauernverband den dringend benötigten Wandel in der Agrarpolitik abwürgen und arbeitet auf eine Rückweisung der Vorlage hin. Damit erweist er der Schweiz und den Schweizer Bauern keinen Dienst», beteuert Liner. Die Chance, jetzt zu handeln, um die Natur zu schützen, solle man nutzen.
Jedoch stehe Pro Natura dem Mercosur-Vertrag ebenfalls kritisch gegenüber. «Im Unterschied zu Markus Ritter sehen wir das Problem nicht in der Schweiz, sondern wir sehen vor allem Nachteile in den Mercosur-Ländern durch den Freihandel mit der EFTA», präzisiert Liner.
Die Botschaft zur Weiterentwicklung der AP 22+ wurde im Februar dieses Jahres vom Bundesrat verabschiedet. Sie wird derzeit im Parlament behandelt.