Schweizer Armee

Energiepark auf 2500 m.ü.M.: Für Naturschützer «vertretbar»

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Armasuisse will im Bündner Hochgebirge eine Wind- und Solarenergie-Anlage bauen. Naturschützer sind einverstanden – mit Vorbehalten.

Wind Solar Strom Armee
Visualisierung der Pilotanlage der Armee im Gebiet «La Stadera» auf 2500m. Acht weitere solcher «Windblumen» sollen folgen. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Armee will in der Surselva auf 2500 Metern einen «Energiepark» bauen.
  • Die Hybridanlage soll sowohl Wind- wie Solarenergie nutzen.
  • Umweltschützer attestieren dem Projekt, es stehe nicht im Konflikt mit dem Naturschutz.

Nicht nur wegen der aktuell drohenden Energiekrise wären ein paar zusätzliche einheimische, klimafreundliche Kraftwerke ganz nett. Die vom Volk abgesegnete Energiestrategie 2050 fordert einen Ausbau der erneuerbaren Energien und Bundesrätin Simonetta Sommaruga ermahnt immer wieder: Jetzt braucht es auch Kompromisse beim Landschaftsschutz. Genau ein solches Projekt mit Konfliktpotential startet nun ausgerechnet der Bund. Armasuisse Immobilien, das Immobilienkompetenzzentrum des VBS, will einen «Energiepark» bauen – auf 2500 Metern in den Bündner Alpen.

Testanlage mit Wind- und Sonnenenergie

Bei den Kraftwerksplänen der Armee dürfte aber weniger die Versorgungssicherheit im Zentrum gestanden haben. Sondern der Anspruch, auf 100 Prozent erneuerbaren Strom zu setzen. Deshalb werden auf Waffenplätzen auch ganze Hallendächer mit Solarpanels zugepflastert.

Waffenplatz Bure Photovoltaikanlage
Blick auf die auf dem Waffenplatz Bure (JU) mit seiner Photovoltaikanlage. - VBS/Philipp Schmidli

Oberhalb des Lukmanierpasses, in Sichtweite der Tessiner Grenze, mitten im Felshang soll die Hybridanlage zu stehen kommen. Denn dort steht die nicht mehr benötigte Mittelstation der Militärseilbahn auf den künstlichen Gipfel des 3190 Meter hohen Scopi. In den Gipfel gebaut befindet sich eine, mittlerweile mehrheitlich zivil genutzte, Luftraum-Überwachungsanlage mit zehn Arbeitsplätzen.

Armee braucht weniger Bewilligungen

Anders als bei den umstrittenen hochalpinen Solarprojekten im Wallis sitzt – eigentlich – Armasuisse am längeren Hebel gegenüber den Umweltschützern. Erstens nutzt sie eine bestehende Anlage um, zweitens wurde diese aus militärischen Gründen gebaut. Somit unterliegt sie der Militärgesetzgebung und es braucht lediglich eine Plangenehmigung, die erst noch VBS-intern erteilt wird.

Scopi Luftraumüberwachung Lukmanier Armee
Blick auf den Gipfel des 3190 Meter hohen Scopi oberhalb des Lukmanierpasses, in welchem die Armee Anlagen zur Luftraumüberwachung installiert hat und der via Militärseilbahn erreichbar ist. - Keystone

Das Baugesuch sei eingereicht, der Standort biete gute Bedingungen, schon im Herbst werde mit der Installation eines Prototyps begonnen. Das VBS setzt auf sogenannte «Windblumen», Windräder mit einem Kranz aus Solarpanels untenrum. Die Testanlage soll im Herbst 2023 in Betrieb gehen und im Jahr rund 60 MWh Strom liefern. Wenn alles klappt, sollen insgesamt neun Windblumen installiert werden.

Naturschützer mit Vorbehalten

Soll die Armee zugunsten der energetischen Landesverteidigung die Alpen verschandeln dürfen? Mit der angestrebten halben Gigawattstunde pro Jahr allein werden die Klimaziele nicht erreicht. Andererseits ist dies immerhin etwa gleichviel, wie die ehemals grösste Photovoltaik-Anlage Europas auf dem Mont Soleil im Berner Jura produziert.

Mont Soleil Solarkraftwerk
Luftaufnahme der Baustelle des Solarkraftwerks Mont Soleil im Berner Jura kurz vor der Einweihung und Inbetriebnahme, aufgenommen am 24. April 1992. - Keystone

Die Umweltorganisationen seien anfänglich für den Abbruch der Mittelstation im Rahmen des Neubaus der Seilbahn gewesen, sagt Armando Lenz. Der Geschäftsführer von Pro Natura Graubünden betrachtet das Projekt auch heute noch kritisch. «Für uns ist es wichtig, dass die Biodiversitätskrise und die Klimakrise gemeinsam angegangen werden, und diese nicht gegeneinander ausgespielt werden.»

Lukmanier Scopi Armasuisse Energiepark
Der Lukmanier-Pass mit dem Stausee «Lai da Sontga Maria», der Militärseilbahn (orange) auf den Scopi (Kreis) und der ehemaligen Mittelstation im Gebiet «La Stadera» (rot). - geo.admin.ch

Immerhin: «Das Projekt fügt sich gut in die Landschaft ein und steht nach jetzigem Wissensstand nicht im Konflikt mit dem Naturschutz.» Noch ausstehend sei eine Beurteilung der Auswirkungen durch den Energiepark auf die Vogelwelt. Die laufenden Untersuchungen dazu könnten im Rahmen der Testanlage fertiggestellt werden, so Lenz.

Pro Natura: «Auswirkungen vertretbar»

Dies bestätigt Armasuisse-Sprecherin Margrit Schwaller auf Anfrage. Dies sei eine der Anregungen gewesen im Rahmen mehrerer Informationssitzungen mit Umweltverbänden, Grundeigentümern und der öffentlichen Hand. «Armasuisse Immobilien hat die Schweizerische Vogelwarte beauftragt, eine Studie zur Erfassung des Vogelzugs im Bereich der Testanlage Stadera vorzunehmen.» Die Studie werde voraussichtlich Ende 2022 vorliegen.

Pro Natura Lucomagno Lukmanier
Das Pro-Natura-Zentrum Lucomagno unweit des Lukmanier-Passes. - pronatura-lucomagno.ch/Andrea Persico

Der frühzeitige Einbezug aller Interessensgruppen scheint sich gelohnt zu haben. So bestätigt Armando Lenz von Pro Natura Graubünden, dass Bedenken ausgeräumt werden konnten. «Aufgrund einer Begehung vor Ort und der vorliegenden Visualisierungen können wir bestätigen, dass die landschaftlichen Auswirkungen vertretbar sind.»

Kommentare

User #4763 (nicht angemeldet)

Der Mensch wird beim Betretten der Natur gelenkt, Wildschutzzone,,,, dafür ist mit dem grünen Anstrich, dass zu betonieren der Natur erlaubt.

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