«Es ist ein Skandal»: SVP-Vorstoss zu Asyl für Afghaninnen vertagt
Der Nationalrat will zuerst die zuständige Kommission entscheiden lassen, ob Afghaninnen weiterhin Anrecht auf Asyl haben. Die SVP reagiert verärgert.
Das Wichtigste in Kürze
- Afghaninnen haben seit Juli anrecht auf Asyl. Das sei nicht rechtens, sagt die SVP.
- Ein Vorstoss sollte dies ändern, doch der Nationalrat wollte nicht debattieren.
- Das sei – genauso wie der Asyl-Entscheid – ein Skandal, sagt SVP-Nationalrat Gregor Rutz.
«Es ist ein Skandal», schimpft SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Seine Fraktion hatte eigens eine ausserordentliche Session beantragt zum Thema «Asylpraxis in Bezug auf Afghaninnen». Üblicherweise werden in ausserordentlichen Sessionen die Vorstösse zum aktuellen Thema bevorzugt behandelt, weil einem mindestens einem Viertel des Nationalrats dies dringend erscheint. Den Viertel stemmt die SVP im Alleingang, den Vorstoss auch: Denn die von Gregor Rutz eingereichte Motion war das einzige Traktandum – und war innert weniger Minuten vom Tisch.
Skandal auf mehreren Ebenen
Dass es für einmal schnell ging, könnte Rutz noch verschmerzen. Doch der Nationalrat hat aufgrund des Ordungsantrags von Mitte-Präsident Gerhard Pfister die Motion gar nicht beraten. Zuerst solle die dafür zuständige Staatspolitische Kommission des Nationalrats darüber befinden.
Dabei sei der Skandal doch, dass das Staatsekretariat für Migration (SEM) die neuen Regeln überhaupt in Kraft gesetzt habe: Dass generell alle afghanischen Frauen Asyl erhalten sollten, einfach aufgrund ihrer Nationalität. Dazu habe das SEM gar keine Kompetenz.
Dass das Parlament nicht darüber reden will, ist das zweite Ärgernis für Rutz. Der SEM-Entscheid habe weltweite Ausstrahlung: «Es ist faktisch eine Einladung an 10 Millionen Afghanen, die irgendwo auf der Flucht sind.»
Um diese gehe es primär, denn aus Afghanistan selbst fänden kaum Frauen den Weg in die Schweiz. Die Sogwirkung, die Rutz befürchtet und die jetzt während den Kommissionsberatungen bestehen bleibt, wirke auf Flüchtlinge in einem sicheren Nachbarland. «Aber diejenigen, die in die Schweiz kommen, die werden nicht zurückgeschickt – das Problem stellt sich im Hinblick auf afghanischen Frauen also gar nicht.»
Hoffen auf den neuen EJPD-Chef Jans
Das SEM hatte im Juli 2023 entschieden, dass Frauen aus Afghanistan in der Regel Asyl zu gewähren sei. Am Wochenende wurde bekannt, dass das Bundesverwaltungsgericht zwei Afghaninnen Recht gab, die ausgewiesen werden sollten.
Dass die SVP Afghaninnen nicht helfen wolle, stellt Rutz in Abrede. Doch habe es schlicht nicht Platz für 10 Millionen afghanische Flüchtlinge. Einen solchen «Pull-Effekt» konnte das SEM bislang zwar nicht feststellen – vor allem Afghaninnen, die bereits im Land seien, würden jetzt vermehrt neue Asylgesuche stellen.
«Das Schlimme ist einfach, dass wir ein Staatsekretariat haben, das eine Eigendynamik entwickelt», betont Rutz. Generell allen Personen einer Gruppe Asyl zu bewilligen, sei im Asylgesetz gar nicht vorgesehen. Das könne nur der Bundesrat im Rahmen des «Status S» entscheiden.
«Wir müssen schauen, dass das jetzt korrigiert wird unter dem neuen Departementsvorsteher», hofft Rutz. Am Donnerstag hatte der Bundesrat in neuer Zusammensetzung entschieden, dass Elisabeth Baume-Schneider ins EDI wechselt und Neuling Beat Jans das EJPD übernimmt.