Evakuierung Bundeshaus sorgt für geistig verwirrte Hunde

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Die Evakuierung des Bundeshauses hat auch international Schlagzeilen gemacht. Nicht immer ging alles mit rechten Dingen zu. Ein Kommentar.

Roboter Bundesplatz Sprengstoff Evakuierung
Ein Roboter der Kantonspolizei Bern untersucht das verdächtige Auto auf dem Bundesplatz auf Sprengstoff. - Twitter/@spreiter

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Evakuierung des Bundeshauses sorgte auch für internationale Schlagzeilen.
  • Die Artikel ähneln sich zwar inhaltlich, liegen aber auch oft knapp daneben.
  • Liegt es an mangelnden Deutschkenntnissen? Ein Kommentar.

Wenn in der heilen Welt der Schweiz das Parlamentsgebäude wegen Terror-Gefahr evakuiert wird, interessiert dies auch bis ins hinterste Vorderindien. Wirklich wahr: Selbst die «Hindustan Times» übernahm die Agenturmeldung zum «Bomb scare at Swiss parliament».

Auch in Grossbritannien, Israel, den USA, der Slowakei oder Kamerun hiess es: «Alerte à la bombe». Nur – wirklich interessiert hat dies offenbar die wenigsten. Doch das ist noch das kleinste Problem.

Braucht dieser Hund einen Psychologen?

Ob in den sozialen Medien oder den Online-Portalen: Die ausländischen Leser der Schreckensmeldung aus Switzerland kommentieren die Meldung nicht einmal. Wenn man von Kommentaren, die Werbung für Bitcoin-«Experten» machen, einmal absieht. Dabei klingen die Schlagzeilen vergleichsweise dramatischer als hierzulande.

Schlagzeilen Evakuierung Bundeshaus
Die internationalen Schlagzeilen über die Evakuierung des Bundeshauses waren meist fast ganz korrekt. - Screenshots / Nau.ch

So vervielfältigte sich der Satz der Agentur AP, wonach der festgenommene Mann Sprengstoff auf sich getragen habe. Wenn doch mit einem Schnelltest lediglich Sprengstoff-Spuren an seinem Körper festgestellt wurden. «Man with explosives arrested» heisst es darum nicht nur in Indien, sondern auch bei der renommierten «Washington Post». Das gleiche Bild auch im Westjordanland bei «Israel National News», beim «Daily Mirror» aus London, «Fox 44 News» in Texas und «Yahoo!».

Das kommt jetzt halt davon, wenn man Polizeimeldungen mit «Google Translate» übersetzt. Bei «Samakalika Malayalam Vaarika» werden die Leser in Kerala informiert, der junge Mann sei gar samt Sprengstoff im Gebäude gewesen. Und der geistige Zustand des Polizeihunds werde überprüft.

Switzerland Parliament Armed Suspect
Ein Sprengstoff-Experte geht vor dem Bundeshaus vorbei, am Dienstag 14. Februar 2022. - keystone

Gemäss «Plus JEDEN DEN» aus Bratislava ist der Verhaftete zuvor im Parlamentsgebäude herumgerannt. Höchstwahrscheinlich jedenfalls, denn wir sprechen weder Malayalam noch Slovakisch. Wir vertrauen diesbezüglich ganz auf die herausragenden Fähigkeiten von «Google Translate».

Erinnerungen ans Telefon-Spiel

Immerhin schaffen es die meisten Portale, das Ereignis wenigstens korrekt zu bebildern. Nur bei «News NCR» löst man das optische Identifikationsproblem elegant mit einem Bild von vor zwei Jahren. Abgelichtet ist der Eingang zum Hotel Bellevue – dort hat es wenigstens jede Menge Schweizerfahnen.

Wie verhängnisvoll kleine sprachliche Missverständnisse werden können, wenn sich tatsächlich mal jemand fürs Thema interessiert, zeigt aber «time.news». Zunächst landet man auf einem Artikel, gemäss dem «ein mit Bomben beladener Angreifer» ins Schweizer Parlamentsgebäude eingedrungen sei.

Malayalam Evakuierung Bundeshaus Sprengstoff
So berichtet das Portal «Samakalika Malayalam Vaarika» über die Evakuierung des Parlamentsgebäudes (hinten), und so übersetzt dies «Google Translate» (vorne). - Screenshot samakalikamalayalam.com/google.com / Nau.ch

Empfohlen wird sodann ein Artikel mit Titel «Anschlagsplan auf das Parlament in der Schweiz –Jugendlicher mit Bombe erwischt». Auch hier gibt es eine Artikel-Empfehlung: «Bomber stürmt das Schweizer Parlament» lautet die noch schlechtere Übersetzung in noch schlechterem Englisch.

Bomber im Parlament: Könnte das auch bei uns passieren?

Wir lernen daraus: Das Ausland sollte Schweizer Berichterstattung mit Vorsicht geniessen. Eventuell sollte aber auch die Schweiz ausländische Berichterstattung mit Vorsicht geniessen. Denken Sie daran, wenn sie das nächste Mal lesen, die USA habe einen Ballon, so gross wie drei Busse, mit Kampfjets abgeschossen.

News NCR Evakuierung Bundeshaus
Ein Sandsteingebäude und eine Menge Schweizerfahnen, plus eine Frau mit Maske, die vorbeigeht: Das muss doch ganz bestimmt das Bundeshaus am 14. Februar 2023 sein, oder? - Screenshot newsncr.com

Oder diese Meldung bei diesem News-Portal von Ende 2019, wonach in Zentralchina eine mysteriöse Lungenkrankheit ausgebrochen sei. Niemand anderes berichtete davon – soll man das also ernst nehmen? Mit Sicherheit wussten wir das erst Monate später.

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