Experte Stahel hätte lieber klassischen Militärdenker als Armeechef
Der neue Armeechef sorgt für Stirnrunzeln. Strategie-Experte Albert A. Stahel wäre ein «klassischer Militärdenker» lieber als Cyber-Krieger Thomas Süssli.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit Thomas Süssli wird ein Quereinsteiger und Cyber-Experte neuer Armeechef
- Strategie-Experte Albert A. Stahel beurteilt dies kritisch.
- Von der Wahl Süsslis ist er aber nicht überrascht.
Verteidigungsministerin Viola Amherd setzt den altgedienten Offizieren einen Quereinsteiger vor die Nase. Noch dazu einen, dem kein Pulverdampf-Geruch anhaftet: Thomas Süssli hat unter anderem eine Sanitäts-Kompanie kommandiert und war zuletzt Chef der Cyber-Defence. Cyber ist im Trend – aber geschossen wird im Krieg trotzdem immer noch, mahnt Strategie-Experte Albert A. Stahel.
Thomas Süssli ist keine Überraschung
Kein Problem darin sieht offenbar die Schweizerische Offiziersgesellschaft. Thomas Süssli sei eine gute Wahl, wenn auch unerwartet. In beiden Punkten wiederspricht der vormalige Oberstleutnant der Fliegertruppen Stahel.
Thomas Süssli sei eine logische Konsequenz, so Stahel. «Amherd glaubt, wie offenbar die Mehrheit in ihrem Departement, an den Cyberwar und weniger an die klassische Bedrohung.» Inhaltlich also ganz und gar nicht unerwartet: «Und der frühere Armeechef André Blattmann dürfte Süssli gezielt gefördert haben.»
Nicht schlimm, aber…
Stahel macht keinen Hehl daraus, dass er mit dem Cyber-Hype nicht viel anfangen kann. Ist die Ernennung von Thomas Süssli zum neuen Armeechef also ein Fehler? «Schlimm ist es nicht», meint Stahel achselzuckend, «aber ich hätte auf einen klassischen Militärdenker gesetzt. Einen der weiss, wie Raketenbedrohung und Nuklearwaffen wirken.»
Also nicht einen ehemaligen Banker und IT-Unternehmer. Der Cyber-Krieg stehe vielleicht am Beginn eines Konflikts. Danach aber geht Stahel nach wie vor vom Einsatz von Artillerie, Bodentruppen und Kampfjets aus.
Auf diesen Punkt legt auch die Offiziersgesellschaft den Finger: In erster Linie sieht sie Süsslis Aufgaben nicht im Cyberbereich. Sondern bei der Weiterentwicklung der Armee (WEA) und der Beschaffung neuer Waffensysteme – lies: Abwehrkanonen und Kampfjets.
…problematisch für die Armee
Wird die Ernennung eines Bildschirm-Soldaten also für Unruhe sorgen in der Armeeführung? Stahel winkt ab: «Nein, nein, die sind zu lethargisch, die ruhen sanft.» Problematisch sei das für die «Nomenklatura» nicht. Aber auf anderer Ebene: «Für die Vorbereitung der Armee auf eine Auseinandersetzung.»
Wie sagt der Volksmund: Vorbereitung ist die halbe Miete. Die Prioritätensetzung sieht Stahel als gegeben an: «Die klassische Kriegsführung gehört dabei an erste Stelle. Cyberwar ist nur die Einleitungs-Musik.»