«Flexible Neutralität»: Harsche Kritik an VBS-Bericht
Nato-Kooperation & Neutralität: Parteien kritisieren den Bericht zur Schweizer Sicherheitspolitik im Auftrag des VBS als «Farce» und «Gefälligkeit».
Das Wichtigste in Kürze
- Das VBS hat einen Bericht zur Zukunft der Sicherheitspolitik bestellt.
- Die darin postulierte «flexiblere» Neutralität sorgt für heftige Kritik.
- SVP, SP und Grüne kritisieren die Einseitigkeit des Berichts.
Das VBS von Viola Amherd wollte wissen, wie eine zukunftstaugliche Schweizer Sicherheitspolitik ausgestaltet werden könnte. Sie setzte dazu eine breit zusammengesetzte, externe Studienkommission ein.
Nach einem Jahr Arbeit legte diese heute nun ihren Bericht vor. Einige der 100 Empfehlungen sorgen schon kurz nach der Veröffentlichung für heftige Kritik: zur «flexiblen» Neutralität, zur Nato-Kooperation, oder schlicht zur Zusammensetzung der Kommission an sich.
Vorwürfe an Amherd: «Farce» und «Gefälligkeit»
Nun gibt es durchaus auch positive Reaktionen, zum Beispiel von der «Allianz Sicherheit Schweiz». Sie begrüsst die Aufstockung des Armeebudgets, die internationale Zusammenarbeit und vor allem die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit. Allerdings sitzen auch vier Mitglieder der Studienkommission, inklusive des Präsidenten, im Vorstand der Allianz.
Anders tönt dies aber in der Parteienlandschaft, und zwar ausnahmsweise fast gleich von ganz links wie ganz rechts. Die Studienkommission sei politisch einseitig zusammengesetzt gewesen und lege nun ein «Gefälligkeitsgutachten» vor, kritisiert die SVP. Beinahe gleich, als «reine Gefälligkeitsarbeit», tituliert den Bericht die SP.
Die Grünen pflichten dem bei: «Willkürliche Zusammensetzung, verweigerter Dialog, einseitige Themenwahl: Der Bericht der Studienkommission Sicherheitspolitik ist eine Farce», sagt Nationalrätin Marionna Schlatter. Obwohl sie sogar selbst, als Vertreterin der Grünen, Mitglied der Kommission war, dort aber auf Granit biss. «Eine Farce» sei das, heisst es bei den Grünen, «politisch einseitig» bei der SVP.
Grüne und SVP einig: Amherd gefährdet Neutralität
Beide Parteien stören sich besonders an der Empfehlung, vermehrt mit der EU und der Nato zusammenzuarbeiten. Die Grünen schimpfen über die «Nato-Umarmungsstrategie» von Bundesrätin Amherd. Diese belaste das internationale Ansehen der Schweiz als militärisch neutraler Staat und damit die Glaubwürdigkeit in diplomatischen Vermittlungen.
Die SVP wundert sich schon gar nicht mehr: «Dass Bundesrätin Amherd die Schweizer Neutralität zerstören und sich in die Arme von Nato und EU werfen will, ist ein offenes Geheimnis.»
Parteien setzen auf eigene Themen
Die SVP lehnt jegliche Annäherung sowohl an die Nato wie auch an die EU strikt ab. Sie lässt die Gelegenheit nicht aus, etwas Werbung in eigener Sache zu machen. Dagegen helfe nur die Neutralitäts-Initiative der SVP.
Die Grünen bemängeln die Themensetzung und die Auswahl der Experten. So seien der Rüstungschef und die Rüstungsindustrie eingeladen worden, nicht aber etwa das renommierte Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI).
Denn zu einer vorausschauenden Sicherheitspolitik gehörten auch die zivile Friedensförderung, Konfliktprävention und Klimaschutz. «Alles andere ist Sicherheitspolitik mit Scheuklappen», kritisiert Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter.