Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative reisst Parteigräben auf
Heute läuft die Vernehmlassungsfrist für den Gegenvorschlag der Biodiversitätsinitiative aus. Den linken Parteien gehen die Vorschläge nicht weit genug.
Das Wichtigste in Kürze
- Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates stimmt niemanden zufrieden.
- Den konservativen Parteien geht er zu weit, den linken fehlt es an Massnahmen.
SVP, FDP und der Mitte-Partei geht der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates zur Biodiversitätsinitiative zu weit. Grüne, SP, Grünliberale und der Heimatschutz als Trägerverein der Initiative hingegen kritisieren die Vorschläge vom Uvek als ungenügend.
Der Gegenvorschlag des Bundesrates nehme einige der Forderungen aus der Initiative auf, die von hoher Relevanz seien. Das heisst es in einer Mitteilung des Schweizer Heimatschutzes im Namen des Trägervereins der Initiative. Die Vernehmlassungsfrist für den Gegenvorschlag läuft am heutigen Freitag ab.
So lege der Bundesrat einen Schwerpunkt auf die Flächensicherung und damit auf die ökologische Infrastruktur für die Biodiversität. Dabei sei entscheidend, die noch wertvollen Flächen wirksam zu sichern und eine funktionale ökologische Infrastruktur aufzubauen. Das Flächenziel des Bundesrates bleibe dabei aber quantitativ und qualitativ hinter den tatsächlichen Erfordernissen zurück.
Grüne begrüssen Stossrichtung des Bundesrats, aber...
Die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» (Biodiversitätsinitiative) war Anfang September vergangenen Jahres mit 108'112 Unterschriften vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» eingereicht worden.
Mit einer Anpassung der Bundesverfassung will die Initiative den Bund und auch die Kantone zum Schutz und zur Schonung von Biodiversität und Landschaft verpflichten. Sie fordert dafür mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Der Bundesrat schlägt vor, dass Biodiversitäts- und Schutzgebiete insgesamt 17 Prozent der Schweizer Landesfläche ausmachen sollen. Derzeit liegt der Anteil dieser Schutzflächen bei 13,4 Prozent. Das Ziel von 17 Prozent ist nicht neu: der Bundesrat hatte es bereits 2012 in seiner Strategie Biodiversität Schweiz festgelegt.
Die Grünen begrüssen zwar die Stossrichtung des bundesrätlichen Gegenvorschlags. Allerdings reiche es nicht, «die bisherige – offensichtlich ungenügende – Politik gesetzlich festzuschreiben und sie geringfügig mit dem ökologischen Ausgleich in Siedlungen und Agglomerationen zu stärken», heisst es in einer Mitteilung der Partei. Zudem fehle die ökologische Infrastruktur von Schutz- und Vernetzungsgebieten als zentrales Element.
SP und Grüne fordern Erhöhung des Flächenziels
Die Grünen schlagen vor: das Flächenziel für die Schutzgebiete ebenfalls in ein revidiertes Landwirtschaftsgesetz aufzunehmen. Und es als Zwischenziel zu formulieren. Dabei solle es von den vom Bundesrat vorgeschlagenen 17 Prozent auf 20 Prozent der Landesfläche erhöht werden.
Ins gleiche Horn stossen die Grünliberalen: Sie unterstützen laut Mitteilung das langfristige Flächenziel von 30 Prozent gemäss der Biodiversitätskonvention der Uno, das nicht nur von der EU, sondern auch von der Schweiz offiziell unterstützt werde. Kaum ein anderes OECD-Land habe nämlich so einen schlechten Zustand der Biodiversität wie die Schweiz.
Es sei daher für die Grünliberalen unverständlich, dass der Bundesrat in der Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) nur ein Flächenziel für den Schutz der Kerngebiete von 17 Prozent bis 2030 fordere. Auch die SP verlangt ein Zwischenziel von mindestens 20 Prozent bis 2030.
Für einen zielführenden indirekten Gegenvorschlag reiche es nicht, wenn der Bundesrat bei der Biodiversität nur seine bisherige Politik bestätige. Und neu in erster Linie eine Stärkung des ökologischen Ausgleichs in Siedlungen und Agglomerationen vorsehe. Das schreibt die SP weiter.
Mitte und SVP kritisieren bundesrätlichen Gegenvorschlag
Die SVP lehnt den Gegenvorschlag des Bundesrates zur Biodiversitätsinitiative «entschieden» ab, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Dieser dürfe nicht «zu starken Nutzungsbeschränkungen und materiellen oder gar formellen Enteignungen» privater Eigentümer oder Berechtigter führen.
Die FDP stimme zwar mit der Analyse des Bundesrates überein, dass die Biodiversität in der Schweiz sich heute in einem besorgniserregenden Zustand befinde. Das schreibt die Partei in einer Mitteilung.
Die Schweiz habe bis Ende 2020 nur wenige der nationalen Biodiversitätsziele erreicht. Und komme auch seiner Verpflichtung im Rahmen der internationalen Biodiversitätskonvention nicht nach. Der Handlungsbedarf sei somit für die FDP klar gegeben.
Die Mitte-Partei beurteilt den bundesrätlichen Gegenvorschlag ebenfalls «kritisch», wie sie in einer Mitteilung schreibt. Dieser würde die Kompetenzen des Bundes zum Nachteil der Kantone. Und somit auch zum Nachteil eines praxisnahen, auf Lokalkenntnisse aufbauenden Naturschutzes ausweiten.