«Gerne» Auskunft zu geben kann ihre Gesundheit gefährden

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Bundespräsident Alain Berset ist im Visier der Medien, weil er mit den Medien zu nett gewesen sein soll. Lesen Sie hier, warum auch Sie zurücktreten sollten.

WEF Alain Berset
Bundespräsident Alain Berset spricht im «House of Switzerland» während dem WEF 2023, am Donnerstag, 17. Januar, in Davos GR. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrat Bersets Kommunikationschef Peter Lauener soll Corona-Infos geleakt haben.
  • Zu den Einzelheiten gibt es zahlreiche Spekulationen.
  • Ein Kommentar über die Zusammenarbeit von Medien und Politik.

So ist der Mensch: Manchmal würde man gerne etwas wissen, was einen vielleicht gar nichts angeht. Direktbetroffene zu fragen wäre entweder unanständig, wenig erfolgversprechend oder gar gefährlich, weil Blicke ja töten könnten. Ist die Arbeitskollegin schwanger oder hat man lediglich den Trend hin zu mehr Umstandsmode verschlafen? Fragen Sie stattdessen besser die Grossraumbürositznachbarin oder den Influencer Ihres Vertrauens.

«Gerne» gibt man Auskunft

Desgleichen, wenn man als Journalist wissen möchte, ob ein Bundesrat in seinem Job unglücklich sei. Oder hat man lediglich den Trend hin zu mehr hängenden Mundwinkeln verpasst? Ihn selbst kann man schlecht fragen und seine Gschpänli haben wohl, um einen berühmten ehemaligen Landesregierungsvertreter zu zitieren, keine Lust. Seine Entourage wiederum wird kaum bestätigen, «jawohl, der Chef isst nur noch Salat, ohne Sauce, und ohne Lust.»

Fahren einen Sonderzug: Der neu gewählte Bundespräsident Alain Berset, vorne, und Noch-Bundespräsident Ignazio Cassis, nehmen am 15. Dezember 2022 Platz, auf dem Weg zur Bundespräsidenten-Feier, in Bern. - Keystone

Also fragt man die Nächstbesten, die gewisse Einblicke und weniger Gewissensbisse haben: die Mitarbeiter anderer Bundesräte. Wie das eine «Blick»-Journalistin tat, die Bundesrat Ignazio Cassis als permanent defensiv wahrnahm und darum bei Berset-Kommunikationschef Peter Lauener anklopfte.

Dieser hatte nun zwei Möglichkeiten: Entweder sich über Gebühr wichtig nehmen und auf das magistrale «keine-Lust-Prinzip» verweisen. Oder sich über Gebühr wichtig nehmen und «gerne, ich melde mich» zurückschreiben. Lauener entschied sich für letzteres, was den Sonderermittler Peter Marti zur Frage veranlasste, was von «derartigen Destabilisierungsversuchen» zu halten sei. Wie hätten Sie reagiert und wie konnte es bloss so weit kommen, dass unnötig höfliche Floskeln wie «gerne» allgemeingebräuchlich werden?

Leaks, Leaks, Leaks: Alles nur Schall und Lauch?

Am Anfang waren die Crypto-Leaks: Im November 2020 publizierten «NZZ» und «Tamedia» Details aus dem geheimen Bericht zur famosen Crypto-Affäre. Davor, im Oktober, wusste auch «CH Media» von Gerüchten, dass ex-Geheimdienstchef und jetziger EDA-Generalsekretär Markus Seiler darin schlecht wegkomme. Also war am Anfang wohl die Crypto-Affäre, sorry.

Schaden die «Corona-Leaks» um Alain Berset und Peter Lauener der SP hinsichtlich der Wahlen 2023?

Oder auch nicht, sondern die Affären-Leaks: Die «Weltwoche» veröffentlichte ebenfalls ab November 2020 Details über Erpressungsversuche einer ehemaligen Affäre von Bundesrat Alain Berset. Da diese noch weiter zurückliegt, stand am Anfang also wenn schon die Affären-Affäre.

Quelle der Affären-Leaks, spekulierte die «NZZ» im Juni 2022, sei Cassis’ rechte Hand, Markus Seiler. Hinter den Crypto-Leaks soll dagegen Bundespräsident Alain Bersets linke Hand, Peter Lauener, stecken. Dies wusste dank dem Crypto-Leaks-Leak im Juni 2022 die «Weltwoche».

Leaks Alain Berset
Läck, so viele Leaks: Bundesrat Alain Berset und sein Team sollen gegen Bundesrat Ignazio Cassis intrigiert haben, und umgekehrt. - Ausrisse Weltwoche/NZZ/Schweiz am Wochenende

Damals lief bereits die Strafuntersuchung von Sonderermittler Peter Marti, in deren Rahmen auch thematisiert wurde, dass der «Blick» sehr direkte Kontakte zu Alain Berset hatte. Über diese «Corona-Leaks» und die Recherche-Methoden von «Blick»-Journalistinnen berichtete «CH Media» aufgrund geleakter Mails und Einvernahmeprotokolle.

Wer leckt als nächstes? Jetzt haben wir den Salat.

Unbeantwortet bleibt vorläufig, wie «CH Media» Einsicht in interne Mails und Sonderermittlereinvernahmeprotokolle erhielt. Wer wollte hier wem eins auswischen? Ohne die Details des Treffens zwischen «Blick»-Journalistin und Berset-Mitarbeiter zu kennen, bleibt auch vieles unklar.

Salaternte
Salaternte - AFP

Wollte Peter Lauener «gerne» mal klarstellen, dass solche Fragen nur zu Bürozeiten beantwortet werden? Tischte er «gerne» intime Details über Cassis’ Salatpräferenzen auf? Bestimmt ist es Cicorino rosso, rot wie Bersets SP, und wohl auch mit Sauce, wahrscheinlich eine Gourmet-Sünde wie «Thousand Island».

Dazu werden wir wohl auf die CH-Media-«Crypto/Corona-Leaks-Leak»-Leaks-Affäre warten müssen. Bis dahin sollten Sie einfach vorsichtig sein, wenn Sie «gerne» Auskunft zu geben vortäuschen möchten. Sonderermittler Peter Marti wäre ja komplett ratlos, was Sie damit zu destabilisieren versuchten.

Kommentare

Weiterlesen

Meghan, Duchess of sussex
13 Interaktionen
Alain Berset erpresst
540 Interaktionen

Mehr aus Stadt Bern

Amherd
130 Interaktionen
Frau auf Parkbank am See
4 Interaktionen
Geschenke
3 Interaktionen