Gratis-Tests: Ist der Aufstand von Grünen, SP & SVP schon vorbei?
SP, Grüne und SVP wollen den Bundesrat zu einer Kehrtwende bei den Gratis-Tests verknurren. FDP-Chefin Petra Gössi schüttelt nur den Kopf.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP, SP und Grüne fordern hartnäckig weiterhin die Beibehaltung von Gratis-Tests.
- Einen Parlamentsentscheid dazu gibt es aber dennoch nicht.
- Bei der FDP stösst diese Offensive auf sehr wenig Gegenliebe.
Noch bevor über das Covid-Zertifikat abgestimmt wird, geht in Polit-Bern der Streit um Gratis-Tests in die nächste Runde. Der Bundesrat soll diese beibehalten, auch über den 11. Oktober hinaus.
Dies fordern sowohl Grüne und SP wie auch SVP, die zusammen im Nationalrat theoretisch eine Mehrheit hätten. Konkrete Entscheide zuhanden des Bundesrats scheiterten aber sowohl in der Gesundheitskommission wie im Nationalrat. FDP-Präsidentin Petra Gössi kritisiert die Forderung nicht nur inhaltlich, sondern auch strategisch: Gemeinsam hinzustehen sei jetzt angesagt.
Bundesrat für Grüne ungenügend
Statt sich festzulegen, hat der Bundesrat letzten Freitag entschieden, dass die Gratis-Tests mindestens zehn weitere Tage lang gratis bleiben. Zudem schlägt er vor, für einmal Geimpfte eine Gnadefrist gelten zu lassen. Das genügt Grünen-Präsident Balthasar Glättli nicht: «Warum der Bundesrat jetzt nicht einlenkt, ist mir nicht einsichtig.»
Es brauche die Gratis-Tests für diejenigen, die sich nicht vom Impfen überzeugen liessen. Glättli konstatiert, dass es jetzt schwierig werde, dies verbindlich durchzusetzen. Für ihn ist aber auch klar, wo der Grund dafür liegt: «Dass die meisten Parteien erst in den letzten Wochen umgeschwenkt sind.»
Indirekt gibt ihm da FDP-Präsidentin Petra Gössi sogar recht, attestiert den Grünen wenigstens Konsequenz. Dass der Bundesrat via Parlamentsentscheid zu Gratis-Tests verknurrt werden sollte, sei reines Politmarketing. Insbesondere bei der SVP: «Es waren ja gerade die SVP-Bundesräte, die die Abschaffung der Gratis-Tests ins Spielt brachten. Die SP wechselt ihre Meinung wie es grad kommt, je nachdem welche Wählerschaft gerade abgeholt werden soll.»
Parlamentsentscheid im Express-Verfahren
Wie auch immer: Glättli ist klar dafür, dass das Parlament dem Bundesrat einen Wink mit dem Zaunpfahl gibt. Er befürwortete noch am Sonntag ein Express-Verfahren, mit dem in der letzten Sessionswoche. So sollte bis Freitag ein verbindlicher Entscheid den Bundesrat zum Einlenken bringen.
Stattdessen bleibt es nun bei mahnenden Briefe der Gesundheitskommission. Doch Glättli bleibt dabei; «Wir brauchen zur Bekämpfung der Pandemie nun mal das Zertifikat, auch an Orten, wo es lange undenkbar war. Um die Akzeptanz hochzuhalten, braucht es eben auch die Gratis-Tests.»
Braucht es nicht, findet die FDP, und das Vorgehen sei alles andere als das viel beschworene Ziehen am gleichen Strick. Wenn schon müsse dem Bundesrat der Rücken gestärkt werden, sagt Parteichefin Gössi. Wichtig sei, dass die Parteien gemeinsam hinstünden und zeigten, dass man die Bevölkerung beruhigen wolle. Und dass gemeinsam ein Weg aus der Pandemie gesucht werde.
«Das ist eine schwierige Aufgabe. Aber wenn man immer nur aufs Wählerpotential schielt und Proteststimmen abholt, hilft man dem Frieden sicher nicht.» So schüre man nur Emotionen und mache die Situation noch schwieriger.
Gratis-Tests: Petra Gössi (FDP) sieht keinen Impfzwang
Auch die Argumentation von Juristen, die Abschaffung von Gratis-Tests sei gesetzeswidrig, weil de facto ein Impfzwang, lässt Gössi nicht gelten. Die Redewendung «zwei Juristen, drei Meinungen» lässt sie wohlweislich bleiben – Gössi ist selbst Juristin.
Sie gehe davon aus, dass der Bundesrat die rechtlichen Fragen geklärt habe und persönlich sehe sie keinen Impfzwang. «Man hat immer noch die Möglichkeit, sich zu testen und es wird niemand ausgeschlossen.»
Dem widerspricht Glättli diametral: Es brauche das Zertifikat zur Pandemie-Bekämpfung und dies bedinge eben auch Gratis-Tests. Ausgeschlossene Menschen gebe es sehr wohl, insbesondere unter den aktuell nicht impfbaren wie den Kindern unter 12 Jahren. «Es tönt jetzt immer so, wie wenn man Getesteten etwas schenken würde. Aber dem ist nicht so: Geschützt wird nicht die Person, die man testet, sondern alle anderen.»