Gute Corona-Noten für Bundesrat – Kantone schiffen ab
Die direkte Demokratie ist ein Hindernis in der Krise und die Kantone machen keine gute Falle: Parteiübergreifend wird der Bundesrat in Schutz genommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ob die gestern verordneten Corona-Massnahmen reichen, wird im Parlament bezweifelt.
- Trotzdem erhält der Bundesrat gute Noten. Er sei aber von den Kantonen ausgebremst worden.
- Grundsätzlich sei der Konflikt zwischen unpolitischem Virus und der direkten Demokratie.
Ob die gestern beschlossenen Massnahmen tatsächlich reichen, um die Kurve abzuflachen, wird in der Wandelhalle des Bundeshauses bezweifelt. Sie seien weniger scharf als in Frankreich oder Deutschland, gibt SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann zu bedenken. «Ich bin nicht sicher, ob das ausreicht, aber das ist jetzt die Wette des Bundesrats. Sonst braucht es halt noch schärfere Massnahmen.»
Ähnlich tönt es bei CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Die Beurteilung sei schwierig, «man weiss nicht, was richtig und was falsch ist». Wichtig sei, dass die Massnahmen jetzt für die gesamte Schweiz gelten.
«Der Bundesrat hat sich lange nicht getraut, durchzugreifen. Jetzt hat er das. Lieber spät als nie!»
Zuerst Zirkus, dann Papi Bundesrat
Mehr und früher, damit wäre man eher auf der sicheren Seite gewesen. Dies dem Bundesrat anzukreiden, das mag man dann aber doch wieder nicht – auch hier besteht Einigkeit. Im Gegenteil, sie habe absolutes Verständnis für den Bundesrat, betont Schneider-Schneiter.
Gerade die Kantone hätten ja den Bundesrat kritisiert, dass er gegen den Föderalismus verstossen habe. «Jetzt hat er auf die Kantone gewartet, dass diese einheitliche Massnahmen beschliessen. Das haben sie nicht gemacht, deshalb war der Bund zu spät.»
Die Verzögerung sei in der Tat ein Problem, bestätigt Nordmann, aber es seien auch alle überrascht worden. Aber eben: «Die Kantone wollten unbedingt ihre Souveränität zurück, sie haben einen grossen Zirkus gemacht. Jetzt wollen die Kantone die schwierigen Entscheide doch nicht ganz treffen und hoffen auf Papi Bundesrat.»
Direkte Demokratie vs. unpolitisches Virus
Papi hat es gerichtet, die Kritik von allen Seiten gab es trotzdem. Er verstehe beide Lager, sagt Nordmann: Einerseits diejenigen, die noch mehr wirtschaftliches und seelisches Leiden verhindern wollen. Andererseits die Wissenschaft, die lieber gleich noch härter durchgreifen will.
Der gutschweizerische Kompromiss nehme aber auch jeden in die Verantwortung. Wem er zu weit geht, muss sich dran halten: «Die Massnahmen sind obligatorisch.» Wer finde, der Bundesrat handle zu zögerlich, könne privat ein bisschen vorsichtiger sein als das bundesrätliche Mindestmass. «Das Problem ist: Das Virus denkt nicht so politisch, hält nicht so viel vom Kompromiss.»
Das politische System sieht denn auch Schneider-Schneiter als Knackpunkt. «Die direkte Demokratie ist sehr gut, aber sehr schwerfällig.» Hinzu komme der starke Föderalismus, insgesamt komme das System in einer Krise an den Anschlag. «Wir müssen noch einiges tun, um krisenresistenter zu werden und künftige Kristen besser bewältigen zu können.»