Horst Seehofer stösst mit Grenzkontrolle bei Schweizern sauer auf
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer will «intelligente Grenzkontrollen». Schweizer Aussen- und Sicherheitspolitiker glauben an eine Symbolpolitik.
Das Wichtigste in Kürze
- Der deutsche Innenminister Seehofer will intelligente Grenzkontrollen zur Schweiz.
- Dies bringe das Schengen-Abkommen in Gefahr, kritisieren Schweizer Politiker.
- Ausserdem sei es «Symbolpolitik» seitens Seehofer.
Am Montagmorgen stösst ein Mann in Frankfurt einen Buben und seine Mutter auf die Gleise. Der Achtjährige verliert dabei sein Leben.
Brisant dabei: Der Täter ist ein «gut integrierter» Eritreer, der in der Schweiz wohnhaft ist. Deutsche Politiker rufen zu Zurückhaltung und Besonnenheit auf. Voreilige Schlüsse zur Tat sollen vermieden werden. Auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer ruft dazu auf.
Doch nun macht ebendieser einen Sprung nach vorne. Seehofer fordert Kontrollen an der Grenze zur Schweiz. «Ich werde alles in die Wege leiten, um intelligente Kontrollen an der Grenze vorzunehmen», so der Innenminister gemäss «Spiegel».
Im vergangenen Jahr seien 43'000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland registriert worden. «Diesem Umstand müssen wir begegnen, durch eine erweiterte Schleierfahndung und anlassbezogene, zeitlich befristete Kontrollen auch unmittelbar an der Grenze. Auch an der Grenze zur Schweiz.»
«Innerdeutsche Symbolpolitik» von Horst Seehofer
Schweizer Aussen- und Sicherheitspolitiker reagieren empört. «Ich verstehe die Aussage von Seehofer eher als innerdeutsche Symbolpolitik», meint etwa der Präsident der Sicherheitskommission Werner Salzmann.
Der SVP-Nationalrat kann sich vorstellen, «dass Deutschland diese Grenzkontrollen nur zwischen sich und der Schweiz fordert. Wenn keine ausserordentliche Situation vorhanden ist, widersprechen staatliche Grenzkontrollen dem Schengenvertrag.» Und kürzlich habe sich sogar die Schweiz für ein schärferes Waffenrecht ausgesprochen, aus Angst aus dem Schengenraum zu fallen.
Gegen gute Grenzkontrollen an der EU-Aussengrenze habe er gar nichts. Im Gegenteil, dies erachte er «als äusserst wichtig». «Und Deutschland würde sich gescheiter für dieses Anliegen stärker einsetzen.»
Die Schweiz ist Schengen-Mitglied. Darum glaubt der SVP-Nationalrat auch nicht, dass Seehofer gegenüber der Schweiz und anderen Schengenstaaten so vorgehen könne. Horst Seehofer könne zusätzliche Massnahmen an der Grenze ergreifen, wenn eine ausserordentliche Situation, wie etwa ein Terroranschlag, eintritt. «Dieser Vorfall in Frankfurt erfüllt meines Erachtens diese Bedingung nicht.»
«Schengen-Abkommen wird gefährdet»
Auch die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission Elisabeth Schneider-Schneiter glaubt an eine Symbolpolitik von Seehofer. «Intelligente Grenzkontrollen – was immer das auch sein soll – entsprechen grundsätzlich nicht dem Schengenvertrag. Solche Massnahmen würden das Schengen-Abkommen gefährden.»
Dabei sei Schengen das wirksamste Abkommen, um die Sicherheit innerhalb der Mitgliedstaaten sicherzustellen. «Mit Grenzkontrollen innerhalb Schengen werden keine Probleme gelöst», so die CVP-Nationalrätin.
Reine Symbolpolitik. Indem man Mauern hochzieht, lassen sich solch tragische Fälle auch nicht verhindern. Im Gegenteil - Seehofer setzt Schengen aufs Spiel. https://t.co/X7vdqK6pv3
— Elisabeth Schneider-Schneiter (@Elisabeth_S_S) August 2, 2019
Sie glaube darum auch nicht, «dass die Aussagen von Seehofer in Deutschland, allen voran von Angela Merkel, goutiert werden.» Auch bei der EU-Kommission werde er mit solchen Forderungen auf Widerstand stossen. Dies sei «reine Symbolpolitik» und tauge nichts, um solche Fälle zu verhindern.
Und: «Es ist eine unnötige Provokation seitens von Horst Seehofer, die uns in der Zusammenarbeit nicht weiterbringt.»
Was es nun brauche, seien intelligente Massnahmen auf Schengen-Ebene, «aber nicht nationale Alleingänge».
«Solche tragischen Fälle kann man mit solchen Massnahmen nicht verhindern. Darum muss mit den Schengenstaaten gemeinsam an tauglichen Massnahmen gearbeitet werden. Und selbst dann sind da, wo Menschen zusammenleben, solche Einzelfälle nicht gänzlich zu verhindern.»