Ist das Rennen völlig offen? So laufen die Bundesratswahlen
Zwei neue Bundesräte werden heute gewählt. Nach den Hearings hielten sich die Parteien über ihre Präferenzen noch bedeckt.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei neue Bundesräte werden heute gewählt.
- Nach den Hearings erhielten alle Kandidierenden fast gleich viel Lob.
- Die ursprünglichen Favoriten, Albert Rösti und Eva Herzog, scheinen aber vorne zu liegen.
Die berüchtigte «Nacht der langen Messer» im Berner Bellevue ist längst zur Folklore verkommen: Man geht hin, weil man hin muss – nicht, weil dort noch Pläne geschmiedet werden. Aber ist bei den Bundesratswahlen alles schon klar, sind die Favoriten Rösti und Herzog so gut wie gewählt?
Parteien halten Spannung hoch
Die zwei SVP-Männer und die beiden SP-Frauen scheinen sich jeweils nur in Nuancen zu unterscheiden. Bei den Parteien gab es immer wieder das gleiche Sprüchlein zu hören nach den Anhörungen, neudeutsch «Hearings». «Wir denken, dass beide Kandidatinnen die Kompetenzen haben, um im Bundesrat zu sitzen», sagte etwa FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier.
Er machte immerhin den Vorbehalt gegenüber der Westschweizerin Elisabeth Baume-Schneider: Sollten mit ihr tatsächlich vier «Lateiner» die Deutschschweizer in die Minderheit drängen, dürfe dieser Zustand nicht allzu lange dauern. Andere hatten keine Bedenken, hatten je nach Gusto generell keine Freude an den SPlerinnen oder den SVPlern. An der Ausgangslage änderte dies nichts: Man fand beide gleich gut oder gleich schlecht, die Grünen fanden beide SVPler «nicht tragbar».
Vorteil Eva Herzog
Einzig die Grünliberalen legten sich in einem Punkt fest: Bei der Nachfolge für SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga sei Eva Herzog ihnen lieber als Elisabeth Baume-Schneider. Wird die GLP damit zum Zünglein an der Waage, wenn sich die Unschlüssigen fifty-fifty verteilen?
Wohl nicht, schon allein deswegen, weil die Bundesratsparteien nicht der GLP solche Entscheide überlassen wollen. Was bei den Grünliberalen offen kommuniziert wird, wird auch bei den anderen Parteien so sein: Es gibt klare Präferenzen. Hört man den Wortführern, aber auch den Kandidaten gut zu, scheinen diese klar bei Rösti/Herzog zu liegen.
So wird gewählt
Nur: Sicher ist nichts, am wenigsten bei Bundesratswahlen, die immer eine eigene Dynamik entwickeln. Oft lange vor der «Nacht der langen Messer». Präferenzen können Gegenreflexe auslösen, Wahlgänge können klarer ausfallen, als sich dies Taktierer ausgemalt haben.
Nach der Würdigung der Zurücktretenden, Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga, wird ein erstes Mal gewählt. Weil Maurer der Dienstälteste ist, wird sein Sitz zuerst bestimmt. Gewählt ist, wer das absolute Mehr erreicht, das heisst eine Stimme mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen. Trifft dies auf niemanden zu, wird zum nächsten Wahlgang geschritten.
Theoretisch kann dies ewig dauern, doch gibt es Einschränkungen, damit dies nicht ausartet. Wer weniger als zehn Stimmen erhält, scheidet aus. Ab dem dritten Wahlgang scheidet auch jeweils die Person aus, die am wenigsten Stimmen erhalten hat. Weil leere oder ungültige Stimmzettel nicht fürs absolute Mehr gezählt werden, können diese aber Einfluss auf den Wahlausgang haben.