Keine mehrheitsfähige Lösung zur Eigenmietwert-Abschaffung in Sicht
Die Abschaffung des Eigenmietwerts droht zu scheitern, da sich National- und Ständerat in zentralen Punkten nicht einigen können.
Die Abschaffung des Eigenmietwerts droht erneut zu scheitern. Zwar stört sich eine Mehrheit beider Räte an der Steuer. Wie der Systemwechsel umgesetzt werden soll, ist jedoch umstritten. In zentralen Punkten sind sich National- und Ständerat nicht einig.
Bei der dritten und letzten Beratung des Geschäfts hat die kleine Kammer am Donnerstag an ihren früheren Entscheiden festgehalten. Sie will den Eigenmietwert nur bei Erstwohnungen abschaffen. Auch bei der Frage des Schuldzinsenabzugs beharrte der Ständerat auf seiner Lösung. Demnach sollen künftig noch Abzüge bis zu siebzig Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zulässig sein.
Die grosse Kammer pocht derweil auf einen vollständigen Systemwechsel. Demnach soll der Eigenmietwert auch bei Zweitwohnungen abgeschafft werden. Gleichzeitig will sie sicherstellen, dass für Kantone die Möglichkeit zur Erhebung einer Objektsteuer auf Zweitwohnungen geschaffen wird. Schliesslich schlägt der Nationalrat beim Schuldzinsenabzug eine andere Methode vor als der Ständerat.
Ständeratskommission empfiehlt Einigung
Die zuständige Ständeratskommission hatte ihrem Rat beantragt, dem Nationalrat in allen Streitpunkten zu folgen – mit der Bedingung, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts gleichzeitig in Kraft tritt wie die neue Verfassungsbestimmung zur Erhebung einer Objektsteuer. Eine Lösung im jahrelangen Streit um die Abschaffung des Eigenmietwerts lag in Sichtweite.
Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone lehnte den Vorschlag im Vorfeld der Wintersession aber ab. Kommissionssprecher Pirmin Bischof (Mitte/SO) liess am Donnerstag gleich zu Beginn seines Votums durchblicken, dass der Absturz der Vorlage deshalb weiterhin ein realistisches Szenario sei.
Nach einer animierten und kontroversen Debatte trat der Ständerat schliesslich nicht einmal auf die Vorlage zur Einführung einer Objektsteuer ein. Diesen Entscheid fällte er mit 26 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung. Noch deutlicher Nein – mit 29 zu 12 Stimmen – sagte er zur Abschaffung des Eigenmietwerts bei Zweitliegenschaften. Mit 26 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung erteilte er schliesslich dem Kompromissvorschlag des Nationalrats beim Schuldzinsenabzug eine Absage.
Bischof betont Komplexität der Vorlage
Die mehr als siebenjährige Geschichte des Geschäfts spreche für sich, sagte Bischof. «Es ist keine einfache Vorlage.» Zwar sei sich die grosse Mehrheit in beiden Räten einig, dass der «europaweit einzigartige» Eigenmietwert abgeschafft und der «steuerrechtlich sonderbare» Schuldzinsenabzug angepasst werden solle. Der Teufel liege aber im Detail.
Die Mehrheit im Ständerat will keinen vollständigen Systemwechsel, weil damit insbesondere Tourismuskantone mit einem hohen Zweitwohnungsanteil erhebliche Einnahmenausfälle zu verzeichnen hätten. Die Kompensationslösung mit einer Objektsteuer für betroffene Kantone würde zusätzliche Fronten öffnen, so der Tenor. Deshalb gelte es, sich auf die Abschaffung des Eigenmietwerts auf Erstwohnungen zu konzentrieren.
Martin Schmid (FDP/GR) erinnerte daran, dass dies bei Beginn der Beratungen vor acht Jahren ein parteiübergreifender Konsens gewesen sei. Demgegenüber habe die Einführung einer Objektsteuer bei Zweitliegenschaften «extrem hohe Hürden». Die entsprechende Verfassungsänderung verlange ein doppeltes Mehr von Volk und Ständen.
Abschaffung dürfte bei Volksabstimmung auf Widerstand stossen
Schon die Abschaffung des Eigenmietwerts beim Erstwohnsitz wird es bei einer Volksabstimmung schwer haben, wie mehrere Rednerinnen und Redner betonten. Der Mieterverband habe angekündigt, das Referendum dagegen zu ergreifen.
Dessen Präsident, Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE), gab zu bedenken, dass die Vorlage das Ungleichgewicht zwischen Hauseigentümern und Mietenden nicht löse. Bei der Abschaffung des Eigenmietwerts handle es sich um eine alte Forderung des Hauseigentümerverbands, die vor dem Volk immer wieder gescheitert sei. Geplant seien «Steuergeschenke für reiche Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer».
Wie Sommaruga liess auch Pascal Broulis (FDP/VD) durchblicken, dass er die Vorlage in der Schlussabstimmung ablehnen werde, weil damit das System nur verkompliziert würde. Zunächst ist noch einmal der Nationalrat am Zug, danach befasst sich voraussichtlich die Einigungskonferenz mit der Vorlage. Eine mehrheitsfähige Lösung ist Stand heute nicht absehbar.