KI-Regulierung: Pläne des Bundesrats in der Kritik
Richtige Richtung, aber zu langsam und zahnlos: Bei der Regulierung der künstlichen Intelligenz gibt es für den Bundesrat schlechte Noten.
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Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat schlägt eine KI-Regulierung analog zu derjenigen des Europarats vor.
- Das stösst grösstenteils auf Zustimmung, doch sei der Bundesrat viel zu langsam unterwegs.
- «Mit angezogener Handbremse und zu wenig weitsichtig», kritisiert die NGO AlgorithmWatch.
Der Bundesrat will sich bei der KI-Regulierung an der KI-Konvention des Europarats orientieren. Das hat er gestern entschieden, doch die Kritik folgt umgehend.
Zwar wird dem Bundesrat meist attestiert, dass die Richtung stimme, aber: Zu zahnlos, zu mutlos und mit zu wenig Tempo sei die Landesregierung in der neuen KI-Welt unterwegs.
In zwei Jahren Vorschlag für KI-Gesetz
Und dies am Tag nach dem grossen KI-Gipfel in Paris: Dort sagte Bundesrat Albert Rösti noch, die Schweiz brauche eine Regulierung der künstlichen Intelligenz.
Das Urteil von Nationalrat Balthasar Glättli (GPS/ZH): «Hier versagt der Bundesrat.» Die Ansätze seien zahnlos und zögerlich, denn der Bundesrat wolle nicht vor 2030 eine gesetzliche KI-Regulierung in der Schweiz.
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Gemäss Glättli muss es schnell gehen – in der bereits heute stark von KI-Technologien geprägten Welt.
Es brauche klare Regeln und Pflichten, Risikoabschätzungen, Transparenz und Schutz vor Diskriminierung. Glättli verweist auf seinen Vorstoss vom letzten Jahr, den Vertreterinnen und Vertreter aller Bundeshaus-Parteien mitunterzeichnet haben.
Auch für die Grünliberalen ist klar: Der Bundesrat muss das Tempo bei KI erhöhen, sagt GLP-Vizepräsidentin Katja Christ.
«Eine Vernehmlassungsvorlage erst in zwei Jahren zu bringen, ist in einem so dynamischen Bereich wie KI unhaltbar.» Während in Deutschland laut über eine «Nato für KI» nachgedacht wird, drohe die Schweiz den Anschluss zu verlieren.
Zu einseitig zugunsten von Unternehmen
Der GLP schwebt zum Beispiel ein Kompetenzzentrum vor, das Forschung und Wirtschaft unterstützen und nötigenfalls koordinieren soll.
Darüber hinaus brauche es aber auch die andere Seite: den Schutz der Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Unternehmen.
Dies bemängelt auch die NGO AlgorithmWatch. Bei Geschäftsleiterin Angela Müller entsteht der Eindruck einer À-la-carte-Regulierung: «Sie zielt vor allem auf ‹Flexibilität› für Unternehmen ab, statt die Interessen und Rechte der Bevölkerung ins Zentrum zu rücken.»
Auch sie findet, der Bundesrat gehe in die richtige Richtung, aber «mit angezogener Handbremse und zu wenig weitsichtig».
KI-Regulierung: Bürgerliche entspannter
Die Bundesratsparteien haben den KI-Richtungsentscheid weitgehend unkommentiert zur Kenntnis genommen.
Die SVP verweist stattdessen auf ihre grundsätzlichen Prinzipien wie Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und Freiheit, die auch bei KI gelten.
Allzu viel Regulierung ist der SVP ein Gräuel, das Thema KI ist für Nationalrat Franz Grüter gar eins der Negativ-Beispiele.
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Mit Verweis auf die EU meinte er an der kürzlichen SVP-Delegiertenversammlung: «Bevor etwas entwickelt ist, wird es schon zu Tode reguliert.»
Eine gewisse Kontrolle brauche es, aber die Priorität liegt für Grüter bei Innovation und Wettbewerb.
Genau umgekehrt tönt es im Positionspapier der SP vom September 2024: Genau das kritisierte KI-Gesetz der EU will sie übernehmen.
Ihr Fokus liegt primär auf Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Deklarationspflicht, erst nachher auf Forschung und Entwicklung.
Der SP-Forderungskatalog geht bis zum Verbot von «Predictive Policing», der vorhersagenden Polizeiarbeit, wie sie der Spielfilm «Minority Report» thematisiert.
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Die FDP verweist auf einen Online-Post ihres Fraktionspräsidenten Damien Cottier. Dieser lobt den Entscheid des Bundesrats und die Anlehnung an die KI-Konvention des Europarats und betont: «Nicht zu verwechseln mit dem KI-Gesetz der EU.»
Die FDP will sowohl Förderung der Innovation als auch Schutz von Demokratie und Menschenrechten – in dieser Reihenfolge.
Die Mitte schliesslich setzt sich «für eine verhältnismässige und pragmatische Regulierung ein, ohne die Innovation zu behindern».
Sie will die Interessen und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellen, wie sie auf Anfrage mitteilt. Auf der Website der Mitte gibt es indes keine Fundstellen zu «künstliche Intelligenz».