Kinder und Genesene sollen bei Impfquote weggelassen werden
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz soll die Impfquote ohne die nicht-impfbaren Kinder berechnen.
- So würde diese höher ausfallen und wäre international vergleichbarer.
- Dies fordert insbesondere der Kanton Thurgau im Hinblick auf den Winter.
Grosse Einigkeit bei den Kantonen: Die Impfoffensive des Bundesrats wird unterstützt. Möglichst viele Personen zu impfen, eine hohe Impfquote zu erreichen, das sei sinnvoll. Bei den Mitteln und Wegen gehen die Kantone mit der Landesregierung aber hart ins Gericht.
Vor allem die Impfprämie von 50 Franken wird zwischen den Zeilen als Schnapsidee abgetan. Im Gegenzug machen viele Kantone aber auch konstruktive Vorschläge, wie ein Impfziel besser zu erreichen sei.
Höhere Impfquote dank «besserer» Berechnung
So beantragt der Kanton Thurgau, «die nicht-impfbaren unterzwölfjährigen Personen aus der Berechnung der Impfquote auszunehmen». So handhabe man das bei vielen ausländischen Impfquotenberechnungen. Eine ähnliche Überlegung macht wohl der Kanton Wallis, der sich ein fixes Impfziel wünscht, aber nach Altersgruppen. Die Gruppe der Kinder wäre dann genau so von den Berechnungen ausgenommen.
Der Gedanke dahinter ist klar, auch wenn vordergründig angeführt wird, die Schweizer Zahlen würden so international besser vergleichbar. Neidisch wird nach Skandinavien, dem Vereinigten Königreich oder der iberischen Halbinsel geschielt, mit Impfquoten zwischen 78 und 86 Prozent. Der Vorwurf: Diese Länder tricksen beim Prozentrechnen. Würde die Schweiz zwecks «Vergleichbarkeit» ebenso kreativ Zahlen jonglieren, stünde sie nicht so schlecht da, wie der Bundesrat dies darstellt.
Rechnen Dänemark & Co. die Impfquote schön?
Tatsächlich berechnet die Schweiz die Impfquote der Gesamtbevölkerung. Tatsächlich tun dies Grossbritannien, Dänemark und Schweden nicht, Spanien macht beides. Spanien und Dänemark rechnen mit allen Personen ab 12 Jahren, Grossbritannien und Schweden gar erst ab 16 Jahren. Also ausschliesslich der Gruppe der «Impfbaren» – aber ist das nun Zahlenschwindel und Statistikoptimierung zum Nachteil der Schweiz?
Zumindest im Kleingedruckten weisen alle Länder auf die Datengrundlage hin, Spanien stellt gar beide Prozentzahlen nebeneinander zur Verfügung. Nicht wegdiskutieren lässt sich, dass sich 82,5 Prozent besser machen als 66 Prozent, wie im Falle Grossbritanniens. Das klingt nach Herdenimmunität, von der die Schweiz, mit knapp unter 60 Prozent, weit entfernt ist. Womit auch schon angedeutet ist: Beim derzeitigen Stand der Dinge lässt sich die Schweiz nicht schönrechnen.
Schweiz kommt nicht an die Besten heran
So weist Portugal über 85 Prozent Geimpfte aus, wohlgemerkt auf die Gesamtbevölkerung gerechnet, nicht nur die Impfbaren. Dänemarks Impfquote dagegen schrumpft von 85 auf knapp 75 Prozent, würde man à la Suisse rechnen. Zehn Prozentpunkte Unterschied macht dies auch bei Spanien aus, in Schweden dagegen fast deren fünfzehn. Damit liegen sie schon fast in Reichweite der Schweiz.
Die Berücksichtigung von lediglich der theoretisch impfbaren Bevölkerung hat indes auch ihre Tücken. So hat Schweden die Datengrundlage im September anpassen müssen, um auch die 16- und 17-Jährigen neu miteinzubeziehen. Es ist gut möglich, dass nächstes Jahr Impfungen zum Beispiel für Kinder ab sechs Jahren zugelassen werden. Dann steigt die Anzahl der Ungeimpften, aber impfbaren plötzlich wieder stark an, die Impfquote sackt ab.
Soll die Schweiz wie andere Länder die Impfquote ohne den nicht impfbaren Teil der Bevölkerung berechnen?
Der Kanton Thurgau geht in seinen Forderungen aber noch einen Schritt weiter: Auch die Genesenen sollen berücksichtigt werden. Sie tragen schliesslich auch zur Herdenimmunität bei.
Das Anliegen ist in der Schweiz zumindest teilweise schon erfüllt. Genesene werden schon nach einer Impfdosis zu den vollständig Geimpften dazugezählt. Die Anzahl Genesener und die Anzahl Geimpfter einfach zu addieren – das wäre dann aber wirklich ein Beschiss.