Klima-Aktivisten blitzen bei Keller-Sutter ab
Nach einer von der Bundesanwaltschaft angeordneten Razzia forderten Klimaaktivisten Karin Keller-Sutter zu einem Gespräch auf. Diese lehnte ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Letzte Woche wurde publik, dass eine Razzia bei Klimaaktivisten stattgefunden hat.
- Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte die Ermächtigung, selbst zu unterschreiben.
- Eine Einladung zum Gespräch mit den Betroffenen lehnte sie jedoch ab.
Drei Mitglieder des Waadtländer Klimastreiks wurden Ende Mai zur Zielscheibe der Bundesanwaltschaft: Mehrere Laptops und Hard Drives wurden beschlagnahmt, die Klimaaktivisten wurden vier Stunden lang von Polizisten verhört.
Das Kollektiv hatte vor einem Jahr zum Boykott der Wehrpflicht aufgerufen, was gemäss Strafgesetzbuch ein Offizialdelikt darstellt. Aufgrund einer Strafanzeige von Nationalrat Jean-Luc Addor (SVP/VS) wurde eine Untersuchung eingeleitet.
Klimastreik besorgt um Anti-Terror-Gesetz
Die Ermächtigung zur Razzia hatte Justizministerin Karin Keller-Sutter persönlich gegeben. Das ist grundsätzlich ein normales Prozedere und wird so vom Gesetz vorgeschrieben, sofern es sich um ein politisches Delikt handelt. Doch die Klimaaktivisten sahen in der Aktion vor allem eine Methode zur Einschüchterung.
Am Freitagabend verschickte einer der drei untersuchten Mitglieder eine Mail an das EJPD. Der Waadtländer wollte mit Karin Keller-Sutter die Sache besprechen.
Einerseits rücke die Abstimmung über das Anti-Terror-Gesetz näher, schrieb er. Andererseits hätten Fälle der staatlichen Einschüchterung und Repression gegenüber sozialen Bewegungen in letzter Zeit zugenommen.
«Wir sind über diese Entwicklung beunruhigt und möchten einige Fragen mit Ihnen besprechen», zitiert der «Tagesanzeiger» das Mail. Die Hauptfrage, welche sich der Klimastreik stelle, sei: «Wird diese Entwicklung bei einer Annahme des Antiterrorgesetzes weiter zunehmen?»
Karin Keller-Sutter: «Bundesanwaltschaft zuständig»
Bundesrätin Keller-Sutter antwortete kurz darauf auf Französisch und veröffentlichte ihre Antwort ebenfalls auf Deutsch. Die Bundesanwaltschaft sei bei der Affäre die zuständige Strafverfolgungsbehörde, so die FDP-Politikerin: «Sie entscheidet allein über die notwendigen Ermittlungshandlungen und erteilt der Bundeskriminalpolizei entsprechende Aufträge.»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am Freitag einen Brief erhalten von Grève du climat – VD. Hier die Antwort:
— EJPD - DFJP - DFGP (@EJPD_DFJP_DFGP) June 5, 2021
https://t.co/fIz65FLyDv pic.twitter.com/CZV6oNyQny
Weder der Bundesrat noch das EJPD habe einen Einfluss darauf. Die Einladung zum Gespräch müsse sie ablehnen, aufgrund der Gewaltenteilung.
Der Klimaaktivist bedaure diesen Entscheid, schrieb er zurück. Er hoffe zudem, «dass dieser Fall das Ende der unnötigen Kriminalisierung von Klimabewegungen markiert.» Die Sache ist damit aber nicht gegessen, wie der «Sonntagsblick» schreibt.
Die Grünen-Fraktion wird eine unabhängige Untersuchung fordern und eine parlamentarische Initiative einreichen. Der Artikel des Strafgesetzbuches, auf welches sich die Strafanzeige Addors stützt, soll gestrichen werden.