Bundesplatz-Besetzung: Aktivisten räumten den Bundesplatz selber auf
Nach einer 47-Stunden-Besetzung des Bundesplatzes hat die Polizei in der Nacht zu Mittwoch etliche Aktivisten abgeführt und das Camp geräumt.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Montag demonstrierten Klima-Aktivisten auf dem Bundesplatz ohne Bewilligung.
- Die Aktivisten haben ein Ultimatum der Stadt zur Räumung am Dienstagabend ablaufen lassen.
- In der Nacht auf Mittwoch räumte die Polizei die Besetzung.
- Die Aktivisten nahmen das gesamte Material wieder mit – bis auf ein Ruderboot.
20.57: In der Nacht auf heute räumte die Polizei gestützt auf einen Räumungsantrag der Stadt Bern den Bundesplatz. Dabei blieben Zelte, Stände und sonstige Gegenstände – darunter auch ein Ruderboot – zurück.
Wie die Kantonspolizei auf Anfrage schreibt, ist die Gemeinde für den Abtransport der auf dem Bundesplatz vorhandenen Infrastruktur zuständig.
Doch die Klima-Aktivisten zeigten sich in dieser Hinsicht gewissenhaft. «Bis auf ein Ruderboot wurde das gesamte Material durch die anwesenden Personen entweder mitgenommen oder von diesen selbständig entsorgt. Das Ruderboot wurde von der Stadt abtransportiert und eingelagert», schreibt die Polizei dazu.
Das heisst jedoch nicht, dass die Besetzung des Kantons keine Kosten verursacht hat. Nach der Räumung waren Reinigungskräfte im Einsatz. Rund um die Aktion auf dem Bundesplatz standen viele Polizisten und auch die Feuerwehr im Einsatz.
Zur Höhe der Kosten schreibt die Kantonspolizei: «Die Abgeltung von Polizeieinsätzen dieser Art sei in einem sogenannten Ressourcenvertrag zwischen der Kantonspolizei Bern und der Stadt Bern pauschal geregelt.»
17.15: Die nächste Aktion der Klima-Aktivisten wurde für den Freitag angekündigt. Um 15:30 Uhr soll auf dem Helvetiaplatz in Bern eine Demonstration stattfinden.
Geräumt ist nicht beendet: #RiseUpForChange ruft zum Klimastreik auf
— Klimastreik Schweiz 🔥 #ClimateJusticeNow (@klimastreik) September 23, 2020
Wir sehen uns diesen Freitag um 15:30 auf dem Helvetiaplatz in Bern#FightClimateInjustice pic.twitter.com/UXwrldo85D
14.56: Am Rande einer unbewilligten Demonstration ist es gestern am späten Nachmittag in Bern zu einer Prügelei zwischen einem Polizisten und einem Passanten gekommen. Ein Video zeigt, wie ein Polizist einem Mann mit einem Kinderwagen einen Faustschlag verpasst, als sich dieser einmischen will.
Das Video kursierte bereits gestern in den sozialen Medien. Wie die Kantonspolizei Bern gegenüber «Watson» erklärt, ist sie daran, den Vorfall detailliert abzuklären. «Es ist uns bewusst, dass solche Bilder einen Eindruck hinterlassen, sie zeigen allerdings lediglich eine Momentaufnahme. Gemäss der Schilderung unserer Mitarbeitenden wurden sie zur Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen gerufen», hält die Polizei fest.
Ihr Fahrzeug sei danach von einer Personengruppe aktiv blockiert worden. Als sie ausstiegen, um dem Fahrzeug Platz zu verschaffen, sei es zu einem kurzen Handgemenge gekommen.
14.28: Bundesrätin Simonetta Sommaruga spricht den Klima-Aktivisten am Tag der Bundesplatz-Räumung via Twitter Mut zu. Die Jugend erwarte von der Politik zu Recht Antworten auf die Klimakrise, schreibt die SP-Politikerin. Heute wird im Parlament über das CO2-Gesetz entschieden.
Der Nationalrat hat den Antrag der Einigungskonferenz zum totalrevidierten CO2-Gesetz bereits gutgeheissen. Nein-Stimmen kamen von der SVP.
13.23: Ende Gelände: Die Polizei hat in der Nacht auf Mittwoch den Bundesplatz geräumt. Nun zieht sie das erste Fazit.
Der Einsatz verlief ohne grösseren Zwischenfälle, wie die Kapo Bern in einer Mitteilung schreibt. Zahlreiche Personen mussten aber von der Örtlichkeit weggetragen werden. Abseits des Bundesplatzes zeigten sich die Personen grundsätzlich kooperativ.
Die weit über hundert Personen, die dieser polizeilichen Aufforderung nachkamen, erhielten eine mündliche Wegweisung und konnten die Örtlichkeit nach Angabe der Personalien verlassen.
Die in den Polizeiräumlichkeiten kontrollierten Personen sowie die weiteren Personen, die sich Anweisungen widersetzten, müssen mit Anzeigen, mehrheitlich wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen und wegen Hinderung einer Amtshandlung, rechnen.
11.34: Während viele Aktivisten die schlaflose Nacht kompensieren dürften, planen andere bereits die nächsten Aktionen. Darunter Kim Teuscher von der Bewegung «Rise Up for Change». Sie resümiert das Camp enttäuscht und ermutigt. Dass das Camp geräumt wurde, sei sehr enttäuschend.
«Aber der Kampf geht weiter, Klimagerechtigkeit jetzt!», fordert die Aktivistin. Die Bewegung sei «stärker und vernetzter denn je». Dennoch lobt Teuscher das Auftreten der Behörden: «Die Polizei hat sich total korrekt verhalten, die Zusammenarbeit hat gut funktioniert.»
Doch wie weiter? Schliesslich haben die Klima-Aktivisten eine ganze Aktionswoche angekündigt. Allzu viel will Teuscher nicht verraten. Nur soviel: Die Ruhe in Bern wird wohl von kurzer Dauer sein. «Am Nachmittag wird wahrscheinlich eine Black-Lives-Matter-Aktion stattfinden», was das heisst, werde sich zeigen.
Einzig angekündigt ist eine Mahnwache am Abend, genauere Infos sind noch nicht bekannt.
Über eine nächste Besetzung oder weitere Demonstrationen wollen die Aktivisten keine Auskunft geben. «Wir werden nicht lange auf uns warten lassen.»
09.29: Das Klima-Camp ist geräumt, teilen die Organisatoren von «Rise Up for Change» mit. «Doch die Klimakatastrophe lässt sich nicht räumen», betonen die Aktivisten. Die Klimabewegung habe während der letzten 48 Stunden gezeigt, wie ein «demokratisches und ökologisches Zusammenleben» aussehen könne.
«Der Gemeinderat und die Polizei haben das nun sabotiert», ärgert sich die Bewegung. Über 200'000 Menschen hätten sich über die Plattform Campax mit der Klimabewegung solidarisiert.
Derzeit laufen noch die letzten Abbau- und Aufräumarbeiten.
08.18: Die Berner Kantonsregierung hat die Räumung des Bundesplatzes am Mittwoch begrüsst. Die Stadtberner Behörden hätten «spät, aber richtig» entschieden, heisst es in einem Communiqué des Regierungsrats.
Die Kantonsregierung hatte - genau wie die eidgenössischen Räte - die Stadtregierung zuvor aufgefordert, den Platz räumen zu lassen. Der Betrieb der Bundesversammlung könne nun wieder sicher, ordnungsgemäss und störungsfrei verlaufen.
08.00: Langsam aber sicher verstummen die Stimmen auf dem Bundesplatz. Die zuvor an Fahrräder geketteten Aktivisten wurden nun allesamt von der Polizei abgeführt, sie liessen sich ohne Widerstand vom Platz weisen.
Ein Aktivist, der an einem Gerüst in der Luft hängt, braucht etwas mehr Betreuung bei der Abführung.
07.54: Die Räumung des Bundesplatzes ist nach dem Eindruck des Berner Stadtpräsidenten Alec von Graffenried «ruhig und gesittet» abgelaufen. Er hat den Eindruck, dass die Aktivisten auf die polizeiliche Aktion gewartet haben.
«Man hatte ein bisschen den Eindruck, es sei alles nach Drehbuch abgelaufen.» Auf allen Seiten sei sehr professionell gearbeitet worden.
Von Graffenried erinnerte daran, dass die Berner Stadtregierung den Aktivisten seit Montag mehrmals einen anderen Standort für ihr Klima-Camp angeboten habe. Die Aktivisten hätten dies abgelehnt. Dass die Besetzung des Bundesplatzes illegal war, hätten sie in Kauf genommen. «Sie sagten uns, die Illegalität gehöre ein bisschen dazu.»
07.11: «We are unstoppable», schreien noch immer viele Klima-Aktivisten über den Bundesplatz, die auch nach über drei Stunden Räumungsaktion noch am Boden sitzen oder angekettet bleiben.
Doch der Bundesplatz leert sich allmählich, Zelte liegen flach am Boden, einige Schaulustige verfolgen das Treiben. Die Polizei lässt viele Aktivisten noch verharren, trägt sie aber nach und nach vom Platz.
Die verbliebenen Aktivisten reagieren mit Gesang: «Eure Kinder werden so wie wir!», entgegnen sie der Polizei.
05.15: Die Polizei ist nach wie vor mit der Räumung des Bundesplatzes beschäftigt. Die Aktivisten werden weggetragen und in von der Polizei errichteten Pavillos gebracht. Dort werden ihre Personalien aufgenommen. Ihnen drohen gemäss Manuel Willi, Chef der Regionalpolizei, Bussen, wie «Der Bund» berichtet.
Auch die Feuerwehr unterstützt die Polizei. Sie befreien die angeketteten Klima-Aktivisten, die anschliessend von der Polizei abgeführt werden.
Die Polizei scheint nun mit mehr Härte vorzugehen. Die Zeitung schreibt, dass ein Demonstrant bei seiner Entfernung am Gesicht verletzt wurde. Aktivisten haben zudem ein Video gepostet, in dem zu sehen ist, wie mehrere Polizisten einen Mann auf den Boden drücken.
Die Atmosphäre bezeichnet die Agentur Keystone-SDA aber als friedlich. Es sei bisher zu keinen Scharmützeln zwischen Polizei und Aktivisten gekommen. Während der Räumung sangen die Aktivisten Lieder – wie schon beim Anmarsch der Polizei.
04.13: Die Klima-Aktivisten melden sich in einer Medienmitteilung zu Wort. Dort steht: «Der Berner Gemeinderat hat die Räumung dieses tollen Ortes angeordnet. Doch für die Klimabewegung ist klar: Wir bleiben».
Weiter wird die «ganze Bevölkerung» aufgerufen, zum Bundesplatz zu kommen. In dem Schreiben wird Hanna Fischer, Sprecherin der Klima-Aktivisten, wie folgt zitiert: «Mit der kommenden Räumung schiebt der Berner Gemeinderat die Bekämpfung der Klimakrise zur Seite. Dieses Verhaltensmuster beobachten wir in der Politik seit Jahrzehnten».
04.08: Nach 40 Minuten Räumung sind die Polizisten erst wenige Meter fortgeschritten. Und die Menschen, die sich angekettet haben, kommen erst noch.
03.45: Nun greifen die Beamten durch: ein Aktivist nach dem anderen wird abgeführt. Manche weigern sich und müssen von vier Polizisten weggetragen werden.
03.34: Die ersten Personen werden abgeführt. Auch der Berner Stapi Alec von Graffenried ist vor Ort und beobachtet das Geschehen.
03.28: Die Polizei beginnt mit der Räumung des Bundesplatzes.
03.24: Über eine Stunde ist es nun her, dass die Polizei aufgetaucht ist. Was passiert nun? Die Aktivisten rechnen damit, dass sie bald abgeführt werden. Die Stimmung bleibt allerdings bis jetzt sehr friedlich. Gerade eben hat die Polizei die letzte Warnung ausgesprochen.
02.51: Die Klima-Aktivisten die bleiben, ketten sich an oder verbinden ihre Arme mit Rohren.
02.40: Relativ viele Aktivisten folgen der Aufforderung der Polizei und verlassen den Platz freiwillig über den «Ausgang» auf der Seite der Bundesgasse.
2.09: Die Polizei marschiert mit einem Grossaufgebot ein. Sie riegelt alle Ausgänge ab. Die Beamten stellen den Besetzern ein allerletztes Ultimatum, ein Ausgang bleibe offen.
Wer freiwillig geht, muss seine Personalien angeben. Wer sich dieser letzten Aufforderung widersetzt, muss mit einer Anzeige rechnen, so die Polizei. Die meisten der Aktivisten halten allerdings die Stellung.
01.30: Auf dem Bundesplatz herrscht seit Mitternacht gespenstische Ruhe. Gerüchte machen die Runde über eine Polizei-Intervention nach 1 Uhr morgens. Aktivisten wecken sich gegenseitig, es werden «Verteidigungslinien» gebildet. Bis anhin hält sich die Polizei allerdings zurück.