Martin Bäumle attackiert SBB wegen schlechter Luftqualität
GLP-Nationalrat Martin Bäumle hat einmal mehr seinen CO2-Sensor gezückt. Dieses Mal im Intercity – mit schockierenden Werten.
Das Wichtigste in Kürze
- GLP-Nationalrat Martin Bäumle ist verärgert über die Luftqualität in SBB-Zügen.
- Bei einer kürzlichen Fahrt gingen die CO2-Werte durch die Decke.
- Während einer Corona-Welle könnten Züge zu Superspreadern werden, warnt Bäumle.
«Am Donnerstag war absoluter Rekord – so etwas habe ich noch nie gesehen!», sagt Corona-Papst Martin Bäumle. Der Nationalrat der Grünliberalen ist Risikoperson und hat stets ein CO2-Messgerät dabei. Was er im Doppelstockwagen (Dosto) der SBB gemessen hat, ist jenseits von Gut und Böse.
«SBB hat die Lüftung bei Dostos nicht im Griff»
Der CO2-Wert gibt einen Anhaltspunkt, wie viel Atemluft im Raum ist und damit potenziell wie hoch die Virenlast sein könnte. Ab 800 ppm (parts per million) sollte man lüften, ab 1200 ppm wird es schon kritisch. Am Donnerstagmittag im Intercity von Bern nach Zürich misst Bäumle aber 4237 ppm: «Ich habe sofort die Maske angezogen. Wenn die neuste Welle weiter so weitergeht, werde ich im Zug meist wieder eine Maske tragen..»
Völlig überrascht war Bäumle indes nicht: «Die SBB hat die Lüftung bei den Dostos nicht im Griff und überprüft es ganz offensichtlich nicht..» Er habe schon öfter hohe Werte gemessen, wenn auch eher so um die 2000 ppm herum. «Einmal war mir der Wert schlicht zu hoch und ich bin gleich wieder ausgestiegen.»
CO2 auch ohne Viren gesundheitsgefährdend
Wenige Minuten später misst Bäumle gar über 5000 ppm CO2, mehr als die Suva an einem Arbeitsplatz erlauben würde. Aussteigen geht nicht, Fenster aufreissen auch nicht, aber wenigstens seien die Fälle mit Coronavirus aktuell weniger ein Thema. «Im Moment war das Risiko klein, aber mit 5000 ppm ist es ganz grundsätzlich ein gesundheitliches Problem», betont Bäumle.
Bei 5000 ppm CO2 drohen Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Müdigkeit oder gleich alles zusammen. Schon 2000 ppm gelten gemäss BAG und auch international als inakzeptabel. Die SBB schreibt auf ihrer Website dagegen, solche Werte würden praktisch nie auftreten. Wenn doch, dann werde dank Sensoren sofort mit zusätzlicher Frischluft korrigiert.
Frischluft? «Unsinn!»
Zudem gebe es keine Anhaltspunkte für eine Übertragung des Coronavirus über Klimaanlagen und Lüftungen, so die SBB. «Das ist ein totaler Unsinn. Es ist ja genau umgekehrt, dass via Lüftungen mit Umluft die Viren verbreitet werden», ärgert sich Bäumle.
Beim Flugverkehr sei dies anders, weil dort die Lüftungsanlagen genug Frischluftzufuhr und gute Filter hätten. «Aber die Filter der SBB sind klar ungenügend und die SBB ignorieren es einfach.» Anhand des Messwerts, des Luftvolumens und der Anzahl Fahrgäste könnte man es nachrechnen, so Bäumle, aber er sei sicher: «Da konnte es gar keine Frischluftzufuhr dabeihaben.»
Zugfahrt als Superspreader-Event
Die Dostos seien das eine Problem, das andere die alten S-Bahn-Züge aus den 90er-Jahren. «Wenn die gut oder voll besetzt sind, hat die Lüftung keine Chance. Eine volle S-Bahn könnte so fast als Superspreader-Event bezeichnet werden.»
Nau.ch wollte von der SBB wissen, ob die Lüftung in den Dostos tatsächlich schlechter sei als in anderen Zugtypen. Zudem, welche Grenzwerte in Waggons gelten und wie sich die Messungen von Martin Bäumle erklären liessen. Die SBB teilte mit, die entsprechenden Abklärungen benötigten etwas Zeit.
Die SBB müsse diese Lüftungen anpassen beziehungweise anders einstellen und kontrollieren, fordert Bäumle. Denn bei einigen Dosto-Kompositionen funktioniere es tatsächlich, hat er mit seinem Messgerät festgestellt. Bis im Herbst müsse die SBB dies im Griff haben: «Es ist verantwortungslos – gerade von einer SBB – einfach weiter nichts zu tunn.»